Ungeschreiblich: Über ein Hai-Light des schlechten Films

by Zeilenschwimmerin Ronja

Der Titel „Shark­nado“ dürfte eini­gen bekannt sein und somit für geho­bene Augen­brauen und mög­li­cher­weise leicht hys­te­ri­sches Lachen sor­gen. All jene Glück­li­chen, die ihn nicht ken­nen, soll­ten schleu­nigst das Weite suchen. Wir bege­ben uns nun in him­mel- oder viel­mehr hai­schrei­ende Untie­fen des Films. – Von Zei­len­schwim­me­rin Ronja

Eine Erklä­rung vorab: Ja, ich habe mir die­sen Film frei­wil­lig ange­se­hen. Und ja, ich glaubte zu wis­sen, was mich erwar­tet. Und nein, ich bin nicht ver­rückt, jeden­falls nicht mehr als andere Men­schen hier. Warum also habe ich mir das ange­tan? Alles begann mit einem Buch, das sich als das schlech­teste Buch ent­puppte, das ich bis­her gele­sen habe.* Dar­aus ent­stand ein – sagen wir mal – wis­sen­schaft­li­ches Inter­esse an schlech­ter Lite­ra­tur. Gibt es so etwas wie „objek­tive Schlech­tig­keit“? Und wenn ja, was sind die Kri­te­rien dafür? Meine Stu­dien dau­ern an und wer­den fest­ge­hal­ten. Wei­tere Ein­bli­cke fol­gen, sofern ich vor­her nicht verzweifle.

Aus­ge­hend von die­sem Inter­esse an schlech­ter Lite­ra­tur, lag ein Abste­cher in Berei­che des schlech­ten Films sehr nahe. Dem Inter­net sei Dank – oder auch nicht –, gibt es zahl­rei­che Vor­schläge für schlechte Filme. Ganz wie bei Büchern habe ich auch schon von vie­len Fil­men behaup­tet, sie seien schlecht. Etwa jene Robin Hood-Ver­fil­mung, in der sie mit Kut­schen über geteerte Stra­ßen fah­ren. Oder der zehn­tau­sendste platte Lie­bes­film, bei dem man den Dia­log vor­aus­sa­gen kann. Diese Filme sind wei­ter­hin nicht gut. Aber, wie ich jetzt weiß, sie sind auch nicht von voll­kom­me­ner Schlechtigkeit.

Aller schlech­ten Dinge sind zu viel

Kom­men wir also zu „Shark­nado“ – genauer: zum ers­ten Teil, denn mitt­ler­weile wur­den fünf oder sechs Teile pro­du­ziert. (Es ist zum Ver­zwei­feln.) Was genau in den Fol­ge­fil­men pas­siert, kann ich nicht sagen, denn die habe ich mir nicht ange­tan, doch ich gehe davon aus, dass sie sich alle in „Stil“ und „Inhalt“ recht ähn­lich sind. Eti­ket­ten­schwin­del kann man „Shark­nado“ immer­hin nicht vor­wer­fen, es geht genau um das, was der Titel besagt: um einen Tor­nado, in dem Haie flie­gen. Fragt nicht, das bringt ohne­hin nichts.

Eigent­lich ist das auch mein Fazit zum Film: Fragt ein­fach nicht. Logi­sche Fra­gen zu stel­len ist schon bei bes­se­ren Fil­men nicht immer rat­sam. Hier jedoch fällt das Kon­strukt schon zusam­men, ohne dass man über­haupt irgend­eine Frage gestellt hat. Natür­lich, wir bewe­gen uns hier im Genre des tra­shi­gen, action­ge­la­de­nen Hai-„Horrors“, Logik und phy­si­ka­li­sche sowie bio­lo­gi­sche Gesetze sind ohne­hin kein Maß­stab, an dem ein der­ar­ti­ger Film gemes­sen wer­den sollte. Und den­noch ist es unmög­lich, sich nicht dar­über zu wun­dern, dass tau­sende von Haien einen Schwarm bil­den, von einem Tor­nado in die Luft geso­gen wer­den und dort – ohne Was­ser zum Atmen – über­le­ben können.

Nicht, dass das nötig wäre, aber: Ach­tung, Spoiler …

Genauso unglaub­lich ist eine Szene am Ende des Films: Nach­dem die ein­zige taffe, weib­li­che Figur von einem Hai ver­schluckt wurde, springt spä­ter der als Held gezeich­nete Fami­li­en­va­ter und Prot­ago­nist des Films in irgend­ei­nen Hai, mit lau­fen­der Motor­säge voran. Es gelingt ihm nicht nur, sich unver­letzt von innen aus dem Hai her­aus zu sägen, nein, es ist aus­ge­rech­net der Hai, der zuvor die Frau ver­schluckt hat und – Wun­der, oh, Wun­der – sie ist eben­falls unver­letzt. Obwohl sie von einem Hai ver­schluckt wurde. Obwohl sie wer weiß wie lange in einem Hai­ma­gen war. Obwohl unser Held mit einer lau­fen­den Motor­säge in eben die­sen Hai­ma­gen gesprun­gen ist.

Wohl­ge­merkt, nicht alles an die­sem Film ist grot­ten­schlecht. Ich habe schon schlech­tere visu­elle Effekte gese­hen (was nicht heißt, dass sie gut sind). Ich habe auch schon schlech­tere Kame­ra­auf­nah­men gese­hen (was eben­falls nicht heißt, dass sie gut sind). Und den Schauspieler*innen ist immer­hin anzu­rech­nen, dass sie ihre Zei­len auf­sa­gen konn­ten, ohne durch­ge­hend zu lachen.

Aus rein aka­de­mi­schem Interesse

Einer­seits ist es mir ein Rät­sel, wie etwas so Schlech­tes wie „Shark­nado“ Kult­sta­tus erlan­gen und so erfolg­reich sein kann, dass gleich meh­rere Fort­set­zun­gen pro­du­ziert wur­den. Ande­rer­seits wun­dert es mich nicht. In sei­ner puren Unlo­gik und Absur­di­tät ist es genau das, was man in jugend­li­chem Leicht­sinn und ande­ren mild-unzu­rech­nungs­fä­hi­gen Stim­mun­gen ansieht, um danach behaup­ten zu kön­nen, man habe einen der schlech­tes­ten Filme gese­hen. Ich habe ihn selbst­ver­ständ­lich aus rein aka­de­mi­schem Inter­esse gesehen.

Wenn ihr euch gerade in einer der­ar­ti­gen mild-unzu­rech­nungs­fä­hi­gen Stim­mung befin­det oder aus wie auch immer gear­te­ten ande­ren Grün­den meint, euch „Shark­nado“ anse­hen zu müs­sen, bitte ich euch um zwei Dinge: a) Seht euch den Film bloß nicht alleine an. Nicht weil er beson­ders gru­se­lig oder eklig wäre. Er ist in einer Gruppe nur leich­ter zu ertra­gen. Und b) bitte kauft die­sen Film nicht neu, nicht auf DVD, Blu-Ray oder online. Leiht ihn aus, in einer Biblio­thek, Media­thek, einer Video­thek (sofern es die noch irgendwo gibt), von jeman­dem, der die­sen Film selt­sa­mer Weise besitzt. Falls ihr der­art ver­zwei­felt seid, kauft ihn gebraucht. Aber finan­ziert der­ar­ti­gen Wahn­sinn nicht auch noch.

* Wer mehr über diese Epi­sode mei­ner „unge­schreib­li­chen“ Erleb­nisse erfah­ren möchte, kann sie hier nachlesen.

Shark­nado – Genug gesagt! Regie: Anthony C. Ferrante. Dreh­buch: Thun­der Levin. Mit Ian Zier­ing, Tara Reid, John Heard u.a. The Asylum. 2013.

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