Motivation in Pink

von | 22.12.2018 | Buchpranger, Sach- und Fachbücher

„Ich bin Feministin.“ Lange hatte ich den Eindruck, dass dieser Satz regelrecht verpönt war. Feminist*innen schienen geradezu furchterregend zu sein, so selten wollten sich Frauen (geschweige denn Männer) mit ihnen identifizieren. Das scheint sich jetzt zu ändern, wie „The Future Is Female“ zeigt. – Von Zeilenschwimmerin Ronja

Herausgegeben von der Autorin und Aktivistin Scarlett Curtis vereint „The Future Is Female – Was Frauen über Feminismus denken“ eine große Bandbreite von Beiträgen, die so unterschiedlich sind wie ihre Autorinnen. Das Angebot reicht von wirklich sehr kurzen Beiträgen, die nicht einmal eine Seite umfassen, über erzählende Artikel und sogar Poesie bis zu Erfahrungsberichten und Kommentaren. Genauso vielfältig sind die Gefühle, die diese Texte auslösen können. Ein großer Teil davon ist inspirierend und motivierend. Einige Berichte zeigen die Ernüchterung, die frau durchaus verspüren kann, und sorgen gleichzeitig dafür, dass diese nicht überhandnimmt. Manche Texte sind zornig, andere weisen sachlich auf Missverhältnisse hin und wieder andere machen deutlich, was alles schon erreicht wurde.

Dieser Sammelband wirbt mit den Namen berühmter Frauen wie Emma Watson (S. 396-403) und Keira Knightley (S. 155-160), deren Beiträge auch wirklich lesenswert sind. Erstere gibt Literaturempfehlungen, die der BK gerne unterstützt, und letztere schreibt mit beeindruckender Inbrunst und Ehrlichkeit über die Geburt ihrer Tochter. Ob und wie viele andere Namen dir etwas sagen oder nicht, spielt jedoch für die Wirkung der Texte keine Rolle. Viele der Beiträge, die mich beim Lesen am meisten bewegten, stammen von Frauen, deren Namen mir überhaupt nichts sagten.

„Feminismus ist heute wichtiger denn je.“ (Stefanie Lohaus, S. 361)

Die Beiträge stammen zu einem großen Teil von Schauspielerinnen und einigen Aktivistinnen. Andere Professionen sind dagegen kaum bis gar nicht vertreten. Die Namensvielfalt allerdings zeigt, dass Wert auf ein breites kulturelles Abbild gelegt wurde, auch wenn sich die Mehrheit der Beiträte auf Zustände in den USA bezieht. Die deutsche Ausgabe allerdings wurde erfreulicher Weise um sechs Beiträge ergänzt. Dadurch wird auch auf Entwicklungen Bezug genommen, die Europa und Deutschland im Speziellen betreffen. So macht etwa Katrin Bauerfeind (S. 95-99) deutlich, warum Feminismus im Allgemeinen und auch hierzulande noch immer wichtig ist, Tijen Onaran (S. 314-322) gibt ausgehend von ihren Erfahrungen motivierenden Zuspruch und Stefanie Lohaus (S. 352-361) geht auf aktuelle politische Entwicklungen ein.

„Wir sind nicht das schwächere Geschlecht.“ (Keira Knightley, S. 160)

Und ja, es wird auch körperlich. Feminismus lässt sich ohne den Kampf gegen Sexismus und den Bruch von Tabus, mit denen die Eigenschaften des weiblichen Körpers belegt sind, nicht denken. So offen die Autorinnen hier auch über die Periode, die Vulva, Sex und Geburt schreiben mögen, sie alle kennen die Scham, die das Sprechen über diese Themen immer noch mit sich bringt.

Auf Grund seiner Vielfältigkeit und nicht-wissenschaftlichen Herangehensweise richtet sich dieser Sammelband an alle – ja, unbedingt auch an Jungs und Männer, denn Feminismus ist kein Kampf gegen das männliche Geschlecht, sondern für Gleichberechtigung aller Geschlechter –, die gerade in das Thema Feminismus einsteigen (für einen Einstieg in die Geschichte des Feminismus ist der Essay von Claire Horn empfehlenswert – S. 371-394), und auch an bereits bekennende Feminist*innen und jene, die noch oder wieder im Zweifel darüber sind, ob und womit sie sich da eigentlich (nicht) identifizieren.

Ich bin Feministin.

[tds_council]Anmerkung: Der Titel „The Future Is Female“ wird sicher nicht bei allen Feminist*innen auf Zustimmung treffen. Es gibt den Vorwurf, dass dieser schon länger kursierende Satz Inter- und Transsexuelle ausschließt. Diese Kritik möchte ich nicht weiter aufgreifen. Wie es so schön heißt: Das Kind muss einen Namen haben. Der Titel der englischen Originalausgabe ist „Feminist Don’t Wear Pink (and other lies).“[/tds_council]

The Future Is Female – Was Frauen über Feminismus denken. Scarlett Curtis (Herausgeberin). Mit Beiträgen von: Emma Watson, Keira Knightley, Katrin Bauerfeind u.v.m. Mit Übersetzungen von: Antje Althans, Katrin Harlaß, Elke Link, Kristin Lohmann, Johanna Ott und Sophie Zeitz. Goldmann. 2018.

 

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