Urlaub am See … mit Hindernissen

von | 24.10.2022 | #Todesstadt, Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga, Specials

Unter dem DC-Black Label startet mit „Das Haus am See 1“ von Autor James Tynion IV und Zeichner Álvaro Martínez Bueno die DC-Schocker-Reihe. In diesem Band treffen sich alte Freunde und Bekannte sowie Fremde im titelgebenden Haus am See, das puren Luxus und Idylle ausstrahlt. Doch dahinter versteckt sich ein Geheimnis, das Geschichtenerzähler Adrian zu ergründen versucht.

Nach zwei Jahren Funkstille erhält die Künstlerin Ryan eine Mail von einem alten Freund: Walter. Er lädt sie und andere für eine Woche in ein Haus am See ein. Doch schon kurz nach der Ankunft aller Personen, die der Einladung gefolgt sind, stellt Ryan fest, dass um sie herum die Welt wortwörtlich in Flammen aufgeht. Doch dies ist nicht die Krönung des Ganzen, denn es stellt sich heraus, dass Walter mehr ist als ein Liebhaber, guter Freund oder Saufkumpane. Stattdessen entpuppt er sich als ein verzerrtes und verdrehtes Wesen, das seine Gäste speziell ausgesucht hat, damit sie den durch sein Volk herbeigeführten Weltuntergang zu überleben. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob es besser ist, als letzte Menschen übrig aber in Gefangenschaft zu sein, als mit Freunden und Familie zusammen zu sterben.

Optisch ein Hingucker …

Zeichner Álvaro Martínez Boeno bietet den Lesenden ein Spiel aus Licht und Schatten. Während die Zeichnungen größtenteils wirken, als wären sie mit Bleistift entstanden, sorgen die Farben für die Richtige Lichtstimmung. Unterstrichen werden diese durch unterschiedliche Schraffuren, die auch die Plastizität der Charaktere und deren Mimik verstärken.

Ebenso wie die Zeichnungen bringt die Anordnung der einzelnen Panels Dynamik in das Gezeigte. So wird etwa in bestimmten Situationen mit kleineren Panels auf das Gesicht einer Figur gezoomt, um Gesichtsausdrücke besondders hervorzuheben.

… von der Geschichte her langweilig

Liest man den Klappentext des Comics, so verspricht dieser einen Horrortrip für die Figuren, was das Cover nochmals unterstreicht. Beim Lesen des Comics stellt sich spätestens ab der Hälfte jedoch das Gefühl ein, dass die Personen die Klappentext und Cover gestaltet haben, einen anderen Comic in den Händen hatten als „Das Haus am See“.

Die Geschichte dümpelt eher als Mystery-Drama dahin, das es nur ein, zwei Mal schafft, wirklich Spannung aufzubauen, und dann daran scheitert, diese aufrechtzuerhalten. Die Tatsache, dass man eine der wenigen Personen ist, die das Ende der Welt überlebt hat und nun von einem alienähnlichen Wesen in einem Haus festgehalten wird, sollte bei jedem Menschen mindestens zu Panik führen und dem Willen, dem zu entkommen. Jedoch kommt dieses Verhalten gerade mal bei einer einzigen von den zehn anwesenden Personen auf und auch dieser Anflug von Rebellion ist nach gerade einmal achtzehn (Doppel-)Seiten schon wieder vorbei.

Zu viele Figuren …

Und da wären wir auch schon beim nächsten Problem der Geschichte: die Anzahl der (Haupt-)Figuren. Autor James Tynion IV schien es für eine gute Idee gehalten zu haben, gleich elf Personen in den Fokus seiner Handlung zu stellen. Gegen Ende kommt sogar noch eine zwölfte hinzu. Jedoch scheitert diese Idee komplett, denn durch den Versuch, allen Figuren Wichtigkeit in der Geschichte zu geben, bleiben alle blass und uninteressant.

Ein lächerlich-tragisches Beispiel hierfür bildet die Figur des Akupunkteurs Arturo. Dieser scheint selbst dem Autor so unwichtig zu sein, dass er die meisten seiner Figuren im Comic immer wieder nach Arturos Namen fragen lässt.

… und zu wenige Konflikte

Ein Szenario, in dem mehrere Personen auf engen Raum zusammen eingeschlossen sind, ist an sich eine Goldgrube für Konflikte, Diskussionen und charakterformende Gespräche. Die Blässe der Figuren und das Fehlen von ausgearbeiteten Hintergründen, machen dem jedoch einen Strich durch die Rechnung. Allgemein scheinen die Figuren eher konfliktscheu, denn auch wenn sich mal ein Streit anbahnt, verläuft er sehr schnell wieder im Sande.

130 (Doppel-)Seiten Prolog

Allgemein fühlt sich „Das Haus am See“ wie ein ewiglanger Prolog zu einer Geschichte an, die irgendwann noch kommen wird – hoffentlich. Die Charaktere werden vorgestellt, ein Problem eröffnet und Stück für Stück gibt es einen Blick auf die Regeln der Welt, in der sich die Figuren bewegen. Jedoch passiert ansonsten nicht viel und wenn man denkt, dass es jetzt endlich losgeht, ist Band eins auch schon zu Ende.

Horror geht anders

Wer sich bei „Das Haus am See“ einen wirklichen Horrorschocker verspricht, wie das Label – DC-Schocker – suggeriert, der wird nicht nur enttäuscht, sondern sich zudem sehr langweilen. Zu viele blasse, uninteressante und konfliktscheue Charaktere in einer viel zu langatmigen Geschichte. Eindeutig verschenktes Potential. Dies steht im großen Kontrast zu den kreativen Zeichnungen, voller Spielereien mit Licht und Schatten sowie Konturen und Farben.

Das Haus am See 1. Autor: James Tynion IV. Zeichner & Tusche: Álvaro Martínez Bueno. Übersetzung: Bernd Kronsbein. Panini 2022.

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Adrian Ziebarth

Adrian Ziebarth

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