Poesie in der Natur

von | 08.10.2014 | Belletristik, Buchpranger

Der Roman „Das Lied der Stare nach dem Frost“ erschien erstmals 2013 im Pendo-Verlag. Dieses Jahr veröffentlichte der Piper-Verlag die Taschenbuchausgabe. Ein Buch voller Poesie und Spannung, meint Bücherstädterin Janna.

„Wir fassen uns an den Händen und laufen ins Wasser. Wir sinken hinab. Drei kindliche Leiber, die einander in einem stummen Reigen umkreisen. Ich weiß nicht warum, aber das ist für mich die Essenz unserer Kindheit, mein Bild vom Glück: Wir tauchen mit offenen Augen. Wir halten uns fest. Wir wissen noch nicht, dass das aufhören wird.“

Seit dem Tod ihres Bruders ist Rixa, deren voller Name Ricarda lautet, voller Trauer und flüchtet aus der Realität, um den Verlust sowie ihre verpatzte Solokarriere und das schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter zu vergessen. So reist sie als Barpianistin auf Kreuzfahrtschiffen um die Welt, wo sie nirgendwo gebunden ist. Auf den Malediven erhält sie schließlich die Nachricht, dass ihre Mutter tödlich verunglückt ist, und zwar an fast genau derselben Stelle wie Rixas Bruder damals. Sie reist zurück nach Berlin, um sich dort um alles kümmern zu können und findet Dokumente, die ihr Einblick in die Vergangenheit ihrer Familie gewähren…

In diesem Roman werden viele Themenbereiche aufgegriffen: Die Zeit des Nationalsozialismus, in der Rixas Großeltern lebten, der Einmarsch der Russen, geteilte Familien in der BRD und DDR, die Belastung der Enkelgeneration durch den Krieg. Geschildert wird die Geschichte aus der Sicht Rixas, abwechselnd in der Vergangenheit und der Gegenwart. Durch diese Erzählweise kann man sich gut in die verschiedenen Zeitepochen hineinversetzen. Zudem ist der Roman spannend gehalten, denn immer wieder taucht die Frage nach dem Familiengeheimnis auf. Wunderschön sind auch die detaillierten Naturbeschreibungen und die Erzählweise, wenn Rixa in die Vergangenheit abschweift und dem Familiengeheimnis immer näher kommt. Poetische Textstellen verleihen dem Roman an literarischer Schönheit.

„Die Nacht ist sehr klar und birgt eine erste Ahnung von Frost, eine hauchdünne Mondsichel steht über dem See wie gemalt und doch unerreichbar. Oktober. Tagsüber hat die Sonne noch Kraft und die Luft flirrt und stirrt von den Schreien der Wildgänse. Aber jetzt ist es still und der See schwarzes Glas. Sterne spiegeln sich darin und zersplittern im Schlag seiner Ruder.“

„Das Lied der Stare nach dem Frost“ ist ein wunderschön geschriebener Roman mit einer sympathischen Protagonistin, deren Gefühle nachvollziehbar sind. Aufgrund vieler interessanter Themen bietet der Roman viel Abwechslung und spricht somit unterschiedliche Altersgruppen an.

Das Lied der Stare nach dem Frost. Gisa Klönne. Pendo. 2013.

 

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