Quantenverschränkung und Liebe?

von | 03.04.2019 | Belletristik, Buchpranger

Zufall, Schicksal, Physik – was hat eigentlich einen Einfluss auf unser Leben, auf Beziehungen und Entwicklungen? Dieser Frage geht Katy Mahood in „Die Wege, die wir kreuzen“ nach. Worteweberin Annika hat den Weg des Romans gekreuzt.

Zwei Paare: John und Stella lernen sich an der Uni kennen. Als sie ungeplant schwanger wird, heiraten die beiden. Stella ist nun vor allem Mutter, ihre akademische Arbeit bleibt auf der Strecke. Schließlich wird John auch noch krank und verlernt praktisch alles. Hält die Beziehung der beiden diese Herausforderungen aus?

„Sie schlug die Hände vors Gesicht und versuchte, die richtigen Worte zu finden, um ihm verständlich zu machen, wie es sich anfühlt, von dem gefangen gehalten zu werden, was man am meisten liebt. […] Und dennoch fühlte sie sich in diesem Moment abgehängt, in einem einzigen Seinszustand gefangen, obwohl sie doch so viel mehr war. Mutter, ja, und auch Ehefrau, aber auch Geliebte, Schriftstellerin, Frau.“ (S.101)

Die Liebe von Charlie und Beth hingegen wird vor andere Herausforderungen gestellt: Charlies Hang zum Alkohol, die Anziehungskraft anderer Männer und Frauen, die Erwartungen an die Zukunft, das lange Warten auf ein gemeinsames Kind. Und auch wenn das schließlich doch noch geboren wird, geht es mit den Eltern bald auseinander. Hier ist Charlie die im Roman dominantere Figur der Beziehung.

Quantenverschränkung

Katy Mahoods Roman erinnert thematisch an David Nicholls‘ „Zwei an einem Tag“ und auch Laura Barnetts „Drei mal wir“. In beiden geht es um die Zufälle unseres Lebens und unserer Liebe. Hier, bei Mahood, kreuzen sich immer wieder zufällig die Wege zweier Pärchen, bis sie auf einer anderen Hochzeit schließlich zusammengeführt werden. Diese Begegnungen finden an Scheidewegen für die einzelnen Figuren statt und führen zu kurzem Innehalten. Verglichen wird das durch die Kapitelüberschriften mit einem Phänomen der Quantenmechanik, das die Auswirkungen zweier voneinander entfernter Teilchen aufeinander beschreibt: die Quantenverschränkung. Dieses Phänomen hat John erforscht, bevor er krank wurde, sodass der Bezug auf die Geschichte doppelt motiviert ist.

Schemaliteratur?

Während in Johns und Stellas Beziehung die weibliche Perspektive dominanter ist, erhält im zweiten Pärchen Charlie mehr erzählerischen Raum. Doch auch wenn so eine weibliche und eine männliche Figur im Fokus stehen, wäre es falsch anzunehmen, aus diesen beiden würde schließlich noch ein Paar werden – Glück gehabt also, kein Roman nach Schema F. Letztendlich sind es andere Figuren, die hier zueinander finden.

„Die Wege, die wir kreuzen“ ist kein Wohlfühlroman, eher eine Berg- und Talfahrt, die auch die Negativseiten des Lebens nicht ausspart. Trotz vieler Schicksalsschläge findet sich für die Figuren am Ende so etwas wie ein kleines Happy End. Ein Roman, der sich locker liest und der unterhält, ohne zu stark zu verkitschen.

Die Wege, die wir kreuzen. Katy Mahood. Aus dem Englischen von Gabriela Schönberger. Droemer. 2019.

 

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