Die ersten Strahlen der Frühlingssonne schienen warm auf Kikkis Gesicht hinab. Langsam blinzelnd machte sie die Augen auf und streckte sich ausgiebig. Sie schaute hinauf zum blauen, wolkenlosen Himmel und ein Lächeln breitete sich über ihr Gesicht aus. Heute würde es ein schöner Tag werden, das spürte sie in den Zehenspitzen. Schnell sprang sie aus ihrem Nest aus Moos und Blättern und tänzelte über das dünne Astwerk ins Blätterdach hinein. Ein paar Tautropfen hingen noch an den Blättern und gekonnt rüttelte sie an den langen Stielen, damit sie auf sie niederfielen.
Mit einem Platschen landeten sie auf ihren Flügeln und Kikki schüttelte sie gründlich, um sie zu putzen. Als sie sauber waren, ging Kikki zu einem kleinen Brunnen aus Zweigen und Moos, in dem sich Tautropfen gesammelt hatten. Mit beiden Händen nahm sie etwas Wasser daraus und trank davon. Erfrischt und gestärkt breitete sie ihre Flügel aus und erhob sich in die Luft. Sie flog um den großen Baum herum, grüßte die Vögel, die bereits ihr Morgenlied sangen und spielte kurz mit einem kleinen Eichhörnchen Fangen. Doch bald schon verabschiedete sie sich und flog zur alten Eiche, die neben ihrem Baum stand. Dort schlüpfte sie in ein Astloch, um zu schauen, ob Rocco bereits aufgewacht war. Natürlich schlief die olle Schlafmütze noch. Auf Zehenspitzen schlich sie sich an ihn heran und kniete sich vor sein Nest. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen kitzelte sie Rocco, der schließlich aufwachte und sie mufflig ansah.
„Guten Morgen, Langschläfer!“, grüßte Kikki ihn strahlend.
Rocco fing nun ebenfalls an zu lächeln und umarmte sie herzlich.
„Komm, lass uns fliegen!“, drängte Kikki und zog ihn auf die Beine.
Völlig überrumpelt stolperte Rocco und konnte sich gerade noch fangen, doch Kikki schubste ihn gleich zum blättrigen Wassertopf, der in der Ecke stand.
„Mach dich frisch, dann können wir los!“, befahl sie ihm lachend und er spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht und auf die Flügel.
Kurz darauf kletterten die beiden aus seinem Astloch und flogen los. Als blauer und schwarzer Lichtschimmer glitzerten sie in der Sonne, jagten einander und machten Überschläge und Purzelbäume in der Luft. Sie huschten hin und her und schließlich ließen sie sich erschöpft auf einem Ast nieder. Glücklich und zufrieden kuschelte Kikki sich an Rocco, der seinen Arm um sie legte.
„Mami, Mami, schau! Da sind zwei kleine Menschen mit Flügeln!“, rief das kleine Mädchen begeistert und deutete auf die beiden eng umschlungenen Feen.
„Schatz, das sind zwei Meisen“, widersprach ihre Mutter und drückte die Hand ihrer Tochter hinunter und kniete sich zu ihr. „Mach nicht so laut, sonst verscheuchst du sie noch.“
„Aber Mami…“, protestierte das Mädchen und schaute verwirrt von ihrer Mutter zu den beiden Feen.
Kikki hatte alles mitgehört und winkte dem Mädchen freundlich zu, bevor sie ihren Zeigefinger auf die Lippen legte. Das Mädchen verstand und strahlte über beide Ohren.
„Natürlich, Mami, nur zwei Meisen…“, stimmte es verschwörerisch kichernd zu und winkte Kikki heimlich mit dem Finger.
Auch Kikki kicherte und ihr glockenklares Lachen erfüllte bald die kleine Lichtung.
Die Autorin:
Neben dem Bloggen über verschiedenste Themen (z.B. Film/Buch & Konzert/Festival Reviews) auf ihrem Blog www.randompoison.com, veröffentlicht PoiSonPaiNter / Anne Zandt auch (Kurz-)Geschichten, die meist der Phantastik zuzuordnen sind. Gelegentlich trägt sie ein paar davon auf einer Lesebühne vor. Im Bücherstadt Kurier ist zuletzt im Rahmen des Literarischen Adventskalenders ihre Geschichte „Die Krippe“ erschienen.
Ein Beitrag zum Projekt #litkinder. Hier findet ihr alle Beiträge. Diese Geschichte entstand außerdem zum Bild Nr. 25 des Projekts „100 Bilder – 100 Geschichten„.
Illustrationen: Buchstaplerin Maike
Danke fürs Aufnehmen der Geschichte in den Kindermonat! =)
Aber mit dem Adventskalender bange ich nicht mehr, jetzt mache ich mir eher über Märchen Gedanken 😉
Ups! Ich habe den Adventskalender mal rausgenommen. 🙂 LG! Alexa