Magie oder Wahnsinn – wie kann man Mädchen am besten brechen

by Bücherstädterin Jasmin

„The Grace Year“ ver­spricht eine span­nende Mischung aus Magie und Femi­nis­mus in einem leicht dys­to­pi­schen Set­ting. Ob die Umset­zung gelun­gen ist, ver­rät Bücher­städ­te­rin Jas­min.

The Grace YearJedes Jahr wer­den alle 16-jäh­ri­gen Mäd­chen von Gar­ner County in die Wild­nis ver­bannt. In „The Grace Year“ müs­sen sie ein Jahr lang allein in einem klei­nen Lager über­le­ben, denn nur so kön­nen ihre magi­schen Fähig­kei­ten, vor denen sich die Män­ner so fürch­ten, aus­ge­trie­ben wer­den. Über die Gescheh­nisse darf danach nie wie­der gere­det wer­den. Alles was in die­sem Jahr pas­siert, bleibt auf ewig ver­bor­gen. Für Tier­ney James steht die­ses Gna­den­jahr kurz bevor. Danach wird sie ent­we­der ver­hei­ra­tet oder muss als Arbei­te­rin bis zu ihrem Tod schuf­ten, falls sie zurück­kom­men sollte. Zusam­men mit den ande­ren Mäd­chen aus ihrem Jahr­gang bricht sie auf und merkt schnell, dass nicht nur die Wil­de­rer ein Pro­blem dar­stel­len, es sind vor allem die Mäd­chen, die sich selbst zum Ver­häng­nis werden.

Hohe Erwar­tun­gen wur­den schnell zu einer gro­ßen Enttäuschung

Der Roman beginnt sehr stark, man wird sofort in die män­ner­do­mi­nierte Welt von Tier­ney geris­sen und kann es kaum erwar­ten, zu erfah­ren, was ihr wäh­rend des Gna­den­jah­res wider­fah­ren wird. Auch die Prot­ago­nis­tin selbst wirkt mit ihrem rebel­li­schen und intel­li­gen­ten Cha­rak­ter sehr sym­pa­thisch, wes­halb meine Erwar­tun­gen an den wei­te­ren Ver­lauf der Geschichte sehr hoch waren. Lei­der wurde ich enttäuscht.

Wäh­rend es anfangs noch schien, als wür­den sich die Mäd­chen zusam­men­schlie­ßen, um nicht nur das Gna­den­jahr zu über­ste­hen, son­dern auch um lang­fris­tig etwas an ihrer unter­drück­ten Posi­tion zu ändern und für Gleich­be­rech­ti­gung zu kämp­fen, schlägt das Buch schnell eine ganz andere Rich­tung ein. Der Groß­teil des Jah­res erin­nert an einen Zicken­krieg klei­ner Mäd­chen. Von Zusam­men­halt und Femi­nis­mus kann nicht die Rede sein, statt­des­sen ist Tier­ney die Ein­zige, die die Pro­bleme der Gesell­schaft ändern möchte, was auch regel­mä­ßig erwähnt wer­den muss. Das ist zumin­dest der Fall, bevor noch eine Lie­bes­ge­schichte dazwi­schen gequetscht wird.

Liebe als Form des Wahnsinns

Von einem Moment auf den ande­ren scheint ihre rebel­li­sche Ader kom­plett aus­zu­set­zen, nun möchte sie nur noch flie­hen, um ein sor­gen­lo­ses Leben mit einem ihr größ­ten­teils frem­den Mann zu füh­ren. Ins­ge­samt weicht der Haupt­teil stark von der eigent­li­chen Idee des Buches ab, wodurch ich mit der Zeit nur noch mit dem Kopf schüt­teln konnte. Nicht nur, dass Tier­ney zu Anfang des Jah­res als tra­gi­sche Hel­din dar­ge­stellt wird, die als ein­zige in der Lage ist, ratio­nal zu den­ken, und es schließ­lich doch nicht schafft, gegen den Wahn­sinn der ande­ren zu sie­gen, son­dern auch dass sich ihr Cha­rak­ter der unnö­ti­gen Lie­bes­ge­schichte anpas­sen musste, fand ich traurig.

Umso über­ra­schen­der war dafür das über­zeu­gende Ende. Vor allem die letz­ten Kapi­tel schaf­fen es, die Geschichte gut abzu­run­den und auch der lang ersehnte Femi­nis­mus ist nun zu erken­nen. Es endet zwar nicht, wie ich es mir zu Anfang erhofft habe, aber die letz­ten Sei­ten erin­nern mich an den star­ken Anfang.

Ins­ge­samt hatte „The Grace Year“ viel unge­nutz­tes Poten­zial, das im Haupt­teil links lie­gen gelas­sen wurde. Die Grund­idee hin­ter der Geschichte finde ich immer noch sehr stark, doch die Umset­zung ist lei­der nicht gut gelungen.

The Grace Year: Ihr Wider­stand ist die Liebe. Kim Lig­get. Über­set­zung: Bir­git Salz­mann. Dress­ler. 2020.

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