Finster-kalte Märchenstunden

von | 03.03.2015 | Belletristik, Buchpranger

Nach einem Roman über das Erzählen von Geschichten kommt nun einer rund um alt bekanntes Volksgut, das Diana Menschig neu erzählt. Ihre Version von „Hänsel und Gretel“ betrachtet den Märchenstoff aus einer etwas anderen Perspektive.

Wenn das Buch dem Einband nach an ein düsteres Märchen erinnert, beginnt es umso kurioser: die erste Strophe des Liedes „Hänsel und Gretel“ und ein Lebkuchenrezept zum Nachbacken und eine Anwältin, die in den vergangenen Jahren wenig mit dem Knusperhäuschen ihrer Großmutter Mago und der Magie des Schwarzwalds zu tun hatte. Merle Hänssler hat ihre Träume in Hamburg verwirklicht, doch ruft sie der Tod ihrer Großmutter zurück in den Schwarzwald. Neue und alte Gesichter begrüßen sie, jedoch nicht alle voll Freude: In ihrem kleinen Heimatort galt Merles Großmutter unter den Dorfkindern als Märchenoma – die Erwachsenen beäugten die vermeintliche Hexe allerdings skeptisch. Im alten Märchenhaus ihrer Großmutter findet Merle zudem eine Familiengeschichte rund um den Ursprung der Familie Hänssler, die sich mit auffallenden Ähnlichkeiten zu einem gewissen Märchen rund um ein Geschwisterpaar, das sich im Wald verirrt, auszeichnet. Für Merle beginnt eine Reise in die Vergangenheit ihrer Familie.

Diana Menschig schafft es wie in „Hüter der Worte“ zwei Geschichten miteinander zu verknüpfen. Die Geschichte rund um Merle Hänssler lässt sich viel Zeit mit ihrer Entfaltung und baut den Roman zu einer spannenden Erzählung zwischen verschwimmenden Grenzen von Realität und Fiktion aus. Der zweite Teil der Geschichte ist dafür umso schneller im Erzähltempo und reißt etwas zu kurz mit zum großen Finale und des Rätsels Lösung, wenn man es so nennen mag. Diana Menschig zeichnet sich durch einen einzigartigen Schatz an grandiosen Ideen aus, von denen noch viel zu kommen verspricht. Dennoch hätten dieser Geschichte ein paar Seiten mehr gut getan, um den zweiten, spannungsgeladenen Teil genauso auszukosten wie den Anfang der Geschichte.

Erika

So finster, so kalt; Diana Menschig; Droemer Knaur, 2014

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