Der kleine Mensch: Denn Liliput ist überall

von | 03.05.2013 | Gedankenkrümel, Kreativlabor

Kinder gelten allgemein als klein und niedlich, doch wie schnell werden diese Wonneproppen groß! Schon in der Pubertät überragen sie ihre Eltern und manch ein Mädchen kann mit 16 Jahren und einer Größe von 1,80m ins Modellbusiness einsteigen. Zu diesem Phänomen gehört aber auch leider die Kehrseite der Medaille. Teenager, welche über ihre 1,61 Meter Körpergröße nicht hinwegkommen. Die Eltern machen Mut, sagen so was wie: „Kind, das wird schon. Deine Mutter wirst du bald überragen“, aber kein sichtbares Ergebnis rückt in Reichweite. Man streckt und dehnt sich, legt sich auf die Streckbank und bittet um Zentimeter. Aber das Wachstumshormon bleibt unerbittlich. Da helfen auch keine Fruchtzwerge, welche ihr ganzes Kalzium am Skelett ablagern. Das führt nur zu schweren Knochen, oder wie es umgangssprachlich auch heißt: „Ich wachse nur noch in die Breite.“

Unangenehm wird es, wenn man auf den neuen Toiletten in Restaurants die Beine baumeln lassen kann, oder auf Zehenspitzen klettern muss, damit man sich morgens im Spiegel die Pickel ausdrücken kann. Nicht selten führt Kleinwüchsigkeit zu deprimierenden Erlebnissen im Supermarkt. Natürlich steht die begehrte Ware ganz oben oder so weit hinten, dass man trotz Sprüngen nicht drankommt. Hilfesuchend wendet man sich an größere Mitmenschen, die einem zwar gerne helfen, jedoch nicht mit dem „och-wie-niedlich-die-Kleine-kommt-nicht-an-den-Joghurt“-Blick geizen. Wer nun über seine Niedlichkeit jubiliert, der sollte schleunigst seine Arme wieder senken. Mit 27 Jahren wird man trotzdem an der Kasse nicht mehr nach dem Personalausweis gefragt, denn die mühsam angelachten Falten bleiben.

Richtig peinlich wird es erst, wenn man ein Kaufhaus verlassen möchte, die automatische Tür einen jedoch nicht wahrnimmt. Man springt, wedelt mit den Armen, geht vor und zurück und wird meistens zum Gespött seiner Umgebung. Irgendwann, mag es durch Zufall oder Erbarmen sein, möchte noch ein größerer Mensch hinaus und man kann mit aus der Tür schlüpfen.
Regenschirme… ja, das ist die dritte Plage. Große Menschen bekommen sie ins Gesicht gedrückt, kleine Menschen können sie nicht ordentlich über sich halten, weil sie damit allen anderen den Schirm ans Kinn drücken. Man entschuldigt sich und versucht, seinen eigenen Schirm wie ein Schild vor sich herzuschieben, bis man es aufgibt, und die Schirme der anderen Menschen mit nutzt. Wie ein riesiges Zelt sozusagen.
Dass kleine Menschen neu gekaufte Hosen meistens umnähen müssen, davon möchte ich gar nicht erst sprechen. In der heutigen Zeit wird doch erwartet, dass man bei einer Körpergröße von 1,80m nur Größe S trägt. Vor allem kleine Damen versuchen ihre mangelnde Größe mit hohen Absätzen wett zu machen, aber sieht ein Pudel auf Stelzen wirklich gut aus? Geschmackssache.

Ein Trost bleibt jedoch allen kleinen Menschen: Unter Hobbits wäre man ein Riese.

Ramona Helmrich
Illustration: Aaron

Bücherstadt Magazin

Bücherstadt Magazin

Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir sind umgezogen!

Wir sind kürzlich umgezogen und müssen noch einige Kisten auspacken. Noch steht nicht alles an der richtigen Stelle. Solltet ihr etwas vermissen oder Fehler entdecken, freuen wir uns über eine Nachricht an mail@buecherstadtmagazin.de – vielen Dank!

Newsletter

Erhaltet einmal im Monat News aus Bücherstadt. Mehr Informationen zum Newsletter gibt es hier.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner