Von Pizzabäckern und Bestsellern

von | 13.10.2017 | Belletristik, Buchpranger

Der französische Autor David Foenkinos wirft in „Das geheime Leben des Monsieur Pick“ einen Blick auf das Leben in der Provinz und die Eigenheiten des Literaturbetriebs. Worteweberin Annika hat sich vom Roman überraschen lassen.

Abgelehnte, ungeliebte, nie veröffentlichte Manuskripte: in einem kleinen Örtchen in der Bretagne werden sie aufbewahrt, in einer extra Abteilung der Gemeindebibliothek. Die Verlegerin Delphine stößt hier auf einen außergewöhnlichen Roman. Der Autor, der auf dem Manuskript genannt wird, Henri Pick, war von Beruf Pizzabäcker und ist inzwischen verstorben. Dass er einen Bestseller geschrieben haben soll, kann die Witwe Madeleine kaum glauben – und auch sonst wird der ein oder andere skeptisch. Gleichzeitig wirft die Veröffentlichung das Leben ganz unterschiedlicher Menschen durcheinander: Die Verlegerin steht plötzlich im Rampenlicht, ihr Freund, selbst unbeachteter Schriftsteller, steht hingegen in ihrem Schatten. Monsieur Picks Tochter wagt einen Neuanfang und ein unbeliebter Literaturkritiker begibt sich auf Spurensuche. Was steckt wohl wirklich hinter dem Roman des Monsieur Pick?

David Foenkinos erzählt humorvoll und leicht, doch gleichzeitig gelingt es ihm, seinen Lesern das ein oder andere Schnippchen zu schlagen. Trotz der wechselnden Perspektiven, aus denen der Roman erzählt ist, weiß man bis zum Ende selbst nicht, was eigentlich vorgefallen ist im Dorf in der Bretagne.

Fast möchte man sagen, Foenkinos sei ein „typisch französischer“ Roman gelungen, auch im Hinblick auf Frankreich als Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Die Geschichte erinnert an Antoine Laurains Texte, in denen immer ein Gegenstand im Zentrum der Handlung steht und das Leben zufällig darüber verbundener Menschen auf den Kopf stellt. Was bei Laurain ein Hut oder ein Gemälde sein kann, ist bei Foenkinos der Roman. Doch das allein wird „Das geheime Leben des Monsieur Pick“ nicht gerecht, denn Foenkinos geht es noch um etwas anderes, nämlich um die Literaturbranche, die er mit viel Sinn für Humor aufs Korn nimmt. Statt des eher mäßigen Inhalts oder Schreibstils des aufgetauchten Manuskripts interessieren sich Leser und Medien gleichermaßen vor allem für den Autor Henri Pick. Der Roman wird zum gefeierten Bestseller, Touristen fallen in Scharen in der Bretagne ein. So stellt sich die Frage danach, wie viel Substanz die Literatur selbst eigentlich hat und wie viel nur Show und Medienrummel sind.

Das geheime Leben des Monsieur Pick. David Foenkinos. Aus dem Französischen von Christian Kolb. Deutsche Verlags-Anstalt. 2017.

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