Sommerferien mit den Cazalets

von | 18.04.2020 | Belletristik, Buchpranger

1990 veröffentlichte die Britin Elizabeth Jane Howard mit „Die Jahre der Leichtigkeit“ den ersten von fünf Bänden über die Familie Cazalet. Worteweberin Annika hat Villy, Polly, Zoë und die anderen mit der Neuübersetzung durch die unbeschwerten Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg begleitet.

„Die Jahre der Leichtigkeit“ spielt von 1937 bis 1938, als sich langsam der neue Weltkrieg zusammenbraut, während die Cazalets noch glückliche Sommerurlaube auf ihrem Anwesen in Sussex verbringen. Nur während dieser Urlaube spielt die Handlung des Bandes, die Monate dazwischen werden in Rückblicken thematisiert.

Die Cazalets, das sind der Großvater William, der erfolgreich mit Holz handelt, und seine Frau, genannt die Duchy. Ihre Tochter Rachel ist unverheiratet geblieben, während ihre drei Söhne Hugh, Edward und Rupert jeweils eigene Familien gegründet haben. Ihre insgesamt acht Kinder vom Säuglingsalter bis zu fünfzehn Jahren sind ganz unterschiedliche Charaktere: Louise wäre gerne Schauspielerin, Clary hat ein Talent fürs Schreiben, Neville hat ein Herz für Tiere und Simon Angst vor dem neuen Internat.

Schwere Leichtigkeit, leichte Schwere

Der Fokus der Erzählung liegt in diesem Band auf den jüngeren beiden Generationen: den Eheproblemen, Streitereien zwischen den Kindern und Zukunftswünschen. Ganz unterschiedliche Themen werden angesprochen. Neben den Banalitäten des Alltags geht es zum Beispiel um die Rolle der Frau in einer Ehe, die damalige Tabuisierung aller weiblichen „Unpässlichkeiten“ – von Geburten mal ganz abgesehen! –, um die Angst vorm Begehren des eigenen Vaters oder der Unmöglichkeit von Homosexualität.

Viele damalige „Frauendinge“ kommen hier unverblümt zur Sprache und machen deutlich, wie viel sich inzwischen zum Glück verändert hat. Auch wenn „Die Jahre der Leichtigkeit“ mit Beschreibungen von Menüfolgen, Renovierungsarbeiten oder Dinnerpartys manchmal sehr leichtfüßig daherkommt, fehlt der Geschichte durch diese Themen nie die nötige Schwere. Wer die BBC-Serie „Downton Abbey“ kennt, dürfte sich durch das Thema und die Erzählweise an die Geschichten um die Granthams erinnert fühlen.

Figurenreigen

Elizabeth Jane Howard wechselt munter die Perspektiven und lässt ihre Leserinnen und Leser in die Köpfe aller Figuren schauen. Auch die Dienstboten spielen dabei eine Rolle, stehen aber nicht so sehr im Fokus wie auf Downton. Durch die wechselnden Fokusfiguren kann man viele Anknüpfungspunkte finden, sich in die Charaktere hineinversetzen und mit seinen Lieblingen besonders mitfiebern.

Nicht immer ist es ganz leicht, den Überblick zu behalten – welcher Sohn hat noch gleich eine Affäre? Welches der Mädchen ist das älteste? Später kommen dann noch weitere Figuren aus der Familie von Villys Schwester dazu. Zum Glück findet sich zu Beginn des Buches ein Stammbaum, in dem schnell fast alle Informationen nachgeschlagen werden können.

„Die Jahre der Leichtigkeit“ ist Unterhaltung vom Feinsten: Man kann mitfiebern und abschalten, wird aber niemals für dumm verkauft oder unterfordert. Wer wie ich Sehnsucht nach Downton hat und ein gutes Buch sucht, sollte unbedingt die Cazalets kennenlernen. Zum Glück sind auch schon fast alle Bände der Neuübersetzung erschienen – und mit ihren jeweils gut 600 Seiten liefern die eine ganze Menge Lesestoff.

Die Jahre der Leichtigkeit. Die Chronik der Familie Cazalet – Band 1. Elizabeth Jane Howard. Aus dem Englischen von Ursula Wulfekamp. dtv. 2019.

 

Bücherstadt Magazin

Bücherstadt Magazin

Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir sind umgezogen!

Wir sind kürzlich umgezogen und müssen noch einige Kisten auspacken. Noch steht nicht alles an der richtigen Stelle. Solltet ihr etwas vermissen oder Fehler entdecken, freuen wir uns über eine Nachricht an mail@buecherstadtmagazin.de – vielen Dank!

Newsletter

Erhaltet einmal im Monat News aus Bücherstadt. Mehr Informationen zum Newsletter gibt es hier.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner