Schlaflos

von | 03.02.2015 | Belletristik, Buchpranger

Wer kennt das nicht: Unruhige Nächte, in denen man sich im Bett hin und her wälzt, geplagt von Gedanken, die man nicht vertreiben kann. Sorgen, Ängste oder Aufregung befallen einen und rauben einem den Schlaf. Ulrike Kolb, die selbst unter Schlaflosigkeit litt, thematisiert dieses Problem in ihrem Roman „Die Schlaflosen“.

Eine Gruppe von Schlaflosen reist in ein Hotel ein, um an einem Workshop teilzunehmen, bei dem ihnen ein „Schlafpapst“ dazu verhelfen soll, wieder schlafen zu können. Doch schon bald müssen die Betroffenen feststellen, dass er nicht anwesend ist und ob er überhaupt noch erscheinen wird, ist ungewiss. Die Aufregung ist groß, immerhin wurde der Aufenthalt bereits bezahlt! Als Entschädigung spendiert das Hotel reichlich Getränke und Essen. Und so kommt es, dass die Schlaflosen untereinander ins Gespräch kommen.
Wie wenig Lust sie auf diesen Workshop und den Kontakt zu anderen haben, zeigt sich durch ihre Gesprächshaltung. Wirklich interessiert sind sie am Gegenüber nicht, schnell schweifen die Gedanken ab und geben Einblick in Erinnerungen und Gefühle. Auf diese Weise erfährt man schließlich den Auslöser der Schlaflosigkeit. Die Gründe sind unterschiedlich, doch alle nachvollziehbar: Traumatische Erlebnisse und Ängste sind einige davon. Seit Jahren können die Betroffenen nur wenige Stunden schlafen. Ihre Müdigkeit ist unvorstellbar, ihre Lebensenergie am Ende. Als seien sie zwischen Traum und Wirklichkeit gefangen, torkeln sie durch den Alltag, um nachts schließlich hellwach im Bett zu liegen und nur darauf zu warten, dass die Zeit vergeht.

Der Wunsch zu schlafen ist groß und zieht sich durch das gesamte Buch. Probleme werden aufgedeckt, können über den kurzen Zeitraum jedoch nicht gelöst werden. Sehr realitätsnah beschreibt die Autorin die Handlung der Protagonisten. Diese halten nicht nur Distanz zueinander, sondern auch zum Leser. Bestärkt wird der Eindruck durch die Verwendung von indirekter Rede bzw. der Auslassung von Anführungszeichen bei direkter Rede. Auf diese Weise wirkt der Text oft monoton und lässt auf literarischer Ebene nur wenig Spannung zu, auch wenn inhaltlich welche zu erahnen ist. Mit ihrem ruhigen Schreibstil schafft die Autorin eine stille Atmosphäre, in der alles oder nichts geschehen kann. Man muss sich nur darauf einlassen können. Erwähnenswert ist außerdem der längste Satz, den ich je in einem Buch gelesen habe: Hier erstreckt sich einer über vier Seiten.

Alexa

Die Schlaflosen, Ulrike Kolb, Wallstein, 2013

Bücherstadt Magazin

Bücherstadt Magazin

Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

1 Kommentar

  1. Avatar

    Klingt als wäre das mein Buch:)

    Antworten

Trackbacks/Pingbacks

  1. Sonntagsleserin Februar 2015 | buchpost - […] Bücherkurier las den Roman Die Schlaflosen von Ulrike Kolb, auf den bereits das Graue Sofa aufmerksam gemacht hatte, der…
  2. Wunsch nach Freiheit | Bücherstadt Kurier - […] Rede ohne Anführungszeichen zu schreiben. Dieses Phänomen begegnete mir bereits in “Die Schlaflosen” und “Die sibirische Nachtigall“, und nun…

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir sind umgezogen!

Wir sind kürzlich umgezogen und müssen noch einige Kisten auspacken. Noch steht nicht alles an der richtigen Stelle. Solltet ihr etwas vermissen oder Fehler entdecken, freuen wir uns über eine Nachricht an mail@buecherstadtmagazin.de – vielen Dank!

Newsletter

Erhaltet einmal im Monat News aus Bücherstadt. Mehr Informationen zum Newsletter gibt es hier.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner