So blau wie das Meer

von | 16.03.2017 | Belletristik, Buchpranger

Bitte steigen Sie ein, wir tauchen ab. Machen Sie sich bereit, berühmte Gestalten der Literatur zu treffen, schreckliche und wunderschöne Meereswesen zu sehen und das erste U-Boot zu bewundern. – Zeilenschwimmerin Ronja hat eine Abenteuerfahrt in „20.000 Meilen unter dem Meer“ mitgemacht.

Professor Aronnax, anerkannter Naturwissesnschaftler, und sein treuer Assistent Conseil erhalten das Angebot, bei einer Expedition mitzureisen, die das Wesen, welches seit Monaten die Meere unsicher macht, zu finden und unschädlich zu machen. Natürlich kann der Professor nicht widerstehen. Doch die Expedition verläuft anders als geplant. Sie finden das Wesen, doch keine Waffe kann ihm etwas anhaben. Schließlich greift es sogar das Schiff an und der Professor wird von Bord geschleudert. Conseil, stets treuer Diener, springt hinterher und zieht den Professor auf den Rücken des „Wesens“, wo bereits der ebenfalls über Bord gegangene Harpunier Ned Land Zuflucht gesucht hat. Schnell müssen sie erkennen, dass sie keinesfalls auf dem Rücken eines Tieres stehen, sondern auf von Menschen geformtem Metall: der Nautilus, dem ersten Unterwasserboot. Von nun an sind sie Gefangene auf der Nautilus, die von einem geheimnisvollen Mann beherrscht wird: Kapitän Nemo.

Die Geschichte

„20.000 Meilen unter dem Meer“ ist einer der bekanntesten Romane von Jules Verne. Selbst ohne ihn gelesen zu haben, ist bekannt, dass ein U-Boot, das „Nautilus“ heißt, und ein Mann namens „Nemo“ auftauchen. Mir ging es nicht anders, mehr als das wusste ich jedoch nicht. Tatsächlich sind dies aber auch die wichtigsten Elemente der Geschichte. Selbstverständlich erleben sie auf ihrer unterseeischen Reise noch andere Abenteuer. Das sind jedoch eher kurze Episoden, die mehr die Wunder der Meere und die Eigenschaften des Kapitäns unterstreichen sollen.

Jules Verne ist für seine Zeit auch heute noch gut lesbar. Dennoch ist die Satzstruktur natürlich anders. Dass es beim Lesen manchmal etwas schleppend vorangeht, liegt vor allen an den vielen Abschnitten mit Zahlen und wissenschaftlichen (oder halbwissenschaftlichen) Ergüssen, die zum einen natürlich die Glaubwürdigkeit von Vernes Geschichten unterstreichen, zum anderen aber in ihrer Anzahl und Länge ermüdend wirken.
Die Handlung bleibt dabei weitestgehend unaufgeregt. Der Professor und seine Gefährten sind zwar Gefangene auf der Nautilus, werden jedoch mehr wie Gäste behandelt und beschäftigen sich einen großen Teil ihrer Reise mit Meerestieren und Essen. Die Spannung entwickelt sich eher langsam bis zum Ende hin. Dazwischen gibt es jedoch überraschend brutale und blutige Stellen, von denen wenigstens eine selbst aus heutiger Sicht abstoßend explizit ist. Sie halten sich jedoch in Grenzen.

Die Ausgabe

Was illustrierte Ausgaben angeht, habe ich eine kleine (oder auch größere) Schwäche. Diese Ausgabe von „20.000 Meilen unter dem Meer“ ist allerdings auch einfach wundervoll! Der Illustrator William O’Conner fängt in seinen Bildern die Stimmungen grandios ein. Schon das Vorsatzpapier empfängt mit einer skizzenhaften Zeichnung des Inneren der Nautilus. Jedes Kapitel beginnt mit einer Zeichnung, Portraits und Szenen stehen neben dem Text und zwischendrin gibt es ganzseitige oder sogar doppelseitige farbige Illustrationen, in prächtigen Blautönen. Obendrein sehen alle Seiten aus, als seien sie bereits alt und vergilbt, sodass zusammen mit den abgedruckten Karten ein wirkliches Abenteuerbuchgefühl entsteht.

Ein Wal taucht durchs Meer

„20.000 Meilen unter dem Meer“ in einer so schönen Ausgabe zu lesen, hat sehr viel Spaß gemacht. Dadurch wurden die etwas langatmigen Stellen, die einfach der Zeit der Entstehung geschuldet sind, ausgeglichen und boten Anreiz, weiterzulesen. Für Fans von Jules Verne und/oder illustrierten Büchern ist diese Ausgabe ohnehin empfehlenswert, aber auch „Neueinsteigern“ sollte sie durchaus gut gefallen.

Noch eine kleine Anmerkung:
Beim Lesen habe ich mich immer wieder an der Angabe im Titel gestört: „20.000 Meilen“. Es ist nicht möglich auf der Erde 20.000 Meilen tief zu tauchen (1 Seemeile entspricht etwa 1,85 Kilometern). Und Prof. Arronax gibt an, dass sie am Ende 80.000 Kilometer mit der Nautilus gefahren sind. In der Länge geht es also auch nicht auf. Des Rätsels Lösung : „Meilen“ bezeichnen hier nicht die heute noch mancherorts üblichen Land- oder Seemeilen, sondern ein altes französisches Längenmaß namens Leuge (oder lieue), die etwa vier Kilometern entspricht.

20.000 Meilen unter dem Meer. Jules Verne. Übersetzung: Günther Jürgensmeier, Gundula Müller-Wallraf. Illustration: William O‘Conner. Knesebeck Verlag. 2017. / Illustration aus dem Innenteil: Knesebeck Verlag.

Ronja Storck

Ronja Storck

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