Von Hexen und Geheimnissen

von | 13.12.2016 | Belletristik, Buchpranger

Lange hat Emma geglaubt, dass es ihr Ziel wäre, einen guten Ehemann zu finden und sich in die Gesellschaft einzufügen. Doch dann entdeckt sie, dass es Hexerei gibt. Sätzchenbäckerin Daniela hat Alyxandra Harveys „Eiskalter Atem“ gelesen.

Emma und ihre Cousinen Gretchen und Penelope sind Debütantinnen der oberen Schicht in London und genervt von all den Vorschriften. Als auf einem Ball ein Feuer ausbricht und ein Gewitter wie gerufen aufzieht, beginnt es merkwürdig zu werden. Dann wird auch noch ein Mädchen tot aufgefunden, deren Körper von einer Schicht aus Eis überzogen ist. Was hat das alles mit Emma zu tun? Und warum tritt gerade jetzt Cormac wieder zurück in ihr Leben, wo sie ihn doch für immer vergessen wollte?
„Eiskalter Atem“ von Alyxandra Harvey spielt in einem parallelen London des 19. Jahrhunderts, in dem Magie keine Fiktion ist. Während im Prolog schnell klar wird, dass die Magie auf einer Form von Hexerei basiert, folgt die Haupthandlung lange dem Weg der siebzehnjährigen Emma, die keine Ahnung von Magie hat.

Kein roter Faden

Das führt dazu, dass nach dem schnellen Einstieg zunächst auf langen Strecken die Handlung still steht. Es reihen sich bis zum letzten Drittel des Buches Szenen aneinander, die keinen roten Faden besitzen. Die einzelnen Szenen sind meistens in sich unterhaltsam – es geschehen immer wieder spannende Dinge wie Verfolgungsjagden oder Angriffe auf jemanden. Doch immer wieder fragt man sich: Warum passiert das alles? Wie sind die einzelnen Ereignisse miteinander verknüpft? Was hat das mit dem Tod des Mädchens vom Anfang zu tun?
Die Antwort ist einfach: Nichts. Die Szenen bauen nicht aufeinander auf. Es gibt keine Erklärung dafür und keine Konsequenzen. Jede Szene steht für sich und dient nur dazu, zu unterhalten oder weitere Einblicke in die Welt zu geben. Sie lassen einen fragend und unbefriedigt zurück.
Diese Zusammenhanglosigkeit spiegelt sich auch im Schreibstil wider. Auf der einen Seite gibt es ausschweifende Beschreibungen, die den Ton und die Atmosphäre der Szene einfangen, dann gibt es wieder Stellen, an denen der Schreibstil flach und plump wirkt. Die aufgebaute Stimmung kippt augenblicklich. Wirklich solide ist das Buch damit weder in Handlung noch in Stil. Es zeigt jedoch immer wieder gute Ansätze und vor allem: Es unterhält auf leichte Art und Weise, die man nicht hinterfragen muss.

Vorhersehbar

Keine Frage, das Buch macht stellenweise wirklich Spaß, allerdings überwiegen gerade gegen Ende die Szenen, in denen wenig passiert. Dass die Handlung vorhersehbar ist, macht es nicht besser. Ab etwa der Mitte des Buches, sobald die Haupthandlung wieder aufgenommen wird, ist klar, wie es ausgehen wird. Die Enthüllungen sind nicht besonders überraschend und man fragt sich, wieso die Hauptpersonen so lange brauchen, um etwas herauszufinden, was dem Leser bereits nach wenigen Hinweisen klar ist.

Einfache Charaktere

Die Protagonistin ist größtenteils sympathisch und man folgt ihr gerne. Anders jedoch zu ihrem männlichen Pendant. Der männliche Protagonist hat in dem Buch auch einen eigenen Erzählstrang, allerdings passen seine Handlungen nicht zu dem Verhalten, das er in Emmas Erzählstrang an den Tag legt. Bei ihr ist er immer nur der coole Typ und weiß alles und kann alles, während er in seinem eigenen Erzählstrang erfrischenderweise Gefühle an den Tag legt. Das macht seine Handlungen jedoch für den Leser nicht nachvollziehbar. Man lernt ihn durch seine Abschnitte kennen, in allen anderen handelt er jedoch scheinbar wider seinem Charakter oder lässt sich keinerlei Schwäche anmerken. Dadurch bleibt er in seiner eindimensionalen Rolle als Love Interest und die Liebesgeschichte entwickelt keinerlei Spannung. Auch die Nebencharaktere bleiben ihren Rollen treu und erscheinen deshalb oft wie Pappaufsteller: Die Mutter, die Tante. Sie wirken allesamt austauschbar.

Hochwertiger Umschlag

Abseits des Inhalts ist bei diesem Buch der Umschlag löblich zu erwähnen. Er besteht aus einem flexiblen Hardcover, das selbst in Taschen das Buch gut schützt, kratzfest ist und beim Lesen den Eindruck eines festen Umschlags macht. Außerdem gibt es ein Lesebändchen.

Kurzweiliger Spaß

Für Fans der historischen Fantasy ist das Buch eine schöne Abwechslung von der klassischen Fantasy, die oftmals im Mittelalter angesiedelt ist. Die Ideen sind interessant und die einzelnen Szenen in der ersten Hälfte in sich spannend zu lesen. Jedoch überwiegen die Schwächen des Buches, wie die Vorhersehbarkeit, eine Liebesgeschichte, die keine Spannung zwischen den recht eindimensionalen Protagonisten erzeugen kann und ein Stil, der immer wieder holprig wird. So bleibt es bei einem kurzweiligen Spaß, dessen Geschichte viel zu schnell vergessen ist.

Eiskalter Atem. Alyxandra Harvey. Übersetzerin: Ann-Kathrin Karschnick. Papierverzierer. 2014.

Bücherstadt Magazin

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