Preise den Penis! „Bruno will hoch hinaus“

by Satzhüterin Pia

Nach „Lina, die Ent­de­cke­rin“ ist im Achse Ver­lag das Penis-Pen­dant „Bruno will hoch hin­aus“ erschie­nen – eine Berei­che­rung für Bücher­re­gale, fin­det Satz­hü­te­rin Pia.

Nackt­heit ist für viele Men­schen immer noch mit Scham behaf­tet. Geschlechts­teile bekom­men ver­nied­li­chende Namen und Kin­der ler­nen sel­ten die kor­rek­ten Begriff­lich­kei­ten, wie schon in „Lina, die Ent­de­cke­rin“ nach­drück­lich dar­ge­stellt wurde – mehr dazu in mei­ner Rezen­sion: „Viva la Vulva!“ Es war nur eine logi­sche Kon­se­quenz für den Ver­lag hin­ter die­sem Buch, auch einen Titel über den Penis herauszubringen.

Vorwort bitte lesen!

Ist euch schon ein­mal auf­ge­fal­len, dass sich Nackt­heit in Bil­der­bü­chern oft auf Popos, Brüste und höchs­tens noch Vul­ven beschränkt? Zumeist wer­den nackte Men­schen mit Penis – egal ob jung oder alt – so dar­ge­stellt, dass man die­sen genau nicht sieht … ach­tet mal dar­auf. Im Vor­wort zu „Bruno will hoch hin­aus“ erklä­ren die Macher:innen Sabine Zie­gel­wan­ger, Flo Staf­fel­mayr und Anna Horak ihre viel­fäl­ti­gen Beweg­gründe, dies zu ändern und den Penis in den Mit­tel­punkt zu rücken.

Wer­den Penis und Hoden in Kin­der­bü­chern bei­spiels­weise sel­ten bis gar nicht the­ma­ti­siert, weil man ver­meint­lich viel dar­über weiß? Immer­hin sind sie gut sicht­bar und wer­den mit diver­sen Begrif­fen benannt. „Bei genaue­rer Betrach­tung ent­deckt man jedoch einen ver­letz­li­chen und tabui­sier­ten Intim­be­reich, der stark an gesell­schaft­li­che Ste­reo­type und toxi­sche Männ­lich­keits­bil­der geknüpft ist“, heißt es wei­ter. Die Illus­tra­tio­nen zei­gen die „Viel­falt von Men­schen in Kör­per­lich­keit und Geschlechts­aus­druck“. Nicht zuletzt damit betreibt das Buch jede Menge wich­tige Aufklärungsarbeit.

Unverblümt und direkt

Der kleine Bruno hat den Wunsch, eine Rakete zu bauen und diese ins Welt­all zu schi­cken. Das ist der rote Faden der Geschichte, die in allen Neben­schau­plät­zen den Penis the­ma­ti­siert: wie Bruno im Spie­gel dem wackeln­den Penis zuschaut, wie er über­legt, was für merk­wür­dige Namen sei­nem Geschlechts­teil gege­ben wer­den (Pim­mel, Spatzi und Zip­fel sind nur einige davon) oder auch eine höchst unan­ge­nehme Situa­tion beim Fuß­ball­spie­len! Immer wie­der geht es darum, Ana­to­mie, Beschaf­fen­hei­ten wie beschnit­tene und unbe­schnit­tene Penisse oder auch die rich­tige Pflege beim Duschen zu erläutern.

Auf einer Dop­pel­seite wer­den Men­schen mit Penis gezeigt, wie sie ein­mal als Kin­der und ein­mal als Erwach­sene duschen. Es sind Bru­nos Kame­ra­den aus dem Fuß­ball­team, die er sich in eini­gen Jah­ren vor­stellt. So ler­nen Kin­der, die das Buch lesen und betrach­ten, sehr viel­fäl­tige Kör­per­bil­der ken­nen. Es sind Schwarze Men­schen, rot­haa­rige, bebrillte oder im Roll­stuhl sit­zende zu sehen sowie auch eine trans Frau mit Penis.

Diversität in allen Ecken

Details wie die bun­ten Spiel­zeuge in Bru­nos Zim­mer (von Dino bis Spiel­kü­che, von Astro­nau­ten­an­zug bis Tutu) oder ver­schie­dene Rol­len­bil­der machen das Buch zu einer run­den Sache. Nichts wirkt erzwun­gen. Es berei­tet Freude, durch die Sei­ten zu blät­tern, eine ganz selbst­ver­ständ­lich bunte Welt zu sehen, in der der Papa mit dem Sohn unter­wegs ist, die Mama arbei­ten geht und die Schwarze Frau die Werk­statt um die Ecke lei­tet. Das Fuß­ball­team von Bruno ist ein gemisch­tes Team, in dem sich ver­schie­dene Geschlech­ter, Haut­far­ben und Reli­gio­nen tref­fen und auch ein Kind im Roll­stuhl mitspielt.

Aufklärung bedeutet Prävention

Es wird auch nicht Halt vor dem Thema Selbst­be­frie­di­gung gemacht: „Das ist natür­lich, was Du da spürst. Viele Men­schen mögen das Gefühl, wenn sie sich in unge­stör­ter Umge­bung selbst berüh­ren. […] Dein Kör­per gehört Dir! Und Du bestimmst, wer ihn berüh­ren darf und wer nicht.“ Damit lei­tet die­ser Satz von Bru­nos Papa zu einem beson­ders wich­ti­gen Thema über, das durch scham­be­haf­te­tes Nicht-Reden sehr gefähr­lich wer­den kann. Men­schen, die ein natür­li­ches Kör­per­ge­fühl ent­wi­ckeln – und damit auch ohne Scham mit kor­rek­ten Begrif­fen ihre Geschlechts­teile benen­nen kön­nen – fällt es leich­ter, rich­ti­ges und fal­sches Ver­hal­ten ande­rer Per­so­nen gegen­über sich selbst zu erken­nen und zu benennen.

Bücher wie die über Lina und Bruno berei­chern jedes Bücher­re­gal. Sie klä­ren über ver­meint­lich Selbst­ver­ständ­li­ches auf, das den­noch so viele Geheim­nisse birgt, weil zu viel Scham damit ver­bun­den ist. Es ist an den Eltern, dies zu ändern und für ihre Kin­der leich­ter zu machen. „Bruno will hoch hin­aus“ bie­tet also nicht zuletzt auch zurück­hal­ten­den und unsi­che­ren Eltern eine tolle Mög­lich­keit, Gesprä­che anzu­re­gen und Fra­gen ihrer Kin­der zu beant­wor­ten. Abso­lute Emp­feh­lung für alle Bücher­re­gale von jun­gen und alten Men­schen jeden Geschlechts.

Bruno will hoch hin­aus. Sabine Zie­gel­wan­ger, Flo Staf­fel­mayr, Anna Horak. Achse Ver­lag. 2022.

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