Harald Tonollo

von | 03.01.2013 | Buchpranger, Im Interview, Stadtgespräch

Lachen ist so wichtig!

Foto © Harald Tonollo

Guten Tag, Herr Tonollo. Bitte stellen Sie sich ganz kurz unseren Lesern vor.

Also, ich bin mittlerweile 55 Jahre alt und habe mein ganzes bisheriges Berufsleben als Sozialpädagoge gearbeitet. Ich bin in Mainz geboren, lebe in Mainz und bleibe in Mainz – das nennt man wohl „bodenständig“. Ich bin glücklich verheiratet, habe zwei erwachsene Töchter und einen Kater.

Es zeichnet Sie aus, dass Sie nicht hauptberuflicher Autor sind. Wie kamen Sie auf die Idee ein Buch zu schreiben?

Langeweile! Vor etwa zehn Jahren hatte ich absolut keine Lust mehr auf meine Arbeit in der Jugendhilfe. Also habe ich gekündigt und wollte mal ein halbes Jahr Pause machen. Aber wenn man dann während so einer Arbeitspause auf sein Tageswerk zurückblickt, dann sieht man da nicht viel. Das war sehr unbefriedigend für mich. Plötzlich fand ich mich schreibend vor dem Computer wieder.
Als meine Kinder noch klein waren, hatte ich ihnen schon gerne Geschichten erzählt. Also habe ich gedacht: „Das kannst du und das machst du jetzt wieder. Und dann hast du auch was zu tun.“

Reizt Sie der Gedanke freiberuflicher Schriftsteller zu werden?

Nein! Diese Phase meines Lebens ist abgeschlossen. Erst acht Stunden arbeiten und danach noch schreiben? Und in Gedanken ständig in der jeweiligen Geschichte sein? Während ich die sechs Rottentodd-Bände geschrieben habe, habe ich meine Frau viel zu sehr vernachlässigt. Das will weder ich noch sie. Aber auch der Hauptberuf Schriftsteller ist mir suspekt. Da gibt es feste Termine, an denen man ein Manuskript abgeben muss. Ich mag diesen Druck nicht.
Verkaufen sich die Bücher gut genug, dass man davon leben kann? Ich muss nun mal wissen, dass am nächsten Ersten genug Geld zum Leben auf mein Konto kommt. Außerdem sitze ich dann viel zu viel vor dem Computer.

Was für ein Gefühl war es, das eigene Werk in einem Verlag verlegen zu dürfen?

Zunächst ein grandioses Gefühl. Da wollte doch tatsächlich jemand meine Gedanken als Buch herausbringen. Dieses Gefühl wich dann aber bald einer großen Enttäuschung, als ich erfuhr, dass die Buchhandlungen mein erstes Buch nicht gerade gut annahmen. Die Geschichte spielte auf anderen Planeten, und das war wohl nicht gefragt. Es wurden gerade mal tausend Stück davon verkauft. Wenig ermutigend, aber so wollte ich mich nicht als Kinderbuchautor verabschieden. Ich suchte einen neuen Verlag. Mit den Rottentodds wurde dann alles anders. Ich bin schon ein bisschen stolz darauf, dass diese merkwürdige Familie dann doch so sehr gefällt, dass sie jetzt auch in anderen europäischen Ländern erscheint.

Was inspirierte Sie zu den Geschichten über die Rottentodds?

Der Vorschlag kam vom CoppenrathVerlag. Ich hatte denen ein Manuskript geschickt. Das interessierte sie nicht. Aber mein Schreibstil und der Humor hatte es ihnen wohl irgendwie angetan. Sie fragten mich, ob ich nicht etwas ziemlich Abgefahrenes, Gruseliges und doch Lustiges schreiben könnte. Am Anfang war bei mir der Gedanke an etwas Ekliges, zum Beispiel die Sache mit dem Schmeißfliegensalat. Oder die Sache mit den Wohlfühlbecken, die mit Spinnen oder Ameisen gefüllt sind.
Die Geschichte hat sich dann während des Schreibens entwickelt. Zum Beispiel das Zaubern – das wollte ich zunächst nicht. Mir wurde in der Kinderliteratur schon viel zu viel gezaubert. Aber es machte die Geschichten nun mal interessanter und ergab Lösungsmöglichkeiten. Also, wenn schon zaubern, dann musste ganz viel Chaos dabei herauskommen.

Haben Sie Verwandte oder Bekannte mit eingebaut?

Ich kenne niemanden, der wie die Familie Rottentodds mit Vorliebe Insekten isst. Glaube ich zumindest. Aber auch die Normalsterblichen bei den Rottentodds entsprangen ausschließlich meiner Fantasie.

Welcher der Rottentodds ist Ihr Lieblingscharakter?

Eindeutig Patrizius Rottentodd, der Vater. Wie ich finde, ein herrlich schussliger und weltfremder Charakter, den ich in den ersten Bänden leider nicht genug gewürdigt habe. Er hätte ein eigenes Buch verdient.

Was schätzen Sie selber an Ihren Werken?

Ich hoffe, den jungen Lesern vermitteln zu können, dass Anderssein einfach nur okay ist und seine Berechtigung hat. Ohne Angst davor zu haben. Die Rottentodds sind extrem anders… und trotzdem lustig, verständnisvoll und den normalen Menschen gegenüber, die etwa das Fleisch von Schweinen und Rindern essen, ausgesprochen tolerant.

Ihre Bücher zeichnen sich unter anderem auch durch die schönen Illustrationen aus. Hatten Sie bei den Bildern ein Mitspracherecht? Wie denken Sie selber über die graphische Interpretation?

Mitspracherecht hatte ich keines und am Anfang fand ich die Illustrationen zu ästhetisch – ganz im Gegensatz zu der Familie Rottentodd. Aber zum Glück hat niemand auf mich gehört. Mittlerweile gefallen sie mir außergewöhnlich gut und ich kann Carla Miller nur meinen uneingeschränkten Respekt aussprechen.

Sind noch weitere Bände geplant als jene, die schon erschienen sind? Planen Sie auch noch andere Geschichten zu erzählen, gänzlich ohne die Rottentodds?

Wie gesagt: Die Phase Kinderbuchautor ist abgeschlossen. Aber wer weiß schon, was in ein paar Jahren ist? Es wäre nicht das erste Mal, dass ich meine Meinung ändere.

Was für ein Gefühl ist es mitzuerleben, wie Leser und vor allem Kinder, auf ihre Werke reagieren?

Zum Glück habe ich bis jetzt fast ausschließlich positive Rückmeldungen bekommen. Natürlich freut es mich, dass mein Humor bei vielen Lesern ankommt. Lachen ist so wichtig!

Was ist Ihr Lieblingsbuch? Und warum ausgerechnet dieses?

„Wassermusik“ von T.C.Boyle. Da ist einfach alles drin, was das Männerherz begehrt. Fremde Welt, Abenteuer, Spannung, skurriler Humor. Und es ist beneidenswert gut geschrieben. Meine Frau findet es furchtbar.

Nun zu den Bücherstadt Kurier-Spezialfragen: Wenn Sie ein Buch wären, welches wären Sie und warum?

„Die wilden Hühner“ von Cornelia Funke. Es fühlt sich so herrlich nach unbeschwerter Kindheit an.

Welche Frage haben Sie sich in einem Interview schon immer mal gewünscht und wie würde Ihre Antwort darauf lauten?

Frage: Wer wird deutscher Meister?
Antwort: Der Fußballverein Mainz 05!

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben unsere Fragen zu beantworten.

Ramona

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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