Horror für Comicfans?

von | 07.12.2019 | Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga

Der erste Band der Comicreihe mit dem Titel „Reiche Ernte“ von Autor Matthias Bauer und Illustrator Chris Scheuer erschien 2019 bei Panini und bietet fünf Horror-Kurzgeschichten für die dunkle Jahreszeit. Geschichtenerzähler Adrian hat sich erwartungsvoll in diesen Gruselcomic vertieft.

Die erste Geschichte mit dem Titel „Das Model“ handelt von dem Magazin-Reporter Mike, der einen Artikel über verträumte Kleinstädte schreiben will. Bei einem Besichtigungsspaziergang macht er jedoch eine unheimliche und fatale Entdeckung. „Reiche Ernte“ ist die zweite Schauergeschichte über den Befehlshaber eines Konzentrationslagers. Da die Russen auf dem Vormarsch sind, will Jener das Lager räumen und alle Spuren verwischen. Zuletzt sucht er dann aber noch das Gespräch mit einem Priester, der in dem Lager untergebracht ist.

Geschichte Nummer drei porträtiert ein Paar, welches in einer alten Mine verschüttet worden ist und nun um sein Leben bangen muss. In der vierten Geschichte, die ebenso wie die dritte unbetitelt ist, schreit eine Frau hysterisch „Nicht mehr lange!“ durch einen Bus und deutet dabei auf einen Passagier. Doch was meint sie damit? Die letzte Erzählung trägt den Titel „Schatten“ und handelt von einer Beerdigung, Liebe und dem Tod.

Visuell gelungener Horror

Der unter anderem mit dem Max & Moritz-Preis ausgezeichnete Künstler Chris Scheuer zeichnete neben Kurzgeschichten für das Comic-Magazin „Schwermetall“ an Werken wie „Marie Jade“ oder „Sir Ballantine“. Sein Stil äußert sich hier in „Reiche Ernte“ in dynamischen Schwarz-Weiß-Zeichnungen und pastellenen Farbnuancen in Aquarell. Die Farben halten sich größtenteils zurück, der Zeichner unterstreicht mit deren Einsatz jedoch immer wieder das Makabre der Situationen. In der letzten Geschichte verzichtet Scheuer sogar komplett auf Farbe und hält alles in düsterem Schwarz.

Schon in der ersten Geschichte zeigt sich, wie dynamisch Scheuers Zeichnungen wirken, da er die Figuren nicht nur in ihren Bewegungen lebensnah einfängt, sondern auch deren Mimik. Spätestens beim Bild der kleinstädtischen Kirchen läuft einem eindrucksvoll ein unheimlicher Schauer über den Rücken. Allgemein kommt hier ein Gruselflair ähnlich der Horror-Comics der 50er Jahre auf.

Erzählerisch zu abgehackt

In der Einleitung dieses Comic-Bandes steht, dass die hier illustrierten Werke Kurzgeschichten sind, die Autor Matthias Bauer in seiner Anfangszeit als Schriftsteller schrieb. Nach dem Lesen dieser fünf Geschichten ist größtenteils verständlich, warum diese damals von verschiedenen Verlagen abgelehnt worden sind.

Drei der fünf Geschichten – „Das Model“ sowie die unbetitelten Geschichten drei und vier – bieten zwar einen gelungenen und vielversprechenden Einstieg, wirken jedoch so, als ob Bauer sie zu schnell zu einem Ende bringen wollte. Somit erscheinen beispielsweise der Plot-Twist in der ersten Erzählung sowie das Ende der anderen beiden Geschichten zu überstürzt und wenig nachvollziehbar. Einzig „Reiche Ernte“ und „Schatten“ erzählen konsistente und interessante Geschichten, wobei letztere entfernt an Edgar Allan Poes Erzählung „Das verräterische Herz“ erinnert.

Muss nicht, kann aber

„Reiche Ernte“ von Matthias Bauer und Chris Scheuer ist ambivalent zu betrachten. Es ist dem Comic anzumerken, dass das Potential da gewesen ist, visuell und narrativ schaurig-schöne Horrorgeschichten in Comic-Form zu präsentieren. Jedoch kann hier eigentlich nur die zeichnerische Arbeit von Chris Scheuer wirklich überzeugen und schafft es, Gruselstimmung aufkommen zu lassen.

Ob der Comic die 17 Euro wert ist, ist schwer zu sagen. Obwohl Scheuers Zeichnungen wirklich eindrucksvoll sind, gibt es erzähltechnisch weitaus bessere Horror-Comic-Literatur, wie beispielsweise „Vom Jenseits und andere Erzählungen“ nach den Werken von Lovecraft sowie die Werke von Horror-Mangaka Junji Ito.

Reiche Ernte. Text: Matthias Bauer. Illustration: Chris Scheuer. Panini. 2019.

 

Bücherstadt Magazin

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