Mirjam Phillips im Interview

von | 27.10.2018 | #Todesstadt, Buchpranger, Im Interview, Specials, Stadtgespräch

„Manchmal schnappe ich unterwegs in der Straßenbahn oder im Kaufhaus einen Satz auf, der in meinem Kopf herumspukt. Oft sind es Orte, Bilder oder Menschen, die mich inspirieren.“

Poesiearchitektin Lena hat Mirjam Phillips bei einem Uniseminar kennengelernt, das sich um Serienmörder, Kurzkrimis und die Lust am Schreiben gedreht hat. Für unser Todesstadt-Special hat sich die Autorin einigen Fragen rund um das Genre Krimi gestellt. Außerdem verrät sie, was das Seltsamste war, das ihr bisher passiert ist, und was sie inspiriert.

BK: Wieso haben sie an Krimis mitgearbeitet und nicht an Liebesromanen oder Fantasy-Büchern?

MP: Weil ich selber am liebsten Krimis lese. Das Genre umfasst ein breites Spektrum: Es kann um eine dramatische Liebesbeziehung oder aber um aktuelle Missstände oder auch um historische Ereignisse gehen, in die der Plot eingearbeitet ist. Die Kriminalromane von Volker Kutscher, dessen Geschichten im Berlin der Zwanzigerjahre spielen und die Vorlage für die Serie „Babylon Berlin“ waren, sind ein wunderbares Beispiel für Letzteres. Vom Gruselfaktor bis zum Humorigen – im Krimi ist für alles Platz.

BK: Haben sie eine bevorzugte Mordwaffe in ihren Geschichten?

MP: Nein. Zuerst kommen die Figuren. Dann suche ich eine Waffe, die zu ihnen und zur Handlung passt.

BK: Was ist das Gruseligste oder Seltsamste, das Ihnen bisher passiert ist?

MP: Mir ist schon allerhand Seltsames passiert. Hier ist ein Beispiel: Als Jugendliche musste ich einmal auf der Fähre von Harwich nach Hoek van Holland meine Kabine mit einer verschrobenen alten Frau teilen, die ihren Kanarienvogel mitgenommen hatte. Sie glaubte an Seelenwanderung und war fest davon überzeugt, dass dieser Vogel ihr verstorbener Sohn sei. So redete sie dann auch nachts mit ihm. Ich hatte große Mühe einzuschlafen und verpasste am folgenden Morgen meinen Zug nach Bremen.

BK: Woher bekommen Sie Ihre Ideen zum Schreiben?

MP: Das kann ein kurzer Zeitungsartikel oder auch nur eine Überschrift sein. Manchmal schnappe ich unterwegs in der Straßenbahn oder im Kaufhaus einen Satz auf, der in meinem Kopf herumspukt. Oft sind es Orte, Bilder oder Menschen (siehe Frage 2!), die mich inspirieren.

BK: Wer ist ihr Lieblingskrimi- oder Gruselautor und wieso?

MP: Ganz besonders möchte ich in diesem Zusammenhang meine Mentoren Klaus-Peter Wolf, Jürgen Alberts und Christiane Franke erwähnen, von denen ich jede Menge lernen durfte und darf. Alle drei haben mein schriftstellerisches Leben enorm bereichert.

Was ich lese, ist stimmungsabhängig. Mal möchte ich mich unterhalten und informieren, mal abschalten und schmunzeln oder in einem tempo- und actionreichen Thriller versinken. Es gibt etliche deutsche Autoren und Autorinnen, deren Krimis ich gerne lese, wie zum Beispiel Wolfgang Schorlau und Volker Kutscher oder Mechthild Borrmann und Elisabeth Herrmann. Ich liebe aber die Vielfalt und lese besonders gerne Krimis und Thriller aus anderen Ländern.

BK: Wie fühlt es sich an, das eigene Buch in den Händen zu halten?

MP: Bis jetzt habe ich nur eine Reihe von Kurzkrimis, Kurzgeschichten und Gedichten geschrieben, die veröffentlicht wurden, und selber zwei Anthologien herausgegeben. Aber es ist immer ein schönes Gefühl, wenn man ein fertiges Buch in den Händen hält und seinen Namen liest. Einen Roman möchte ich in den kommenden Jahren auch noch in Angriff nehmen, aber die Idee ist noch nicht ganz ausgereift.

BK: Wieso lesen Ihrer Meinung nach so viele Menschen Krimis?

MP: Weil ein guter Krimi beziehungsweise Thriller einen Sog entwickelt, dem man sich nicht mehr entziehen kann. Außerdem macht es den Lesern bei einem cleveren Whodunnit Spaß, mit zu ermitteln und sich am Ende doch verblüffen zu lassen.

BK: „Die Kellertür knarrte, als ich sie verängstigt öffnete, um herauszufinden, woher die Schritte kamen…“ Bitte führen sie die Situation in 5 Sätzen weiter.

MP: Die Kälte ließ mich frösteln. Ich drückte auf den Lichtschalter, aber der Keller blieb ein gähnender, finsterer Schlund. Wollte Lars vorhin nicht die Sparlampe auswechseln? „Lars?“, rief ich in die Dunkelheit. „Bist du noch da unten?“ Nichts rührte sich. Vorsichtig tastete ich mich die steilen Stufen hinunter… (Sorry, das sind schon mehr als fünf Sätze.)

BK: Haben sie einen Lieblingspsychopathen aus Büchern oder Filmen?

MP: Serienmörder sind ja eher nicht zum Liebhaben… Beeindruckt hat mich allerdings Anthony Hopkins als Hannibal Lecter in „Das Schweigen der Lämmer“. Er schafft es permanent, in den Köpfen der Zuschauer präsent zu sein, obwohl man ihn im ganzen Film nur 12 Minuten sieht.

BK: Herzlichen Dank Frau Phillips und weiterhin viel Erfolg!

[tds_note]Ein Beitrag zum Special #Todesstadt. Hier findet ihr alle Beiträge.[/tds_note]
Foto: privat
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