Recyceln für Anfänger

von | 11.06.2020 | #BKUmwelt, Gedankenkrümel, Kreativlabor

Wie viele andere auch ist Stadtbesucherin Anne Zandt seit März im Home Office, was für sie bedeutet, dass sie mehr Zeit zu Hause verbringt, als sie es sonst tut. Oder eher gesagt: mehr Zeit in ihrer Abstellkammer als nur zum Schlafen. Dauert etwas im Brotjob mal länger oder blickt sie sich beim Nachdenken im Raum um, fallen ihr dabei all die Sachen auf, die sie schon seit Jahren mal aussortieren oder entsorgen wollte.

Doch womit anfangen?

Wir sind eine Wegwerfgesellschaft, das ist Fakt. In vielen Bereichen gibt es dafür bereits Lösungen, in anderen ist es schwieriger. Der gelbe Sack, die Altglascontainer, Altpapiertonne und die Batteriesammelstellen sollten allen bekannt sein und sind wichtige Maßnahmen, um unsere Umwelt nicht noch weiter zu belasten, als wir es eh schon tun.

Je mehr ich mich mit der oben genannten Frage beschäftige, desto verwirrter und unsicherer bin ich. Denke ich, einen Ansatz gefunden zu haben, kommt schon das nächste Hindernis um die Ecke. Im Rahmen der Umweltaktion möchte ich meine Gedanken mit euch teilen. Es gibt einige Möglichkeiten, gebrauchte oder nicht mehr brauchbare Sachen in gute Hände abzugeben oder sinnvoll zu entsorgen. Vieles davon kenne ich allerdings selbst noch nicht, da bin ich gespannt, um welche Vorschläge ihr meine Erfahrungen noch ergänzen könnt.

Kleidung

Der einfachste Einstieg ist vermutlich, den Kleiderschrank zu leeren. Letztes Jahr war Marie Kondo zu diesem Thema in aller Munde. Die Japanerin machte auf Netflix, aber auch mit ihren Büchern, das Entrümpeln zu einer Kunstform. Mit dem Erfolg ihrer Technik kam aber auch ein Problem: Kleiderkammern (Einrichtungen der Caritas und ähnliches, die im Gegensatz zum Altkleider-Container Kleidung direkt annehmen und gegebenenfalls in Second-Hand-Läden verkaufen) nahmen keine Kleidungsstücke mehr an, weil zu viele Leute ihr Aussortiertes plötzlich ablieferten und sie es nicht mehr lagern konnten. Abgesehen davon, dass nur ein Teil der abgegebenen Sachen überhaupt weiter getragen werden kann und der Rest entsorgt werden muss.

Etwas, was ihr beim Abgeben von Kleidung in eurer Nähe beachtet solltet: Sie könnte euch wieder über den Weg laufen. Dies ist etwas, das wir vor allem bei den alten Jacken meiner Mutter vermeiden wollten, deswegen hängen die auch immer noch im Kleiderschrank …

Wusstet ihr eigentlich, dass einige Optiker (z.B. Apollo) alte Brillen annehmen, um sie entweder an Bedürftige mit ähnlichen Dioptrien zu spenden oder weiterzuverwenden?

Bücher

Neben Lob für faszinierende Falttechniken kam Kondo vor allem durch eine Aussage bezüglich Büchern in die Kritik. Unter den Lesenden wurde ihrer, aus dem Kontext gerissenen, Aussage stark widersprochen, dass zwanzig Bücher mehr als genug seien. Ihre Methodik basiert auf dem Prinzip der Freude – Macht es mich glücklich, wenn ich diesen Gegenstand in die Hand nehme? Doch wie viel Freude hat man mit Büchern, die man selbst nie lesen würde? Meine Mutter hatte nicht nur einen sehr anderen Lesegeschmack als ich, als ehemalige Lehrerin liegen hier auch diverse alte Lehr- und Hilfebücher, die sie für Nachhilfe- und Vertretungsstunden nutzte.

Romane könnte man mit etwas Glück noch für ein paar Cent auf Momox oder Rebuy einstellen, ein Aufruf bei Twitter ist da allerdings manchmal erträglicher. Einige Antiquariate, Bibliotheken und Second-Hand Läden nehmen ebenfalls Bücher an. Aber auch wieder nicht alle. Und seien wir mal ehrlich: Viel Lehrmaterial ist schon veraltet, wenn es gedruckt wird. Das lohnt sich höchstens noch für angehende Lehrer:innen, um sich anzusehen, was früher wie umgesetzt wurde oder um günstiges Material zu haben.

Ich habe auch mindestens vier Bücher gefunden, mit denen einige Leute ihren Spaß haben würden, sie auseinanderzunehmen. Dennoch fürchte ich, dass viele der Bücher im Altpapier landen werden. Für Altpapiersammler übrigens interessant: Wer Bücher abgeben will, sollte den Buchrücken abtrennen und nur die Seiten einreichen, sonst kann es sein, dass das Papier nicht angenommen wird.

Stifte

Meine Mutter musste oft Vertretungsstunden geben, in denen sie die Schüler:innen zeichnen ließ. Wie im Lehrer:innendasein (leider) üblich, musste sie die Materialien stellen, dadurch liegen nun bei uns jede Menge alte und vor allem vertrocknete Filzstifte.

Vor einer Weile sah ich eine Reportage, eventuell war es auch ein Beitrag in der Sendung mit der Maus, darüber, wie diese in die Einzelteile zerlegt und entsprechend verwertet werden. Nachdem ich einige Stifte bereits im Müll entsorgt hatte, erinnerte ich mich daran und ich ecosiate (Ecosia ist eine Suchmaschine, durch deren Benutzung man Bäume pflanzen kann).

Schnell hatte ich die Seite von Terra Cycle gefunden, allerdings mit einer ernüchternden Erkenntnis: Für mich als Normalverbraucher gibt es keine Chance dort mitzumachen, zumindest nicht ohne große Umstände. Ein bisschen heruntergescrollt konnte ich bereits nachlesen, dass das Programm keine weiteren Mitglieder akzeptiert, man könne aber bei den angemeldeten öffentlichen Sammelstationen abgeben. Da die meisten dieser allerdings Schulen – und die für mich dichtesten in Brandenburg– sind, ist das keine wirkliche Alternative. Schade, da werden die 500 Gramm Stifte (aktueller Stand) wohl doch in den Mülleimer wandern …

Elektro-Müll

Neben Schulmaterialien stehen bei uns allerdings auch noch elektronische Gerätschaften herum. Alte Handys, Röhrenmonitore, Tastaturen, Drucker, Mäuse und jede Menge Kabel und CDs. Aber was macht man damit?

In erster Linie würde mir hier einfallen, dass einiges davon als Ersatzteilspender genutzt werden könnte, weil kaputt ist davon noch nichts. Doch wem und wo bietet man das an? Stelle ich es bei ebay ein? Gibt es Ersatzteilbörsen? Welche Details sind für potentielle Abnehmer interessant und wo bekomme ich die her, wenn ich keine Ahnung habe, wo die Gebrauchsanweisungen liegen (wenn ich sie überhaupt noch habe)? Das alles sind Fragen, die ich mir stelle und für die ich bis jetzt keinen Anhaltspunkt gefunden habe. Alternativ könnte ich auch all das auf den Sperrmüll stellen und darauf hoffen, dass sich die richtigen Personen etwas raussuchen.

#EineSorgeWeniger

Doch nicht nur recyceln oder wegwerfen, auch weitergeben ist eine Alternative, wie ich im Kleidungsabschnitt bereits erwähnte. Besonders großartig dafür finde ich die Initiative #EineSorgeWeniger, die sich hauptsächlich über Twitter organisiert. Dort kann man unter Angabe des Hashtags oder über eine Mail an die Organisatoren Dinge anbieten, die vielleicht jemand anderes braucht.

Doch was sind Dinge, die andere gebrauchen können? Neulich habe ich Blöcke mit technischem Zeichenpapier eingestellt. Es wurde viel geteilt, aber scheinbar ist es zu speziell, um die richtigen Personen zu erreichen, falls es überhaupt noch jemand braucht. Dennoch wird das definitiv etwas sein, für das ich eine Liste mit Dingen erstelle, die noch zu gut sind, um sie wegzuwerfen.

Ist recyceln nur eine Alternative, wenn es mir Geld bringt?

Etwas, das mir vermehrt auffällt, ist, dass eigentlich jede Recycling-Option mit einem Geldwert verbunden ist:

  • Pfand auf Glas- und Plasteflaschen, oder sogar Becher auf Veranstaltungen, damit diese wieder zurückgebracht werden.
  • Punktesammel-Aktionen wie bei Terra Cycle, die ab gewissen Mengen Punkte gutschreibt (in dem Fall können sie für Spenden genutzt werden).
  • Oder gar Materialwert, wie bei Altpapier- und Schrott-Sammelstellen.

Es scheint für viele nicht interessant zu sein, sich Gedanken über die Umwelt und den Müll, den wir produzieren, zu machen, wenn es kein Lob oder Gegenwert dafür gibt.

Allerdings sind die Möglichkeiten durch die oben beschriebenen Situationen auch recht eingeschränkt. Wären Informationen und Sammelstellen einfacher zugänglich und nicht über zig Seiten verstreut, könnte ich mir vorstellen, dass zumindest ein paar mehr Leute darüber nachdenken und es vielleicht sogar in ihrem Alltag umsetzen.

[tds_note]Ein Beitrag zum Special #BKUmwelt. Hier findet ihr alle Beiträge.

Foto: Fabelforscher Christian // Illustration: Satzhüterin Pia[/tds_note]

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