„Herr der Ringe“, „Harry Potter“ und „Game of Thrones“: Phantastische Geschichten, die jeder kennt. Aber was ist Phantastik? Und was gehört zur Phantastik? Darüber sind sich Literaturwissenschaftler:innen und andere Fachleute nicht einig. Der Grund ist, dass sich die Zugehörigkeit immer wieder ändert, und die Frage, ob gewisse Genres dazugezählt werden sollten. Geschichtenbewahrerin Michaela hat nachgeforscht.

In einem Interview im Deutschlandfunk Kultur erklärte Oliver Graute, 2. Vorsitzender der Phantastischen Akademie, dass zur Phantastischen Literatur Fantasy, Horror und Science-Fiction als Subgenres gehören. Die Verlage würden die Genres unterschiedlich festlegen, meint Stefanie Bense vom Autorenforum: „Es gibt keine allgemeingültige Verlagsdefinition. Auch diese Einordnungen ändern sich gern mit der ‚Mode‘. Mal wird etwas als Fantasy bezeichnet, was eigentlich zum Horror gehört, mal steht einfach nur Roman drauf. Mag innerhalb eines Verlagsprogramms noch Klarheit herrschen, was der Verlag zur Fantasy rechnet, so legt der nächste Verlag die Bereiche schon wieder ganz anders fest.“ Zudem sind die Grenzen zwischen den Unterarten fließend. Wer will beispielsweise dem Science-Fiction-Film „Alien“ den Horror absprechen?

Wie steht es mit der Phantastik in Deutschland?

Phantastische Literatur findet man meistens in der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Buchhandlungen und Bibliotheken. Nur wenige Romane, wie die Reihe „Feuer und Eis“ von George R. Martin, wird einem erwachsenen Publikum präsentiert. „Der Herr der Ringe“ wird schon dem Jugendbuch zugerechnet. Stefanie Bense erklärt: „Und Bücher unbekannter Autoren aus kleinen Verlagen sind in Buchhandlungen oder im Netz kaum zu finden. 60 bis 68% der Leser sind Frauen. Darauf reagieren die Verlage. Es wird nicht viel getan, um Jungs oder Männer anzusprechen. Dementsprechend ist die Phantastische Literatur hauptsächlich in der Auslage für Leserinnen zu finden, bevorzugt im Romance Bereich.“

Durch die Filme „Herr der Ringe“, „Der Hobbit“, „Tribute von Panem“, „Harry Potter“ und „Chroniken der Unterwelt“ wurde Phantastik wieder mehr gelesen. Dennoch führt die Phantastische Literatur in Deutschland ein Nischendasein, obwohl es viele Plattformen dafür und die unterschiedlichen Spielarten gibt. Dazu gehören neben Büchern, Filmen und Serien auch Graphic Novels, Spiele und Rollenspiele.

Phantastik im Wandel der Zeit

Auch die Phantastik unterliegt den Entwicklungen und dem Zeitgeschmack. Als Beispiel nennt Bense den Vampir-Roman, der vor dreißig Jahren in das Horror-Genre gehörte, jetzt jedoch als romantische Vampirgeschichten zur Fantasy. Historische Geschichten werden mit einem neuen Blick gesehen. Mary Shelleys „Frankenstein“ galt bei seiner Entstehung als Horrorroman, heute ist er ein frühes Werk der Science-Fiction.

Wo sind die Frauen?

Trotz der hohen Zahl von Leserinnen werden die Bücher von weiblichen Autorinnen seltener veröffentlicht. 2018 hat sich TOR Online die Veröffentlichungen von Phantastik und Fantasy in großen Publikumsverlagen angesehen. Der überwiegende Teil der Romane stammte von Männern, nur wenige von Frauen. Bei Science-Fiction und Horror sind sie noch seltener zu finden. Was kann man tun, um Frauen in der Phantastik sichtbarer zu machen? Erste Schritte gibt es. Der Verlag TOR Online hat überdurchschnittlich viele Autorinnen im Programm und vor gut einem Jahr wurde von drei Frauen der Podcast „Phantastik-Brunch“ gegründet. Mit dem „Nornennetz“ gibt es ein Netzwerk, deren Gründerinnen es sich zur Aufgabe gemacht haben, deutschsprachige Phantastik-Autorinnen zu fördern. Zu den Gründungsmitgliedern des „Phantastik-Autoren-Netzwerk e.V.“ (PAN) gehören auch Frauen. Das sind erfreuliche Entwicklungen, doch es gibt noch viel zu tun.

Und was ist nun Phantastische Literatur?

TOR Online führt im Titel „Science-Fiction. Fantasy. Und der ganze Rest“. Das trifft es. Die Leserinnen und Leser wissen, was ihnen gefällt. Kinder-, Jugend- oder Erwachsenenliteratur. All Age? Ein Subgenre? Ganz gleich, die Geschichte muss gut sein.

[tds_note]Die Redaktion des Bücherstadt Kuriers wünscht euch viel Spaß mit dem diesjährigen Special „Phantastik“. Stöbert, entdeckt und macht mit. Anregungen, Ideen und Tipps nehmen wir gerne auf. Schaut also ruhig öfter vorbei – vom 01. bis zum 30.06. wird es hier immer wieder Neues zu entdecken geben. Alle Beiträge zum Special findet ihr gesammelt hier. Viel Spaß![/tds_note]

Michaela Kieckheim

Michaela Kieckheim

1 Kommentar

  1. Avatar

    Ich habe mich tatsächlich oft gefragt, wie das nun genau abgegrenzt wird und bin gerade sehr dankbar darum, dass es nicht an mir liegt, sondern wirklich nicht klar abzugrenzen ist 🙂 Ich bin gespannt auf die Reihe – genügend Facetten, die unter dem Thema aufgegriffen werden können, gibt es ja 🙂

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir sind umgezogen!

Wir sind kürzlich umgezogen und müssen noch einige Kisten auspacken. Noch steht nicht alles an der richtigen Stelle. Solltet ihr etwas vermissen oder Fehler entdecken, freuen wir uns über eine Nachricht an mail@buecherstadtmagazin.de – vielen Dank!

Newsletter

Erhaltet einmal im Monat News aus Bücherstadt. Mehr Informationen zum Newsletter gibt es hier.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner