(K)ein Garten Eden

von | 05.02.2020 | Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga

Charles Darwins Evolutionstheorie prägt heute unser Denken über die Welt. Von den Abenteuern der Reise, die den Grundstein zur Theorie legte, erzählt die Graphic Novel „Charles Darwin und die Reise auf der HMS Beagle“ von Fabien Grolleau und Jérémie Royer. Worteweberin Annika hat sich eine Kajüte auf der Beagle gesucht.

Als Mann in den mittleren Jahren erzählt Charles Darwin seinen Kindern von seinen Abenteuern auf der HMS Beagle, die die Haupthandlung der Graphic Novel darstellt. Seine Reise, die Darwin auf die Theorie zur Entstehung der Arten bringen wird, beginnt kontrastreich mit einer Lesung aus der Schöpfungsgeschichte. Inszeniert wird sie opulent in dem Bild, das auch die Titelseite der Graphic Novel darstellt: die Beagle, umschwirrt und umschwommen von Tieren ganz unterschiedlicher Arten.

Entwicklung der Arten

„Achte das Wort Gottes, Darwin!“, fordert ihn eine schlangenumwundene Eva kurz darauf im Fiebertraum auf. Doch was Darwin auf seiner Expedition entdeckt, bringt ihn immer weiter weg von den Worten der Heiligen Schrift. Darwin glaubt an Entwicklung, die er in Gesteinsschichten und der Beschaffenheit der Landschaften erkennt, später auch im Aussehen der Tiere.

Die Expedition führt Darwin und seine Kumpanen durch den brasilianischen Urwald mit seiner vielfältigen Flora und Fauna, die kargen Weiten der argentinischen Pampa, die eisigen Seewege Feuerlands und der Magellanstraße bis zur inspirierenden Tierwelt der Galapagos-Inseln. Von dort geht es weiter über Ozeanien, Südafrika bis schließlich zurück in den englischen Heimathafen. Alle Landschaften sind in detaillierten und lebendigen Illustrationen eingefangen und nehmen die Betrachterinnen und Betrachter mit auf diese Reise um unseren Planeten.

So etwas wie Zivilisation

An Bord der Beagle befinden sich auch drei feuerländische Ureinwohner, die Kapitän Fitzroy bei seiner ersten Expedition mit nach Europa brachte. Hier lernten sie ein „zivilisiertes“ Leben und den englischen Protestantismus kennen. Nun sind sie mit Darwin und Fitzroy zurück auf dem Weg in die Heimat, um dort zu missionieren und die Kunde von der Zivilisation zu verbreiten. Der Umgang von Fitzroy und den meisten anderen Weißen mit Sklaven und der indigenen Bevölkerung entsetzt Darwin und wird in der Geschichte immer wieder zum Thema.

„Ich bin zerrissen zwischen der Entdeckung dieses Garten Eden und dem Bild, das man hier von der Hölle auf Erden zeichnet. Ich komme einfach nicht darüber hinweg, was wir als zivilisiertes Volk den Menschen hier antun.“ (S. 57)

So wird Darwin nicht nur durch seine Entdeckungen und Theorien, sondern auch durch seine Einstellungen als fortschrittlich dargestellt.

Ein Brief

Natürlich zeigt die Graphic Novel nicht Darwins gesamte Biografie und ist nicht in allen Punkten korrekt. Das wird im Anhang thematisiert, wo sich zudem weitere Informationen finden. So geht es hier ebenfalls um Darwin als Gegner der Sklaverei oder den Brief von Alfred Russel Wallace, der am Ende der Graphic Novel bei Darwin eintrifft. Darin erzählt Wallace von seiner neuen Theorie über die Evolution der Arten, die er zeitgleich zu Darwin entwickelt hatte, für die er aber nie so viel Ruhm einheimsen konnte wie der englische Forscher.

Die Graphic Novel weckt die Neugier an Darwins Person, seinen Reisen und Erkenntnissen. Durch die ansprechenden, lebendigen Illustrationen nehmen Grolleau und Royer die Betrachterinnen und Betrachter mit auf eine abenteuerliche und informative Reise um die Welt. Zum Glück gibt es reichlich Lektüre von und über Charles Darwin und seine Beziehungen zu anderen Wissenschaftlern und Gelehrten, mit der man seine Neugier im Anschluss stillen kann.

Übrigens: Einer der feuerländischen Ureinwohner an Bord der Beagle wurde Jemmy Button genannt, da der Preis für ihn ein Knopf gewesen war. Er gilt als Vorbild für Michael Endes Figur Jim Knopf. Mehr dazu könnt ihr hier nachlesen.

Charles Darwin und die Reise auf der HMS Beagle. Fabien Grolleau, Jérémie Royer. Aus dem Französischen von Anja Kootz. Knesebeck. 2019.

 

Bücherstadt Magazin

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