„Sieben Heere“ oder: Wie man mit Mordlust die Leselust tötet

von | 14.01.2016 | Belletristik, Buchpranger

Sieben HeereNach „Klingenfieber“ habe ich erneut ein Buch von Tobias O. Meißner auf meinen Rezensionstisch liegen: „Sieben Heere“ ist der neue Titel, dessen Cover beeindruckt und der Buchrückentext opulente Momente verspricht. Leider ist das fast alles, was den Kauf rechtfertigt. – Von Wörterschmied Diungo

Das Buch beginnt völlig unspektakulär: die feindliche Armee marschiert gesittet in das Dorf ein und annektiert es friedvoll. Insgesamt sind es dreißig Soldaten und eine Art Hauptmann auf einem gesattelten Greif. Vom qualvollen Tod und bedingungsloser Unterwerfung ist ebenso zu lesen wie von skrupellosesten Kriegern, welche mordend durch die Gegend rennen. Ganz im Gegenteil hat es trotz Besatzung ein sehrdörfliches Geschehen. Einzig ein wenig Rebellion keimt in den Jugendlichen des Dorfes auf, nur weil sie dem vor Jahrhunderten ausgefochtenen Krieg nicht beigewohnt haben.

Das ganze Dorf und seine 500 Bewohner besitzen keine Waffen, obwohl sie an der Reichsgrenze zum Feind wohnen. Es gibt keine Soldaten oder Wachmänner und der einzige, der den Schneid besitzen könnte es mit Soldaten aufzunehmen, ist der Tunichtgut Tautun. In der Schenke, in der gesittet zwei der Soldaten speisen, greift er diese unter Alkoholgenuss an. Es gelingt ihm wie durch ein Wunder zwei voll gerüstete und gut ausgebildete Soldaten zu überrumpeln und zu töten. Das Dorf ist auf einmal in einem Konflikt: Sollen wir den nicht gemochten Vollidioten Tautun melden oder setzen wir uns zur Wehr?

Die Entscheidung fällt auf die zweite Option und Tautun schleicht wie Rambo durch das Dorf und schaltet eine Wachmannschaft nach der anderen aus. Insgesamt zwölf Menschen fallen seiner Mordlust zum Opfer und die anderen werden von dem in die Jahre gekommenen Dorfmagier durch ein Flammeninferno ausgelöscht. Nach dieser heroischen Tat findet ein Possenspiel statt, denn alle verheimlichen beim nächsten Hafenfest die Tatsache der Besatzer, gleich dem kindlichen Gedanken: nicht gesehen, nicht passiert. „Sieben Heere“ umfasst knapp 400 Seiten, von denen ich nach 300 resigniert habe. Oder Tautun war da und hat mir mit bloßen Händen die Lust genommen wie das Leben der Wachmänner.

Sieben Heere. Tobias O. Meißner. Piper. 2015.

 

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