Wahrscheinlichkeit des Unglücks

von | 25.04.2015 | Gedankenkrümel, Kreativlabor

Wer kennt es nicht? Diese Tage, an denen alles schiefgeht, was schiefgehen kann. Erst neulich ereilte es mich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen.

Ostersonntag: Wir wollten Verwandte besuchen, gingen mit Kind und Kegel zum geparkten Auto, ich betätigte das kleine Knöpfchen am Autoschlüssel und… es passierte nichts. Also schloss ich die Fahrertür mit dem Schlüssel auf. (Ja, das geht!) Beim Startversuch passierte noch weniger als nichts. Nicht mal das kleinste Kontrolllämpchen leuchtete. Der Pannendienst meinte, ich müsste etwas angelassen haben und tatsächlich hatte mein Kind drei Tage zuvor auf dem Fahrersitz gespielt und die Innenbeleuchtung brennen lassen. Letztendlich konnte unser Auto mit ein wenig Unterstützung gestartet werden und wir machten einen ziemlich verspäteten Osterausflug.

Ostermontag: Es war Rummel in der Stadt. Natürlich war auch dieser eine Reise wert und am Vormittag schienen wir fast startklar, als meine Frau die Tür zuschließen wollte und sagte: „Oh!“
Ich ging vom Schlimmsten aus und dachte, ihr sei der Schlüssel abgebrochen. Ganz so dick kam es dann doch nicht, aber der andere Schlüssel steckte von innen und wir konnten weder zu- noch aufschließen. Mit einem Freund versuchte ich in unsere eigene Wohnung einzubrechen, doch vergebens. Wir hinterließen nur ein paar unschöne Spuren. So blieb mir nichts anderes übrig, als den Schlüsseldienst am Feiertag kommen zu lassen und nach einer saftigen, dreistelligen Rechnung auch noch ein wenig Geld auf dem Rummel rauszuschleudern.

Ich fragte mich, wozu das alles gut sein könnte und ob man etwas Positives aus solchen Unglücken, Missgeschicken und sonstigen Unschönheiten ziehen könne. Dann wurde mir klar: Natürlich! Jede gute Geschichte lebt von Konflikten. Wo, wenn nicht in der Literatur, kann ein noch so kleiner und widriger Umstand für neuen Auftrieb sorgen?
Was wäre „Der Herr der Ringe“ ohne den verlorengegangenen Ring? Was wäre „Der alte Mann und das Meer“ ohne den nicht mehr zu rettenden Marlin? Was wäre, salopp gesagt, „Mr. Bean“ ohne Missgeschicke? Nein, diese kleinen Unannehmlichkeiten bringen unvorhersehbare Wendungen in unser Leben, die nicht immer schlecht sein müssen. Hauptsache es passiert nicht uns selbst. Doch der schadenfrohe Voyeur in uns verschlingt vor allem die Geschichten, in denen die Wahrscheinlichkeit des Unglücks tendenziell hoch ist.
Für einen Autor gibt es fast nichts Besseres als die Unglücke der anderen zu beobachten. Eine wahrhaft inspirierende Quelle. Und, wenn ein Schriftsteller nur einen Funken Selbstironie in sich trägt, so macht er auch aus seinem eigenen Missgeschick einen Bestseller.

In diesem Sinne, lasst mich mit Murphys Gesetz schließen: „Alles was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“

Text: Marco
Bild: Lara

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

1 Kommentar

  1. Avatar

    Wie wahr. Und wie langweilig wäre doch das Leben, wenn alles immer glatt gehen würde, wenn alles ohne Makel und ohne Ecken & Kanten wäre? Große und Kleine Missgeschicke gehören halt einfach dazu, wir lernen daraus und wachsen daran. Selbst wenn wir schwere Zeiten durchleben, findet der Mensch doch immer wieder einen Weg, zu überleben und Stärke daraus zu ziehen. Schon faszinierend. 🙂

    Schöner Artikel!

    Liebe Grüße
    Sandra

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