Tischlein, deck dich!

von | 19.04.2018 | #litfutter, Belletristik, Buchpranger, Specials

Die Literaturwissenschaftlerin und Köchin Cara Nicoletti liebt – klar, Literatur und Essen. In ihrem aus einem Blog entstandenen Buch „Yummy Books! In 50 Rezepten durch die Weltliteratur“ kombiniert sie beides. Worteweberin Annika konnte sich daran gar nicht satt lesen.

Eins ist klar, auch Figuren in einem Buch müssen essen. Egal, ob das nun Bertie Botts Bohnen aller Geschmacksrichtungen sind, oder Suppe, die man bis zum letzten Rest aus der Schüssel lecken kann, wie Michel. In manchen Romanen spielt Essen eine sehr große Rolle, in anderen wiederum kommt es eigentlich gar nicht vor.

Was den Otto-Normal-LeserInnen vielleicht gar nicht auffallen würde, dafür hat Cara Nicoletti ein geschärftes Auge. Es sind die Essensszenen in Romanen, die es ihr angetan haben. In drei Teilen arbeitet sich Nicoletti in ihrem Buch „Yummy Books“ chronologisch durch ihre eigene Lese- und Koch-Biografie: Von der Kindheit über die Jugend und das Studium bis zum Erwachsenenalter verbindet sie wichtige Romane des jeweiligen Lebensabschnitts mit ihrer persönlichen Geschichte und dazu passenden Rezepten.

„So kochte und las ich mich durch die schwierigen Jahre der Middle School, durch die erste Liebe, durch mehrfachen verheerenden Liebeskummer, durch Verluste und Veränderungen. Und je älter ich wurde, desto mehr entwickelten sich Lesen und Kochen zu den Kräften, die meinen Panzer aufbrachen, mich Bindungen eingehen ließen und mich zu der Welt, die mich umgab, in Beziehung setzten.“ (S. 11)

Welche Bedeutung die jeweilige Geschichte für sie hatte, wie und was in den Büchern gegessen wird und wie es zum ausgewählten Rezept kam, das alles erzählt die Autorin mit viel Witz und Charme. Die Kapitel machen nicht nur Lust auf Essen, auch die Romane und Geschichten macht Cara Nicoletti ihren LeserInnen schmackhaft. Schnell merkt man, dass hier eine wahre Büchernärrin schreibt, die sich, wie sie erzählt, zwischen zwei Buchdeckeln schon so manche Nacht um die Ohren geschlagen hat. Ihre Begeisterung steckt an und so nimmt man nicht nur den ein oder anderen Koch-Tipp, sondern auch viele Leseempfehlungen mit aus „Yummy Books“.

Weltliteratur?

Bei dem Titel „In 50 Rezepten durch die Weltliteratur“ kann diese Tatsache etwas überraschen, aber Nicolettis Begriff von „Weltliteratur“ ist teilweise zumindest ungewöhnlich. Als Amerikanerin gehören für sie andere Titel zum Kanon als für deutschsprachige LeserInnen. Das wird insbesondere bei den ausgewählten Kinderbüchern deutlich, denn während Nicoletti mit „Nancy Drew“ und „Die Kinder aus dem Güterwagen“ aufwuchs, sind diese Texte hier nicht sonderlich populär, der zweite wurde nicht einmal ins Deutsche übersetzt. Aber auch Gegenwartsliteratur gehört hier mit zur „Weltliteratur“ dazu. Trotzdem finden sich auch viele allseits bekannte Titel wie „Stolz und Vorurteil“, „Pippi Langstrumpf“ oder „Anna Karenina“.

Die Rezepte in diesem Band sind sehr vielfältig: Donuts, Pasta, Pfannkuchen, Rollbraten, Austern, Pfefferminz-Eiscreme, Lammkeule… Zur Zubereitung werden hauptsächlich gängige Zutaten gebraucht, die in den meisten Küchenschränken oder Supermärkten zu finden sind. Einige Rezepte wie die Donuts mit Geleefüllung brauchen viel Zeit, worauf im Rezept aber auch hingewiesen wird. Die meisten anderen sind nichts für ein schnelles Abendessen oder Kochanfänger, da sie recht komplex sind. Trotzdem erklärt Nicoletti gut, welche Schritte beachtet werden müssen und gibt hilfreiche Tipps. Aber selbst dann, wenn man hier keine Rezepte für die Essensplanung der nächsten Woche findet, macht das Stöbern in den Geschichten rund um Essen und Literatur einfach Spaß! Wem nach dem Lesen dieses Buches Essen in der Literatur begegnet, der wird es mit einem anderen Blick betrachten.

Yummy Books! In 50 Rezepten durch die Weltliteratur. Cara Nicoletti. Aus dem amerikanischen Englisch von Tanja Handels und Susanne Kammerer. Suhrkamp. 2017.

Ein Beitrag zum Special #litfutter.
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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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