Nichts für schwache Nerven

by Bücherstadt Kurier

Kevin Powers prä­sen­tiert sei­ner Leser­schaft den unver­blüm­ten Kriegs­all­tag eines jun­gen US-Sol­da­ten im Irak. Der Über­le­bens­kampf des 21-jäh­ri­gen John Bart­les erfährt in sei­ner Dar­stel­lung augen­schein­lich Prä­gun­gen der eige­nen Erfah­run­gen des ehe­mals dort sta­tio­nier­ten Autors. Die erschre­ckende Fest­stel­lung, dass die Fik­tion eine unbe­streit­bare Rea­li­tät beschreibt, ent­fal­tet eine gera­dezu ent­waff­nende Wir­kung. – Von Stadt­be­su­che­rin Jes­sica Bücker

„Das Leben ist Schmerz“ […] und wir waren beide so geblen­det, als wäre die Sonne der ganze Himmel.

Powers Roman beschreibt in einer Zeit­spanne von sechs Jah­ren (2003−2009) Bege­ben­hei­ten aus dem Leben John Bart­les, eines jun­gen US-Sol­da­ten. Die Kapi­tel sind nicht chro­no­lo­gisch ange­ord­net, wodurch der Leser zur Krea­tion der tat­säch­li­chen zeit­li­chen Abläufe ange­regt wird. Die im Mit­tel­punkt ste­hende Geschichte der Freund­schaft zwi­schen John und dem 18-jäh­ri­gen Murph wird vom bru­ta­len Kriegs­all­tag im Irak über­schat­tet. Durch ein Ver­spre­chen, das John Bartle der Mut­ter sei­nes Freun­des Murph gab, ver­pflich­tete er sich dazu, für das Über­le­ben ihres Soh­nes die Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men – eine fatale Ent­schei­dung, die ihn seit­her unab­läs­sig zu belas­ten scheint.

Unver­hoh­len wird der Tod als Bei­geschmack eines nor­ma­len Tages­ab­lau­fes prä­sen­tiert, Ver­lust und Schmerz ste­hen auf der Tages­ord­nung. Der Tod ist jedoch nicht nur im Kri­sen­ge­biet zum Grei­fen nahe, denn John nimmt die Angst und die Trauer bei sei­ner Rück­kehr mit in die Hei­mat. Wäh­rend es im Irak das oberste Gebot war zu über­le­ben, wächst in ihm nun, zurück in Ame­rika, der Wunsch zu ster­ben. Der Roman wirkt trotz der per­ma­nen­ten Behand­lung von Tod unglaub­lich leben­dig; durch die prä­zi­sierte Dar­stel­lung der Gedan­ken Bart­les und die detail­ge­treue Beschrei­bung sei­ner Umge­bung. Der bild­hafte Schreib­stil des Autors kre­iert eine genaue Vor­stel­lung der Gescheh­nisse in den Köp­fen der Leser.

Kevin Powers beschö­nigt durch­aus nichts. Durch die detail­lierte Beschrei­bung der Umge­bung und Emo­tio­nen, ist das Leid des Prot­ago­nis­ten unmit­tel­bar nach­zu­voll­zie­hen und schafft bei der Leser­schaft Bewusst­sein für das Glück in einer fried­li­chen Umge­bung leben zu dür­fen. Es wirkt nahezu wie eine Ver­ar­bei­tung von Din­gen, die dem Autor in ähn­li­cher Weise wider­fah­ren sein mögen. Der Roman erscheint als ein Gemisch aus phi­lo­so­phi­schen Fra­gen nach dem Sinn des Lebens und aus der grau­sa­men Beschrei­bung von Kriegs­ak­ti­vi­tä­ten. Es emp­fiehlt sich somit nicht der zart besai­te­ten Leser­schaft, son­dern ver­mag sich Aner­ken­nung bei Rezi­pi­en­ten mit muti­gem Blick für die harte Rea­li­tät zu verschaffen.

Die Sonne war der ganze Him­mel. Kevin Powers. Über­set­zung: Hen­ning Ahrens. Fischer. 2014.

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