Galaxien, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat

by Bücherstädter Peter

Obwohl es sich bei „Mass Effect: Andro­meda“ um den vier­ten Teil der Space-Opera Saga han­delt, ver­bin­det nur wenig die Hand­lung von „Andro­meda“ mit der Tri­lo­gie. Bevor die Milch­straße die dräu­ende Gefahr durch die Maschi­nen­rasse der „Rea­per“ gewahr wird, ver­las­sen fünf Archen die hei­mat­li­che Gala­xie, um in Andro­meda eine neue Hei­mat zu fin­den. - Von Code­jä­ger Peter

Turi­ans, Humans, Asari, Qua­ri­ans und Sala­ri­ans machen sich auf, um als Ent­de­cker und Kolo­nis­ten die ferne Gala­xie zu besie­deln und erwa­chen nach sechs­hun­dert Jah­ren im Käl­te­schlaf, um ihre aus­er­wähl­ten „Gol­den Worlds“ unbe­wohn­bar vor­zu­fin­den. Die Spie­len­den schlüp­fen fortan in die Rolle von ent­we­der Sara oder Scott Ryder, um die feind­se­li­gen Wel­ten in ihrer Rolle als „Path­fin­der“ für die Neu­an­kömm­linge bewohn­bar zu machen.

Reform statt Revolution

„Mass Effect: Andro­meda“ ver­folgt einen gänz­lich ande­ren Hand­lungs­an­satz als die vor­he­ri­gen Teile der Reihe, ohne dabei deren wich­tigste Aspekte zu ver­nach­läs­si­gen. Immer noch zie­hen die Spie­len­den mit einer Gruppe von Beglei­tern in den Kampf, berei­sen die Gala­xie an Bord ihres eige­nen Schif­fes und tref­fen Ent­schei­dun­gen, die den wei­te­ren Gang des Gesche­hens beein­flus­sen. Zu den bereits bekann­ten Spiel­me­cha­ni­ken gesel­len sich jedoch ein rundum erneu­er­tes dyna­mi­sche­res Kampf­sys­tem, kom­ple­xer Waf­fen- und Rüs­tungs­bau sowie Manage­ment-Ele­mente (zum Bei­spiel die Ent­schei­dung dar­über, wel­che Gruppe von Kolo­nis­ten aus dem Käl­te­schlaf geweckt wer­den soll). Jede erle­digte Auf­gabe trägt zum „Viabillity“-Wert der Gala­xie bei, was selbst klei­nen Neben­auf­trä­gen ein ange­neh­mes Gewicht verleiht.

Neue Blick­win­kel

Die Hand­lung dreht sich neben der Kolo­ni­sa­tion neuer Pla­ne­ten vor allem um die drei Ali­en­ras­sen, wel­che den Rei­sen­den aus der Milch­straße bei ihrer Ankunft begeg­nen. Die fried­fer­ti­gen aber miss­traui­schen „Angarans“, die feind­se­li­gen Ant­ago­nis­ten „Kett“ und die Über­bleib­sel einer der lange ver­ges­se­nen Rasse, den „Rem­nant“. So wird bald der Auf­bau von Kolo­nien ange­sichts des Über­le­bens­kamp­fes zur Neben­sa­che. Die Kett ent­füh­ren und trans­for­mie­ren andere Ras­sen, wäh­rend die Maschi­nen der Rem­nant Wel­ten bewohn­bar zu machen scheinen.

Bald schon stel­len sich Fra­gen nach der Her­kunft des Lebens selbst und die Frage, wie mit einer Macht, wel­che Pla­ne­ten for­men und zer­stö­ren kann, umzu­ge­hen ist. Die große Stärke bil­det dabei die Riege der Cha­rak­tere, die ein gro­ßes Per­sön­lich­kei­ten­spek­trum abde­ckend, die Mensch­lich­keit in einer Geschichte solch epi­scher Aus­maße ver­deut­licht. Stö­rend dabei sind jedoch lei­der immer wie­der­keh­rende Aus­set­zer der Gesichts­ani­ma­tio­nen (wel­che dem Gebrauch auto­ma­ti­sie­ren­der Ani­ma­ti­ons­soft­ware zuzu­schrei­ben sind) und die ein oder andere, schein­bar aus dem Kon­text geris­sen, auf­ge­zeich­nete Dia­log­zeile sowie eine Viel­zahl klei­ne­rer Bugs und Fehler.

Die Fra­gen einer neuen Welt

Alles in allem kommt nie­mals, wie es noch in den ers­ten drei Tei­len der Fall war, das gewohnte Gefühl von Trag­weite auf. Die Hand­lung von „Andromda“, trotz der Größe und Spiel­zeit (mit etwa 60 Stun­den bei­nahe so lange, wie alle vor­he­ri­gen Teile zusam­men) bewegt sich schein­bar eher im Bereich eines ers­ten Teils einer wei­te­ren Tri­lo­gie. Viele Fra­gen blei­ben bis zum Ende unbe­ant­wor­tet, obwohl die Auf­lö­sung den­noch befrie­di­gend ist. Es scheint ein­fach noch mehr zu geben und das macht Lust auf eine Fortsetzung.

Was die phi­lo­so­phi­schen Fra­ge­stel­lun­gen des „Mass Effect“-Universums betrifft, bleibt die Band­breite enger als frü­here Ite­ra­tio­nen, da sich einige Fra­gen der Vor­gän­ger wie­der­ho­len, ohne ihnen viel Neues hin­zu­zu­fü­gen. Trotz­dem kön­nen die gänz­lich neuen Aspekte, bei­spiels­weise die Frage nach der Bedeu­tung von Hei­mat und Her­kunft, nach kolo­nia­ler Expan­sion und Span­nun­gen zwi­schen Ras­sen, das Gesche­hen tra­gen und die stär­kere Cha­rak­ter­zeich­nung des Protagonisten/der Prot­ago­nis­tin (ob Sara oder Scott) ste­chen posi­tiv hervor.

Natür­lich gibt einem das Spiel, so wie jede Bio­ware Pro­duk­tion, die Mög­lich­keit eine (oder meh­rere) roman­ti­sche Ver­hält­nisse ein­zu­ge­hen, die meist von der Kri­tik ins Zen­trum der Betrach­tun­gen gerückt wer­den. Jedoch zu Unrecht, da sie weder im Fokus der Hand­lung noch der Spiel­me­cha­ni­ken ste­hen und obwohl so man­che Lie­bes­szene eher pein­lich oder gar unge­wollt geschmack­los daher­kommt. Das Roman­ti­sche wird stets mit einem Augen­zwin­kern prä­sen­tiert und so sei wohl auch der beschränkte Ein­fluss auf Cha­rak­ter­mo­ti­va­tio­nen und Hand­lungs­ver­lauf verziehen.

Es ist Teil des Wel­ten­baus und der Stim­mung, wenn uns bei­spiels­weise eines der Crew­mit­glie­der mit „Dar­ling“ anspricht und in extra Sze­nen der eige­nen Fami­lie vor­stellt. Wenn das auch schon alles zu sein scheint, fügt es doch den Cha­rak­te­ren etwas Tiefe hinzu. „Andro­meda“ hält stets die Balance zwi­schen düs­te­ren, dra­ma­ti­schen Ele­men­ten und humor­voll leich­te­ren Pas­sa­gen. Lei­der blei­ben dabei die Ant­ago­nis­ten cha­rak­ter­lich blass und aus­tausch­bar, obwohl ihre Motive und Her­kunft viele Mög­lich­kei­ten inter­es­san­te­rer Her­an­ge­hens­wei­sen eröffnen.

Der Hei­mat so fern?

„Andro­meda“ ist kei­nen Quan­ten­sprung von sei­nen Vor­gän­gern ent­fernt, weder im posi­ti­ven noch im nega­ti­ven Sinne, den­noch kön­nen Pro­bleme auf tech­ni­scher wie erzäh­le­ri­scher Ebene nicht geleug­net wer­den. Doch das Spiel ver­sucht genug Neues und geht an den rich­ti­gen Stel­len nar­ra­tive Risi­ken (wenn auch nicht immer erfolg­reich) ein, sodass sich bei Been­di­gung ein ange­neh­mes Gefühl von Erfolg ein­stellt und genug Ansätze zum Nach­den­ken zurück­blei­ben. Und so viel sei ver­ra­ten, das Finale beinhal­tet keine drei­far­bige Entscheidung.

Mass Effect: Andro­meda. Bio­ware. Elec­tro­nic Arts. Ver­öf­fent­li­chung: 2017. Genre: Action­rol­len­spiel. Sin­gle­player. Spiel­zeit: ca. 60 Stun­den, FSK16.

Mehr über Mass Effect erfährst du in unse­rer Reihe um ent­schei­dungs­ba­sierte Spiele.

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr