Geschichten aus dem Wiener Wald

von | 08.08.2013 | Belletristik, Buchpranger

„Unser Leben ist Arbeit – ohne sie haben wir kein Leben mehr.“

*Klick* amazon.de; Cover © Suhrkamp

GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD, geschrieben von Ödön von Horváth, ist ein Volksstück in 3 Teilen und thematisiert den Konflikt zwischen Verstand und Gefühl. Marianne, die sich an ihrem Verlobungstag in einen anderen verliebt, lässt sowohl ihren Verlobten als auch ihren Vater stehen und folgt Alfred. Sie glaubt, ihre große Liebe gefunden zu haben und hofft, sich mit ihm entfalten zu können. Doch es kommt anders.

Unüberlegtheit wird bestraft; bald sind die Gefühle verflogen, in der Beziehung kriselt es und Marianne merkt, dass sie sich in Alfred getäuscht hat. Das neugeborene Kind wird vernachlässigt, weil beide mit sich selbst beschäftigt sind, Mariannes Vater will nichts mehr von seiner Tochter wissen und erst recht nicht als Großvater bezeichnet werden…

Der Titel des Volksstücks ist angelehnt an den Walzer „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von Johann Strauß und wird mehrfach im Stück erwähnt. Sehr empfehlenswert ist es, die Wiener Walzer zu hören, während man liest. So fühlt man sich in die dargestellte Zeit hineinversetzt und es kommt eine besondere, dem Buch entsprechende, Stimmung auf.
Beeindruckend ist die Mehrdeutigkeit der Sätze. Horváth lässt mit seinem ganz persönlichen Schreibstil Charaktere erwachen und wieder aus der Szene treten. Lügen und Verrat gehören dabei zum Alltag – alle sind scheinbar Freunde und lächeln sich zu, doch sobald sich einer umdreht, wird über ihn gelästert.

„Geschichten aus dem Wiener Wald“ führt dem Leser sowohl die guten als auch die schlechten Seiten des Lebens vor Augen, wobei alles so realistisch dargestellt wird, dass jede Handlung glaubhaft erscheint. Der Appell ist deutlich: denkt über das Leben nach, nehmt es nicht auf die leichte Schulter! Der Biografie im Anhang zufolge hatte Horváth immer wieder mit Hindernissen zu kämpfen, die ihn am Erfolg gehindert, in Depressionen versetzt und verzweifeln lassen hatten. Dabei war das Schreiben das einzige in seinem Leben, dem er sich mit vollster Seele gewidmet hat. Dass er sich für seine Leidenschaft eingesetzt und gekämpft hat, ist sehr bemerkenswert.

Ödön von Horváth an F.Th.Csokor: „(…)Die Welt ist voller Unruhe, alles drunter und drüber, und noch weiß man nichts Gewisses! Man müsste ein Nestroy sein, um all das definieren zu können, was einem undefiniert im Wege steht! Die Hauptsache, lieber guter Freund, ist: Arbeiten! Und nochmals: Arbeiten! Und wieder: Arbeiten! Unser Leben ist Arbeit – ohne sie haben wir kein Leben mehr. Es ist gleichgültig, ob wir den Sieg oder auch nur die Beachtung unserer Arbeit erfahren, – es ist völlig gleichgültig, solange unsere Arbeit der Wahrheit und der Gerechtigkeit geweiht bleibt.“ (Geschichten aus dem Wienerwald, S.116, Z.3-13)

Alexa

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