Gierig, gieriger, Macbeth

von | 21.12.2018 | Stadtgespräch

Jo Nesbø ist nicht nur ein Musiker, sondern auch ein hoch angesehener Autor. Bekannt wurde er durch seine Harry Hole-Reihe, die 1997 ihren Anfang nahm. Er schreibt unter anderem auch Kinderbücher und andere Krimis. Über sein neuestes Buch „Macbeth“ redete er in Hamburg beim Harbour Front Literaturfestival. Poesiearchitektin Lena hatte sich mehr versprochen.

Es ist eisig kalt in Hamburg. Die Besucher gehen schnellen Schrittes auf das große Kuppelgebäude der Universität Hamburg zu. Der Hörsaal ist fast komplett ausverkauft, abgesehen von wenigen Einzelplätzen. Es geht um Nesbøs im August erschienenen Thriller „Macbeth: Blut wird mit Blut bezahlt“. Christian Heymann übernimmt die Willkommensrede. Lieblos wird Jo Nesbo, nicht Jo Nesbø an die Tafel gekritzelt. Moderiert wird von Günter Keil, die übersetzten Passagen werden von Oliver Mommsen (Schauspieler) gelesen.

Das Gespräch findet auf Englisch statt, aber die markantesten Antworten werden noch einmal von Keil übersetzt. Selbstverständlich steht „Macbeth“ bei dieser „Lesung“ im Vordergrund, dennoch meiner Meinung nach einen Tick zu viel. Das Publikum hat ziemlich wenig über Nesbø selbst erfahren. Den Mann hinter den gefeierten Büchern hat man zwar gesehen, aber nicht wirklich kennengelernt.

Shakespeare neu interpretiert

Fast jeder kennt Shakespeare und seine Werke. Vor allem die Tragödie „Romeo und Julia“, die Komödie „Ein Sommernachtstraum“ oder aber eben „Macbeth“, erschienen um 1602. Nesbø hat die Geschichte neu erzählt. Nicht nur Berufe und die Thematik wurden verändert, den Figuren wurde eine Hintergrundgeschichte gegeben. Er hat sie charakterisiert und es so geschafft, die Handlungen der Charaktere besser nachvollziehen zu können.

Macbeth ist der Vetter des vom Volk geschätzten König Duncan und soll seinen Platz auf dem Thron einnehmen. Seine Frau Lady Macbeth ist hin und weg von der Vorstellung, Königin zu sein. Um ihr Ziel zu erreichen, überredet sie ihren Mann dazu, den aktuellen König zu ermorden. Viele weitere Morde folgen, bis die beiden an der Macht sind. Das schlechte Gewissen plagt Lady Macbeth allerdings und sie gibt ihre Schuld zu. Es endet tragisch für das Ehepaar.

In Nesbøs Thriller ist Macbeth ein Cop aus Leidenschaft. Seinetwegen gibt es unzählige Festnahmen. Kein Verbrecher hat eine Chance gegen ihn. Doch wie kann er vorankommen, mehr Macht und mehr Respekt erhalten, wenn nicht mit Mord? Seine Geliebte „Lady“ steht hinter ihm und macht ihm Druck. Mit Manipulation und Grausamkeit erobert er die Polizei und wird ein Mann des Volkes. Dieses ist jedoch gespalten. Kann sich ihm irgendjemand in den Weg stellen?

Sehr lange 90 Minuten

Oliver Mommsen, Schauspieler (bekannt aus mehreren deutschen Fernsehserien, unter anderem „Tatort“), und wie später bekannt wird, Freund von Nesbø, hat zwei Absätze aus dem Buch gelesen und sich ansonsten ziemlich in den Vordergrund gerückt. Die erste Stelle aus dem Buch war viel zu lang und meiner Meinung nach auch nicht spannend genug, als dass man problemlos folgen konnte. Ob Mommsen sie ausgesucht hat oder Nesbø selbst, war nicht bekannt. Ich kann mir vorstellen, dass viele das Buch lesen werden, weil ein berühmter Name darunter steht, von einem Autor, der seine Kunst beherrscht und schon einige sehr gute Bücher geschrieben hat.

Auch die Fragen, die Keil gestellt hat, waren nicht sehr gut gewählt, da sie nicht aufeinander aufbauten und so kein durchgängiger Strom an Antworten und eventuellen Hintergrundgeschichten möglich war. Schade, denn das Buch, um das es ging, ist voller Intrigen, Gewalt und Machtgier. Hier wäre beispielsweise interessant gewesen, wie der Autor an die Informationen zu seinem Buch kam. Möglicherweise hätte das Publikum so noch mehr über ihn selbst als Person erfahren. Denn wenn Nesbø aus seinem Privatleben berichtet hat, hat das Publikum genauer hingehört und auch gelacht. Alles in allem waren es sehr lange 1,5 Stunden, für die 16 Euro zu viel verlangt waren.

Mitwirkende: Jo Nesbø, Oliver Mommsen, Günter Keil. Harbour Front Literaturfestival.

Foto: Thron Ullberg

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