Kommando Abschiednehmen

von | 26.08.2022 | Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher

Im neuen Kinderbuch des Schauspielerehepaars Sarah und Samuel Koch, „Das Kuscheltier-Kommando: Auf Wiedersehen, Leila – Loslassen ist nicht leicht“, versuchen die Kuscheltiere ihrem Freund beim Abschiednehmen zu helfen. Die Idee hat Seitentänzerin Michelle-Denise gefallen, die Umsetzung hakt leider etwas.

Durch seine Reisen, Vorträge und nicht zuletzt Besuche in klinischen Einrichtungen ist Samuel Koch häufig Kindern begegnet, die in ihm den Wunsch geweckt haben, für sie ein Buch zu schreiben. Es sollte sich dabei um eine Geschichte über wahre Stärke, verpackt in einer besonderen Erzählform handeln. Seine Frau Sarah war sofort angetan von der Idee und so entstand „Das Kuscheltier-Kommando“. Bei „Das Kuscheltier-Kommando: Auf Wiedersehen, Leila – Loslassen ist nicht leicht“ handelt es sich bereits um den zweiten Band dieser Reihe.

Das Kuscheltier-Kommando ist eine bunte Truppe unterschiedlicher Kuscheltiere, die bei dem Jungen Fred im Kinderzimmer wohnt. Gemeinsam stehen sie sich in schwierigen Situationen unterstützend zur Seite und wollen Mut machen. Als Freds Cousine Suse ihren Geburtstag mit dem Kuscheltier-Kommando und Fred feiert, kippt plötzlich die Stimmung. Suse und ihr Stofflamm Leila werden wegziehen. Weit weg. Für Fred und seinen Plüschesel Eduard bricht eine Welt zusammen. Das Kuscheltier-Kommando steht vor einem neuen Einsatz: Kommando Trösten!

Fehlende Perspektiven

Bereits auf den ersten Seiten beginnt die Tragik der Geschichte. Sowohl das Kuscheltier-Kommando als auch Fred werden mit dem Umzug von Suse und Leila konfrontiert. Ab diesem Moment dominiert eine traurige und leicht panische Stimmung das Geschehen. Während Fred seinen Tränen freien Lauf lässt und zunächst alleine sein will, entschließt er sich später eigenständig, das Unabwendbare anzunehmen und sich von Suse zu verabschieden. Er scheint seine Trauer allein zu bewältigen, oder zumindest nicht auf die Hilfe des Kuscheltier-Kommandos angewiesen zu ein.

Der Esel Eduard dagegen reagiert auf die Neuigkeiten mit Flucht und zerstörerischer Wut. In kürzester Zeit hat er das Kinderzimmer verwüstet, in dem zuvor friedlich gespielt wurde. Als wäre dies noch nicht genug, begibt er sich auf das Dach des Wohnhauses und gerät durch das Abrutschen seiner Hufe in eine Gefahrensituation, aus der ihn das Kuscheltier-Kommando versucht zu befreien.

Ich war ein wenig schockiert, dass die Trauer Eduards so weit erzählt wird, dass er sich auf das Dach zurückzieht. In meinen Augen ist das eine gefährliche Darstellung vom Umgang mit Trauer und Wut, die kleinen Kindern nicht unbedingt so vermittelt werden sollte. Des Weiteren habe ich mich ein wenig mit der militärischen Erzählweise des Kuscheltier-Kommandos schwer getan. So sagt Esel Eduard bestimmt „Kommando Verabschieden? Kommando Winken? Niemals!“, als er wutentbrannt von dannen zieht und das Kuscheltier-Kommando beginnt die Suche nach ihm mit den Worten „Kommando Esel!“. Selbstverständlich lässt der Titel bereits erahnen, dass Dinge in Befehlen ausgeführt werden könnten, aber in der Umsetzung empfand ich es als zu kühl.

Während der gesamten Handlung wird nicht darauf eingegangen, wie Suse oder Leila sich fühlen, obwohl sie es sind, die umziehen werden. So kann man nur erahnen, dass beide anscheinend schon länger in die Umzugspläne der Eltern eingeweiht waren.

Irgendwie wirkt die Geschichte dadurch nicht rund auf mich. Zum einen steht am gleichen Tag, an dem der Geburtstag von Suse gefeiert wird, der Umzug an. Zum anderen fehlen mir die Sichtweisen von Suse und Leila sowie die Trauerbewältigung von Fred. Die Autoren hätten die Geschichte noch um diese Informationen ergänzen können.

Diversität und Liebe zum Detail

Ohne Vorwissen aus dem ersten Band ist es schwierig, sich in die Geschichte einzufinden. Ich hätte eine kurze Vorstellung des Kuscheltier-Kommandos schön gefunden, da sich mir nicht auf Anhieb erschlossen hat, welche Kuscheltiere zum Kuscheltier-Kommando gehören, wie diese heißen und was genau ihre Aufgabe im Team ist.

Das Buch überzeugt jedoch von der ersten bis zur letzten Seite durch liebevolle und farbenfrohe Zeichnungen. Besonders hervorzuheben ist dabei die dargestellte Diversität, die sich durch die abgebildeten Charaktere zeigt. Während Suses Vater blasse Haut und rote Haare und ihre Mutter sowohl dunkle Haut und Haare hat, haben Suse und ihr neugeborenes Geschwisterchen einen leicht dunklen Teint und hellbraune Haare.

Wenn man das Buch aufschlägt, findet man eine fast durchgängig in Brauntönen gehaltene Doppelseite mit einer Handvoll Momentaufnahmen von Fred, Suse, Leila und Eduard, auf denen sie fröhlich miteinander spielen. Auf der letzten Doppelseite des Buches wird dieses Design erneut aufgegriffen. Dieses Mal werden jedoch lediglich Bilder von Suse und Leila aus ihrer neuen Heimat gezeigt. Die Momentaufnahmen lassen durch die abgebildete Flora und Fauna vermuten, dass es sich um einen Ort in Afrika handeln könnte. Sie zeigen die beiden mit neuen Freunden: Suse inmitten von Kindern beim Fußballspielen und Leila umarmt einen echten Esel.

Aber auch auf den einzelnen Seiten der Haupthandlung gibt es allerhand zu entdecken. Mit viel Liebe zum Detail werden einzelne Situationen genau abgebildet, wie zum Beispiel die einzelnen Orte, an denen nach Eduard gesucht wird. Es lohnt sich, die Spielsachen im Hintergrund dabei genau zu betrachten, denn dort passieren auch interessante Veränderungen, die sich unauffällig in das Geschehen einfügen.

Durch die kurzen Textpassagen in großer Schrift eignet sich das Buch auch für Erstleserinnen und Erstleser, aber ich würde es eher als Vorlesebuch empfehlen, da sich nicht alle Charaktere anhand des Textes zuordnen lassen und dieses womöglich etwas frustrierend sein kann, wenn man alleine liest. Die Geschichte bedarf an der einen oder anderen Stelle Erklärung, zum Beispiel wenn Eduard auf dem Dach seiner Trauer freien Lauf lässt.

Das Buch besticht durch seine Zeichnungen, aber die Geschichte an sich empfinde ich nicht als rund.

Das Kuscheltier-Kommando: Auf Wiedersehen Leila – Loslassen ist nicht leicht. Samuel Koch & Sarah Koch. Illustration: Nadine Y. Resch. Edel. 2022.

Michelle-Denise Oerding

Michelle-Denise Oerding

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