Lichtblick im Dunkel der Nacht „Der Klang von Licht“ von Clara Maria Bagus

Der Klang von LichtAm Him­mel strahlt der Voll­mond in die dunkle Nacht, als die Schick­sale von vier Men­schen in Clara Maria Bagus‘ Roman „Der Klang von Licht“ mit­ein­an­der ver­wo­ben wer­den. Auch Sei­ten­tän­ze­rin Michelle-Denise sah in der Dun­kel­heit das Licht des Mon­des. Und die Kra­ni­che fliegen.

Aus unter­schied­li­chen Grün­den sind die drei Prot­ago­nis­tin­nen und der Prot­ago­nist am Ende ihrer Kräfte. Teil­weise so weit, dass sie am liebs­ten, jede und jeder für sich, ihrem Leben ein Ende set­zen und ganz aus der Welt ver­schwin­den wol­len. Im Dun­kel der Nacht schei­nen sich jedoch, nach Jahr­zehn­ten der Unwis­sen­heit und Ver­zweif­lung, die dra­ma­ti­schen Ver­bin­dun­gen ihrer Schick­sale all­mäh­lich zu offenbaren.

Vom Leben gezeichnete Persönlichkeiten

Erneut ist es der Autorin gelun­gen, durch bild­hafte Spra­che und unaus­weich­lich vor­her­be­stimmte Begeg­nun­gen, wie sie nur das Leben schreibt, zu über­zeu­gen. Sie ver­bin­det nicht nur geschickt die Schick­sale der vier Haupt­cha­rak­tere mit­ein­an­der, auch die Neben­cha­rak­tere sind aus­drucks­starke Per­sön­lich­kei­ten, die vom Leben gezeich­net wur­den und täg­lich mit ihrem Schick­sal zu kämp­fen haben.

Obwohl jede und jeder mit den eige­nen Pro­ble­men umzu­ge­hen hat, wird deut­lich, dass sie nicht nur auf sich fokus­siert sind. Kreu­zen sich die Wege der Figu­ren, so ent­ste­hen äußert weise und inter­es­sante Gesprä­che, die auch den Lese­rin­nen und Lesern Hil­fe­stel­lung im Umgang mit den Schwie­rig­kei­ten des Lebens geben kön­nen. Manch­mal direkt, manch­mal indi­rekt, aber immer emo­tio­nal und gefühlvoll.

Weisheit, Glück und Treue

Eines haben die Prot­ago­nis­tin­nen und der Prot­ago­nist gemein­sam: In aus­weg­lo­sen Momen­ten, auf ihrem per­sön­li­chen Schei­de­weg, bli­cken sie hin­auf in den Him­mel und sehen Kra­ni­che im Licht des Voll­monds vor­bei­flie­gen. Diese kur­zen Beschrei­bun­gen erschei­nen zunächst unbe­deu­tend und zufäl­lig, könn­ten aber tat­säch­lich nicht bedeut­sa­mer sein, denn der Kra­nich ist ein Glücks­vo­gel. Das Tier steht für Weis­heit, Glück und Treue: eben­jene Dinge, die Ein­zug in das Leben aller Cha­rak­tere hal­ten wer­den, auch wenn sie gerade in die­sen Momen­ten nicht mehr damit rechnen.

Aber auch das Licht hält all­mäh­lich Ein­zug in die Geschichte. Wäh­rend viele pre­käre Situa­tio­nen vor­wie­gend in den dunk­len Abend­stun­den statt­fin­den, spie­len sich die posi­ti­ven Momente tags­über ab. Erst gegen Ende des Romans wird das Dun­kel des Abends durch unvor­her­seh­bar posi­tive Wen­dun­gen erhellt.

Nach­dem Bagus‘ Roman „Die Farbe von Glück“ direkt zu einem mei­ner Lieb­lings­bü­cher avan­ciert ist, den ich schon mehr­fach Men­schen aus mei­nem per­sön­li­chen Umfeld ans Herz gelegt habe, hatte ich große Erwar­tun­gen an ihren neuen Roman. Jedoch hat mich „Der Klang von Licht“ beim Lesen nicht so beein­druckt wie „Die Farbe von Glück“. Es fiel mir schwer, kon­ti­nu­ier­lich zu lesen und mich am nächs­ten Tag wie­der in die Geschichte ein­zu­fin­den. Beson­ders die Prot­ago­nis­tin­nen konnte ich meist nur schwer aus­ein­an­der­hal­ten. Zu ähn­lich schie­nen mir ihre Schick­sale. Zu düs­ter wirk­ten die Hand­lungs­orte und die Gedan­ken der Cha­rak­tere auf mich. Bereits auf den ers­ten Sei­ten wird man mehr­fach mit dem Thema Sui­zid kon­fron­tiert und es dau­ert einige Kapi­tel, bis sich die Schwere lang­sam löst. Obwohl „Der Klang von Licht“ nicht an Bagus‘ vor­he­ri­gen Roman her­an­kommt, über­zeugt er den­noch durch die bild­hafte Spra­che und schick­sal­haf­ten Geschich­ten aus dem Leben.

Der Klang von Licht. Vom Ver­schwin­den und Sich-Fin­den. Clara Maria Bagus. Piper. 2022.

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