Von Ziegen, Ängsten und dem Glück

von | 03.02.2020 | Auditorium, Hörbücher

Kann eine Ziege auf dem Dach eines New Yorker Apartmenthauses leben? Und kann eine Ziege Glück bringen? Antworten hat Worteweberin Annika in der Hörbuchversion von Anne Flemings „Ziegen bringen Glück“ gefunden.

Auf dem Dach eines New Yorker Hauses lebt angeblich eine Ziege. Unter dem Dach dieses Hauses leben die unterschiedlichsten Menschen. Da wäre zum Beispiel Joff, ein blinder Skater und Autor von Fantasy-Romanen, Jonathan, der sich nach einem Schlaganfall nicht mehr mitteilen kann, oder Kenneth, der jede Woche Stroh für seine ausgedachten Meerschweinchen kauft. Außerdem wohnen hier seit neuestem Kid und ihre Eltern Bob und Lisa. Während Lisa in einem Musical off-broadway auftritt, sitten Kid und Bob einen Hund, der passenderweise Cat heißt. Als Kid und ihr neuer Freund Will von der Ziege auf dem Dach erfahren, stürzen sie sich in ein Abenteuer.

Blinde Skater und schüchterne Mädchen

Alle Figuren in „Ziegen bringen Glück“ haben ihr Päckchen zu tragen. Joff beispielsweise ist vor das Problem gestellt, die Frau seiner Träume wiederzufinden, ohne zu wissen, wie sie aussieht. Wills Eltern sind 2001 im World Trade Center gestorben. Seitdem lebt der Junge bei seiner Großmutter Dr. Lomp – und hat Angst, aus dem Fenster zu sehen. Was genau es mit dem Einsturz der Hochhäuser auf sich hat, wird kindgerecht und emotional erklärt. Kid hingegen ist so schüchtern, dass sie mit Fremden nicht sprechen kann, geschweige denn ihnen in die Augen sehen.

Die Suche nach der Ziege stellt sowohl Will als auch Kid vor Herausforderungen: Sie müssen bei allen Hausbewohnerinnen und Hausbewohnern klingeln, um mehr über die Ziege zu erfahren und später über das Dach klettern, um sie ausfindig machen zu können. Doch gemeinsam wachsen beide Kinder über sich hinaus.

Dadurch, dass sich die Perspektiven der Figuren abwechseln und Einblick in die Gedanken von vielen gegeben wird, werden alle Ängste und Schicksale für die Zuhörerinnen und Zuhörer verständlich. Ruhepol bleibt Andreas Steinhöfel, dessen zurückhaltende Lesung die Orientierung erleichtert. Trotzdem braucht es hier manchmal etwas Aufmerksamkeit, um am Ball zu bleiben. Bei einer Gesamtspielzeit von 154 Minuten ist es aber auch nicht schlimm, wenn man mehrere Anläufe nehmen muss, um alle Facetten der Geschichte richtig einzuordnen.

Bringen Ziegen Glück?

Dass es eine Ziege auf dem Dach gibt, scheint bald bewiesen. Bleibt die Frage, ob sie denn auch Glück bringen kann? Und was ist das eigentlich, Glück? Wills Großmutter Dr. Lomp hält herzlich wenig davon, denn in ihrem Leben sind zwar schon viele gute, aber auch viele schlechte Sachen passiert. Sie hatte Glück und Pech, am Ende haben diese Begriffe keine Bedeutung für sie. Jonathan hat nicht das Gefühl, dass Glück ihm überhaupt noch helfen könnte. Und Lisa und Bob fragen sich, ob sie mit so viel Glück eigentlich zurechtkommen könnten.

Neben der witzigen Geschichte um eine Ziege auf einem Dach bietet „Ziegen bringen Glück“ damit noch einiges mehr: Es regt zum Nachdenken über das Glück an, zeigt, wie unterschiedlich Menschen sein können und wie man Herausforderungen bewältigen kann. Die Töne, die die Geschichte anschlägt, sind so divers wie die Figuren, die in ihr vorkommen. Eine große Hörbuch-Empfehlung!

Übrigens: Die Autorin Anne Fleming stammt aus Kanada, dem Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse.

Ziegen bringen Glück. Anne Fleming. Übersetzung: Ingo Herzke. Gekürzte Lesung mit Andreas Steinhöfel. Silberfisch. 2019.

 

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