Newt Scamander und der Schatten des Kindheitshelden

von | 13.12.2016 | Filme, Filmtheater

Wie macht man aus der 2001 erschienenen, 93 Seiten langen Monsterfibel „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ einen Film – oder wie in diesem Fall sogar gleich fünf? Dies zeigt David Yates, der bereits bei den letzten drei Teilen der Harry Potter-Filme im Regiestuhl saß, derzeit an dem gleichnamigen Film. Geschichtenerzähler Adrian hat sich diesen angeschaut.

Fünf Jahre nach dem letzten Film des Zauberschülers Harry Potter erweckt David Yates zusammen mit Potter-Autorin Joanne K. Rowling, welche hier ihr Drehbuchdebüt gibt, wieder einmal die Welt rund um Zauberer, Muggel und Magie zum Leben. Doch kann dieser Film in die großen Fußstapfen von Harry Potter treten?

New York, New York im Jahr 1926. Geburtsjahr von Tom Riddle alias Voldemort, der Schwarzmagier Gellert Grindelwald mordet sich „für das größere Wohl“ quer durch die Welt. Ebenso ist es auch das Jahr, in dem der junge Magizoologe Newt Scamander (gespielt von Oscar-Preisträger Eddie Redmayne) mit einem Schiff am Hafen von New York ankommt. Im Gepäck hat er einen Koffer voller magischer Geschöpfe.
Doch es kommt wie es kommen muss: Durch eine unglückliche Verwechslung gelangt Newts Koffer in die Hände des No-Maj – die amerikanische Bezeichnung für Muggel/Nicht-magische Person – Jacob Kowalski (Dan Fogler), der den Koffer, welchen er für seinen eigenen hält, öffnet und so einige der magischen Tierwesen entkommen lässt. Das hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt geschehen können, denn zur gleichen Zeit wütet ein unbekanntes, magisches Wesen in New York und hetzt die No-Maj gegen die Zaubererwelt auf.

Newts Aufgabe ist es nun, gemeinsam mit Jacob und der ehemaligen Aurorin Porpentina Goldstein (Katherine Waterstone) die aus dem Koffer entflohenen Tierwesen wieder einzufangen und in Sicherheit zu bringen. Denn auch das amerikanische Zaubereiministerium – MACUSA – und der Auror Percival Graves (Collin Farrell) sind auf der Jagd nach Newts Zauberwesen, die sie für die Verwüstung verantwortlich machen. Doch was steckt hinter der Zerstörung und welche Rolle spielt der junge Credence (Ezra Miller) dabei?

Die magische Welt der Joanne K. Rowling

Die Harry Potter-Autorin Joanne K. Rowling hat es ein weiteres Mal geschafft. Schon in den Geschichten rund um den Zauberschüler und seinem Kampf gegen den Dunklen Lord erschuf sie eine Welt voller Wunder und Magie, welche Millionen Jugendliche in ihren Bann zog. Jedes Jahr aufs Neue durchstreiften die Leser mit ihren Helden zusammen die magische Welt. Mit „Harry Potter und der Stein der Weisen“ kam 2001 diese Magie zum ersten Mal auf die große Leinwand und es folgten sieben weitere Filme.
Auch 2016 mit „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ schafft es Rowling erneut, ihre fantasievolle Welt authentisch und beinah realitätsnah rüberzubringen. Die Tierwesen sind von süß über lustig bis hin zu majestätisch eindrucksvoll animiert und man hat in keinem Moment das Gefühl, dass sie nur die Schöpfung eines Computers seien.
Jedoch…

Die andere Seite der Medaille

Wie schön es auch ist, zurück in dieser zauberhaften Welt zu sein, so unglücklich könnte die Geschichte stimmen, oder eher die Löcher – Plotholes – darin. Es wirkt so, als hätte Rowling versucht, zu viel Inhalt in zwei Stunden zu erzählen. Am meisten leiden darunter die Charaktere und ihre Authentizität. Fast keine der Figuren schafft es Tiefe zu entwickeln und wirklich zu begeistern, geschweige denn dass man als Zuschauer mit ihnen mitfiebern könnte.
Dan Fogler als No-Maj Jakob Kowalski ist der tollpatschige aber liebenswerte Trottel, den man zwar mag, der aber ansonsten leider keine weiteren großartigen Charakterzüge aufweisen kann. Collin Farrell spielt manche Szenen so überdramatisiert, dass man denken könnte, er käme frisch von der Schauspielschule und Johnny Depp wirkt während seines sehr kurzen Auftritts als Grindelwald eher wie ein verkappter Hutmacher – fehlt nur noch das Lächeln mit der Zahnlücke.
Einzig und allein Eddie Redmayne schafft es um die Schwächen des Drehbuchs so gut es geht herumzuspielen und eine tolle Leistung als Newt Scamander hinzulegen. Wie schon in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“, wofür er auch den Oscar als bester Hauptdarsteller erhielt, spielt er hier wieder den leicht schüchternen Nerd, der erst in seiner Leidenschaft voll und ganz aufgeht – hier bei seinen geliebten Tierwesen.

Fazit

„Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ schafft es nicht aus dem Schatten von Harry Potter zu treten. Obwohl die Geschichte einige gute Ansätze hat, gelingt es ihr nicht sich zu entfalten. Sie lässt viele Fragen offen, die, da die Geschichte um Newt Scamander und die anderen Protagonisten so ziemlich abgeschlossen scheint, wahrscheinlich nie beantwortet werden. Einzig die wundervolle Welt und die Tierwesen überzeugen.

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind. Regie: David Yates. Drehbuch: Joanne K. Rowling. Darsteller: Eddie Redmayne, Katherine Waterstone, Ezra Miller u.a. Warner Bros. Kinostart: 17.11.2016.

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2 Kommentare

  1. Avatar

    Danke für die interessante Filmbesprechung!
    Es lässt sich gar nicht mehr bezweifeln, dass die Harry-Potter-Welt noch lange Zeit in diversen Medien benutzt wird. Wir werden sehen, wie sich das weiterentwickelt und ob es dabei letztendlich mehr um Geld oder die Geschichte geht. Ich kann mich daran erinnern, dass das erste Mal Harry-Potter lesen dazu geführt hat, dass ich noch mehr von dieser Zaubererwelt wollte. Mehr als nur immer Harry. Ich werde mir den Film auch ansehen, vermutlich aber nur noch aus Schaulust, denn inzwischen locken mich die ulkigen Wesen mehr. Gibt es denn davon titelgetreu viel zu sehen oder kommen die Kreaturen nur selten und kurz vor?

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    • Avatar

      Wenn du es dir einzig wegen der Tierwesen anschauen willst, kann ich ihn dir empfehlen, da sie recht umfangreich in Story beeinflussen und so auch eine hohe Screentime haben.

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