Herr der Ringe meets Allgäu

von | 26.05.2016 | Belletristik, Buchpranger

Was passiert, wenn man althergebrachte, alpenländische Sagen in einem großen Epos zusammenfügt und miteinander verstrickt? Wenn man aus einzelnen Erzählungen, die ihre Wurzeln allesamt im südbayrischen Allgäu haben, ein zusammenhängendes Abenteuer macht, Gestalten aus grauer Vorzeit erstehen lässt und einfache Bewohner zu Helden macht? Michael Peinkofer zeigt es mit seinem Zweiteiler „Land der Mythen“. – Von Bücherbändigerin Elisabeth

Land der MythenDas alte Volk der Sylfen hat sich nach der letzten Schlacht gegen die Dunkelheit vor Tausenden von Jahren aus der Welt zurückgezogen. Frieden herrscht im Land Allagain. Doch etwas regt sich. Ein Wildfänger wird Zeuge eines grausigen Überfalls durch Erle. Diese schrecklichen Gestalten gibt es nur in alten Geschichten, so heißt es. Doch sie kosten dem Bruder des Wildfängers das Leben. Er beschließt, seine Einsamkeit aufzugeben, um die Menschen im Dorf zu warnen. Doch der allzu bequeme Vorsteher nimmt die Warnung nicht ernst. Er schickt den scheinbar dümmsten Bauern zum Herrscher, um ihm die Nachricht zu überbringen.
Selbst in der großen Stadt stößt man auf taube Ohren. Auch wenn nicht von der richtigen Person, bleibt seine Warnung nicht ungehört und einige wenige horchen auf. So schart er kurz darauf eine kleine Gruppe von Verbündeten um sich, die, gemeinsam mit einem wissenden Druiden, eine abenteuerliche Reise aufnehmen. Durch das unterirdische Reich der Zwerge, zur Schlucht des Drachen bis zu den Gipfeln des Nebelhorns, wo sie auf Freund und Feind gleichermaßen stoßen.
Während sich das Eis weiter ausweitet, der Winter härter wird und der dunkle Herrscher an Macht gewinnt, hadern die Verbündeten mit ihrem Schicksal, dem sie unweigerlich entgegentreten – auf der Suche nach dem mystischen Horn der Sylfen, um die Schlacht zu gewinnen und Schnee und Eis zu vertreiben.

Sage meets Fantasy meets Alpenland

Sagen sind faszinierend, auch weil sie an geografische Gegebenheiten, Orte, Bauten oder Gebiete gebunden sind. So wird der Bezug persönlicher, intensiver. Michael Peinkofer – selbst ein Allgäuer – hat sich schon lange für die Sagen seiner Heimat fasziniert. Mit „Land der Mythen“ hat er nun die einzeln stehenden Sagen zu einer umfangreichen Fantasy-Geschichte zusammengeschoben, einen roten Faden erfunden, der nicht nur durch die Sagen des Gebietes führt, sondern auch Ausmaße von großen Fantasy-Epen annimmt. Dabei unterlässt er es allerdings, komplizierte und weite Ausschweifungen auszuführen, bleibt immer am Kern der Geschichte. Peinkofers Schreibweise ist einfach, bildhaft und flüssig gehalten, sodass eine breit gefächerte Leserschaft Zugang finden kann.
„Land der Mythen“ zeichnet sich auch dadurch aus, dass die gesamte Erzählung stimmig und mitreißend ist. Der Spannungsbogen wird zu keiner Zeit unterbrochen und flaut auch nicht ab.

Ein Leseerlebnis für Alt und JungLand der Mythen2

Die Protagonisten haben nicht immer Glück mit ihren Vorhaben und die Geschichte nimmt immer wieder Wendungen, die man so nicht vorhergesehen hätte. Trotz der Vielzahl an mythischer Gestalten, die Peinkofer einbaut und mitbringt, wirkt die Geschichte nicht überladen oder muss sich mit überflüssigen Aktionen herumschlagen.
„Land der Mythen“ ist spannend erzählt, straff und dennoch ausführlich genug, um sich gut in die Eigenarten der Charaktere hineinfühlen zu können. Die Charaktere sind authentisch beschrieben, es ist einfach, mit ihnen mitzufühlen und mitzufiebern. Selten wirken die Handlungsstränge ein wenig durchschaubar, dies wird aber durch Überraschungsmomente und liebevoll ausgearbeitete Details und Charaktereigenschaften wieder wettgemacht. Durch die geografisch fixierten Punkte macht es für jeden, der das Gebiet selbst kennt, noch zusätzlich Spaß mit den Abenteurern mitzufiebern.
„Land der Mythen“ ist ein gelungenes Werk für jugendliche und erwachsene Leser gleichermaßen, das zwar den Umfang eines großen Fantasy-Epos aufweist, aber nicht dessen Komplexität und deswegen einen einfachen und schnellen Zugang für alle interessierten Leser bietet. Absolute Leseempfehlung.

Land der Mythen – Unter der Erlmond/Land der Mythen – Die Flamme der Sylfen.
Michael Peinkofer. Piper. 2015.

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

2 Kommentare

  1. Avatar

    Hi,

    eingangs habt ihr das Buch ja mit Herr der Ringe verglichen und auch die Nacherzählung der Ereignisse klingt nach der Reise, die sie in Mittelerde durchstehen müssen.
    Wie sehr fühlt man sich beim tatsächlichen Lesen an HdR erinnert und ist das störend?
    Weil an sich klingt die Idee recht spannend.

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    • Avatar

      Es war überhaupt nicht störend. Auch wenn es diese Parallelen immer wieder gibt, gerade, wenn man von den Protagonisten ausgeht, ist schon allein die Schreibweise ganz anders. Einfacher gehalten, zügiger durchgeplant (der Herr der Ringe besteht aus massig Beschreibungen und Erklärungen und noch mal Beschreibungen). Während des Lesens hat man auch gar keine Zeit, dahingehend Parallelen zu finden, da der Erzählstil sehr schnell und spannend ist. Langwierige Passagen gibt es nicht und wenn man verschiedene Sagen – oder die geografischen Gegebenheiten des Allgäus – ein wenig kennt, hat man ohnehin nur noch Bilder im Kopf. Die Vergleiche kommen erst später, aber man darf auch nicht vergleichen, als dass der Herr der Ringe einfach ein großes episches Werk ist und das Land der Mythen wie eine große Sagen- und Märchenerzählung wirkt, die zwar auch groß angelegt ist, dann aber doch nicht diese Verschnörkelungen und Verknüpfungen aufzeigt. Ich kann es absolut empfehlen. Lesetempo sehr schnell, Spannungsbogen top. Die Bücher aus der Hand zu legen ist gar nicht leicht!

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