Zurück in die Traumwelt

von | 06.10.2015 | Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher

„Ich mal mir die Welt, wie sie mir gefällt!“ Das sagte schon Pippi Langstrumpf. Doch wie wäre es, in einer Welt zu leben, in der tatsächlich alles möglich ist? In der Du sein kannst, was Du willst und wo Du willst? Das klingt nach einer Traumwelt. Und genau in so eine führt Kerstin Gier ihre Leserschaft mit der Silber-Trilogie. Am Donnerstag, 8. Oktober, erscheint „Das dritte Buch der Träume“. Also ist es an der Zeit, noch einmal schnell die Ereignisse der vergangenen zwei Bände Revue passieren zu lassen.

Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist die 16-jährige Olivia „Liv“ Silber. Gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester, Nachwuchsdetektivin Mia, ihrer Mutter, einer etwas zerstreuten Professorin, und ihrem deutschen Kindermädchen Lottie Wastlhuber zieht sie nach Oxford. Dort hat Livs Mutter nicht nur eine Stelle angetreten, sondern will auch mit einem neuen Mann zusammenziehen. Livs Eltern sind schon lange geschieden und seitdem haben sie und ihre kleine Schwester zahlreiche Umzüge hinter sich. Klar, dass der Wunsch groß ist, endlich sesshaft zu werden, Freunde zu finden und vielleicht sogar einen netten Jungen kennen zu lernen…

Doch das ist gar nicht so einfach. Denn an der teuren Privatschule, an die es Liv verschlägt, gibt es reichlich Neider und eine geheimnisvolle Bloggerin namens Secrecy, die die Schule mit Tratsch und Klatsch auf Trab hält. Und das ist längst nicht Livs einziges Problem. Nachts träumt sie von einem seltsamen Korridor und in ihren Träumen begegnet sie ausgerechnet ihrem Stiefbruder in spe, Grayson, und seinen Freunden, dem verträumten aber verschlossenen Henry, dem Aufreißer Jasper und dem coolen Arthur, der die Kunst der Traumreise perfekt zu beherrschen scheint. Liv entdeckt, dass auch sie durch Träume reisen kann.

Das klingt ein wenig nach „Gossip Girl“, gemischt mit „Lippels Traum“. Gier schafft es dabei, wie schon in der Edelstein-Trilogie, eine jugendliche Heldin aus dem Hut zu zaubern, die gewitzt und lustig aus ihrem Leben erzählt. Die alltäglichen Dramen des Teenager-Lebens erhalten dabei genauso viel Raum, wie die Traumwelt. Und genau dieser Mix macht die Bücher so charmant.

Gier bleibt dabei immer nah an ihrer Figur. Geradlinig und umgangssprachlich erzählt sie von Livs Reisen durch die Traumwelt. Dem Herzklopfen, das sich beim Anblick von Henry einschleicht. Liv zur Seite stehen eine Handvoll liebenswerter Charaktere. Das steigert den Wohlfühlfaktor ungemein. Während Gier es gelingt, ihren Helden eine liebenswerte Tiefenschärfe einzuhauchen, wirken die Bösewichte dagegen etwas konstruiert. Wer da Grautöne erwartet, wie sie in epischen Werken wie „Harry Potter“ oder „Das Lied von Eis und Feuer“ zu finden sind, ist hier fehl am Platz.

Im Kosmos der Reihe ist das jedoch gar nicht so schlimm: Zum einen liegt es daran, dass der Leser die Geschehnisse durch die Augen eines 16-jährigen Mädchens sieht, für das die Welt immer noch in Schwarz und Weiß unterteilt ist. Und zum anderen zeigt gerade Band zwei, dass die Gefahren der Traumwelt viel stärker sind als jeder High-School-Bösewichte oder Zickenterror sein können. Denn immer mehr scheint sich Liv in den Träumen zu verlieren, während sie Henry durch Luftschlösser folgt, anstatt mit ihm das wahre Leben zu genießen. Und schließlich lernt Liv die Schattenseiten der Traumwelt kennen, als sich jemand in die Träume ihrer kleinen Schwester schleicht, und sie so in große Gefahr bringt.

Fazit: Die Silber-Trilogie ist ein spannender, leicht lesbarer Mix aus Jugendbuch und Fantasy. Zwischen den Zeilen wabert die Erkenntnis, dass man sich seinen Problemen stellen sollte, anstatt sich in Träumen vor der Realität zu flüchten. Denn das kann mitunter ziemlich anstrengend sein.

Ann-Christin

Silber – Das zweite Buch der Träume
Kerstin Gier, Fischer-Verlag, 2014

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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