Eine tierische Zombieapokalypse

von | 01.12.2020 | Belletristik, Buchpranger

Mit dem Roman „Hollow Kingdom“ liefert die Autorin und Journalistin Kira Jane Buxton ihren Debüt-Roman ab. In diesem geht es um die Krähe Shit Turd, kurz S.T., sowie den Hund Dennis, die sich, nach dem Ausbruch einer Zombieapokalypse, ihren Weg durch Seattle bahnen. Geschichtenerzähler Adrian war begeistert von der Idee des Perspektivwechsels, schaffte es aber nur bis zur Hälfte des Buches, bis er aufgab.

Eigentlich lebt die Hauskrähe S.T. ein entspanntes Leben, denn sowohl ihr als auch dem Hund Dennis geht es bei ihrem Besitzer Big Jim, der alle Menschen nur als Mofos, beziehungsweise Motherfuckers, bezeichnet, recht gut. Als dieser sich eines Tages seltsam verhält, versucht S.T. alles, was in seiner Macht steht, um seinen Besitzer wieder normal zu machen. Doch weder Medikamente noch irgendetwas anderes scheint zu helfen.

Über Echo, das Intranet der Vögel, hört S.T. eines Tages die Stimme eines mysteriösen Wesens namens Onida, das ihn zu rufen scheint, machen sich die beiden Haustiere zusammen auf den Weg und stellen sich den Gefahren der neuen, veränderten Welt.

Ein interessanter Perspektivwechsel

Wie erleben eigentlich die Tiere solch ein Szenario? Um diese Frage zu beantworten, ist die Wahl eines Vogels, durch dessen Augen man blickt, eine gelungene Idee, da aus der Luft alles etwas anders aussieht. Hier eine Krähe zu wählen, ist eine gute Entscheidung, da sie als eine besonders kluge sowie soziale Vogelart gilt.

Allerdings ist diese Idee schleppend und langatmig umgesetzt. Manche Kapitel bestehen größtenteils aus Landschaftsbeschreibungen, in denen S.T. immer wieder seinem gemütlichen Leben bei Big Jim nachtrauert und aufzählt, was er jetzt alles nicht mehr hat.

Eine nette Auflockerung sind dabei die kleinen Kurzgeschichten von anderen Haustieren und deren Umgang mit der neuen Situation. Diese kommen jedoch viel zu selten vor – etwa alle 30 bis 50 Seiten – und nehmen mit ihrer durchschnittlichen Länge von zweieinhalb Seiten insgesamt gerade mal circa 35 Seiten des gesamten Romans ein.

Kommunikation im Tierreich

Natürlich ist verständlich, dass, wenn Tiere verschiedenen Arten angehören, sie nicht einfach untereinander kommunizieren können. So gibt es hier für verschiedene Spezies unterschiedliche Kommunikationsmethoden. Vögel haben wie gesagt Echo, die Wasserlebewesen Aura und die Landlebewesen Netz. In Letzteren sind ebenfalls die Bäume und Pflanzen vertreten.

Was in „Hollow Kingdom“ als wirklich gutes und nachvollziehbares System etabliert wird, wird an mancher Stelle immer wieder durchbrochen. Prägnant ist dabei, dass es zwischen S.T. und seinem Hundebegleiter Dennis keine verbale Kommunikation gibt, da der eine ein Vogel und der andere ein Hund ist, kann man anfangs denken. Doch als S.T. auf einen Maulwurf und ein Opossum trifft, scheint sie nichts an einem netten Plausch zu hindern. Warum sich S.T. und Dennis nicht verbal unterhalten können, wird von Kapitel zu Kapitel immer fraglicher und weniger nachvollziehbar.

Ungleiches Gespann

Durch den unverständlichen Austausch sowie die unterschiedlichen Stärken der beiden Weggefährten, ähnelt die Interaktion mit- und füreinander sehr Figurenkonstellationen wie beispielsweise bei „Asterix und Obelix“, oder „Pinky and the Brain“. Im Film oder in der Literatur ist solch ein Duo als ‚brain-and-brawn-trope‘ (deutsch etwa: Hirn-und-Sülze-Motiv) bekannt.

[ads_color_box color_background=“#d3fab9″ color_text=“#444″]‚Trope‘ (engl.) nennt man ein wiederkehrendes, narratives Stilmittel in unterschiedlichen Geschichten / Erzählungen. So fallen beispielsweise auch a heroes journey (die Heldenreise) oder die damsel in distress (die Jungfrau in Nöten) unter diese Kategorie. (https://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/Tropes)[/ads_color_box]

 

S.T. übernimmt hier die Rolle des Hirns und Dennis die des Kraftpakets, da er als großer Hund auf viele andere Tiere abschreckend wirkt. Doch die Kombination zwischen Land- und Lufttier ist nicht so vorteilhaft für die Erzählung. Dennis wirkt zum Großteil der Geschichte eher wie ein Klotz am Bein von S.T., da dieser immer wieder zurückgelassen oder sogar gerettet werden muss.

Gute Idee mit optimierbarer Umsetzung

Wie schon erwähnt ist die Idee, solch ein Szenario durch die wortwörtliche Vogelperspektive zu erleben, wirklich sehr interessant. Buxton regt mit „Hollow Kingdom“ dazu an, sich einmal damit auseinander zu setzen, wie wohl das eigene Haustier in solch einer Situation klar kommen würde. Jedoch ist der Fokus auf die Krähe S.T. teils sehr ermüdend und die Flugpassagen ähneln einander stark.

Da die kleinen Kurzgeschichten von anderen Haustieren zwischendrin die Stimmung etwas auflockern, hätte es dem Buch gut getan, wenn dieser Part ausgeweitet worden wäre. Eine Kurzgeschichtensammlung rund um unterschiedliche Haus- und Wildtiere, mit der Rahmenhandlung einer (Zombie-)Apokalypse, beziehungsweise ein Welt-ohne-Menschen-Szenario, wäre eine bessere Möglichkeit gewesen.

Hollow Kingdom. Kira Jane Buxton. Übersetzung: Henning Ahrens. Fischer Tor. 2020.

 

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