Eine neunmalkluge Elfjährige auf Spurensuche!

von | 15.06.2016 | Belletristik, Buchpranger

Auf dem beim beschaulichen englischen Ort Bishop’s Lacey gelegenen Anwesen Buckshaw herrscht im Jahr 1950 der übliche Kriegszustand: Die elfjährige Flavia de Luce hat wieder alle Hände voll zu tun, sich gegen ihre älteren Schwestern zu behaupten! Bücherhorterin Claudia hat sie auf ihrem Weg begleitet.

Gerade haben Ophelia und Daphne die arme Flavia gefesselt und geknebelt in einen Schrank gesperrt und setzen auch sonst alles daran, Flavia eins auszuwischen. Aber Flavia wäre nicht Flavia Sabina de Luce, wenn sie sich das gefallen lassen würde! Ihre ausgezeichneten Chemie-Kenntnisse und das wunderbare Labor, das sie von ihrem Großonkel Tarquin de Luce geerbt hat – vielmehr hat sie es ungenutzt im Ostflügel des Anwesens gefunden und für sich beansprucht – sind ihr dabei von großem Nutzen. So wird schon einmal die schöne Perlenkette der siebzehnjährigen Ophelia für ein Experiment zweckentfremdet und über zahlreiche Möglichkeiten, die Schwestern für ihre Untaten zu vergiften, sinniert.

Besonders schwer im Magen liegen Flavia die zahlreichen Versuche, ihr weißzumachen, sie sei nicht das leibliche Kind ihrer seit zehn Jahren verschollenen Mutter Harriet. Nicht selten hagelt es infolge Tadel vom Vater, der seit Harriets Verschwinden zurückgezogen und wie für seine Briefmarkensammlung lebt. So auch an jenem Morgen, als sie auf der Türschwelle einen toten Vogel finden, der ihren als unerschrocken geltenden Vater in Angst und Schrecken versetzt: Es handelt sich um eine Zwergschnepfe, die auf ihrem Schnabel eine Briefmarke aufgespießt trägt.

Dieser Fund ist nur der Auftakt zu einer Reihe seltsamer Ereignisse auf Buckshaw. Noch am selben Abend belauscht Flavia ein Gespräch zwischen ihrem Vater und einem Unbekannten, bei dem von Mord und Schande die Rede ist. Darüber noch grübelnd, stakst Flavia am frühen Morgen noch vor Sonnenaufgang durchs Gurkenbeet und stolpert unerwartet über einen Fremden, der vor ihren Augen sein Leben aushaucht, das Wort „Vale“ auf den Lippen.

Wer ist der Tote? Woher kam der tote Vogel und was hat die Briefmarke zu bedeuten? Und kann es sein, dass ihr Vater ein Mörder ist? Flavia nimmt die Ermittlungen auf…

Ausgezeichnete Krimiunterhaltung im wahrsten Sinne des Wortes

„Mord im Gurkenbeet“, unter dem Originaltitel „The Sweetness at the Bottom of the Pie“ beim britischen Verlag Orion erstmals 2009 erschienen, ist nur der erste von bisher sieben Bänden der „Flavia de Luce“-Reihe aus der Feder von Alan Bradley. Der Roman wurde mehrfach und sogar schon aufgrund nur eines Kapitels noch vor Vollendung des Romans mit dem renommiertesten Krimipreis der Welt, dem Dagger Award ausgezeichnet.

Der Band ist nicht grundlos ausgezeichnet worden: Bradley liefert eine äußerst spannende Geschichte um Mord und Totschlag ab, die sich von anderen ihres Genres erfrischend abhebt. Flavia ist die wohl ungewöhnlichste kleine Detektivin, von der man seit Langem gelesen hat! Frech, gewitzt und für ihr Alter unheimlich schlau ermittelt Flavia anhand ihrer Beobachtungen und schlägt den Erwachsenen so manches Schnippchen, wobei sie sich ein ums andere Mal in Gefahr bringt. Trotzdem bleibt sie dabei immer noch eine Elfjährige, die zwar sämtliche Giftmischungen und chemische Verbindungen im Schlaf herbeten kann, aber doch noch nicht so ganz versteht, wie die Welt der Erwachsenen eigentlich funktioniert.

Bradley lässt Flavia die Geschichte aus ihrer Sicht erzählen, und schafft damit nicht nur einen überzeugenden Spannungsaufbau. Er webt schon fast nebensächlich auch ein Bild der Lebensumstände im ländlichen England der Nachkriegszeit mit in die Geschichte ein. Zahlreiche liebenswürdige und teils schrullige Charaktere runden die Geschichte ab und verdichten Flavias Welt, auch der Humor kommt nicht zu kurz. Und wer noch etwas über Chemie und Gifte lernen möchte, kann hier auch noch ein paar Informationen mitnehmen.

„Flavia de Luce – Mord im Gurkenbeet“ ist ein unterhaltsames Lesevergnügen für Krimi-Fans und solche, die etwas ungewöhnliche Geschichten mögen.

Flavia de Luce – Mord im Gurkenbeet. Alan Bradley. Übersetzung: Gerald Jung, Katharina Orgaß. Blanvalet. 2009.

Weitere Rezensionen zur Reihe:

 

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