Eine Geschichte starker Frauen

von | 01.06.2022 | Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher

Das Leben der March-Schwestern aus Louisa May Alcotts Roman „Little Women. Beth und ihre Schwestern“ ist nicht immer leicht, dennoch verlieren sie nicht ihre Lebensfreude. Seitentänzerin Michelle-Denise hat mit ihnen mitgefühlt und die Lektüre wahrlich genossen.

Alcotts Roman erzählt die Geschichte der vier March-Schwestern Meg, Jo, Beth und Amy nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges in den späten 1860ern. Die Geschwister könnten dabei unterschiedlicher nicht sein: Während Meg, die älteste Schwester, stets großen Wert auf die Einhaltung von Traditionen und Konventionen legt und das klassische Rollenbild einer Frau verkörpert, ist die Zweitälteste Jo das komplette Gegenteil von ihr. Sie ist ein unbändiger Wildfang, der eher etwas burschikos wirkt und so gar nicht damenhaft sein will.

Beth dagegen ist das ruhige und selbstlose Mädchen der March-Familie. Immerzu kümmert sie sich aufopferungsvoll um alle Menschen, die in Not sind, und möchte der Familie ein schönes Zuhause bereiten. Das Nesthäkchen Amy hingegen träumt von einem Leben als Künstlerin in Wohlstand und ist weniger bescheiden, als ihre Schwestern. Im ersten Teil, „Little Women“, werden die Mädchen während ihrer Kindheit begleitet. Der zweite Teil „Good Wives“ zeigt sie als heranwachsende junge Frauen, die den einen oder anderen Schicksalsschlag verkraften und ihren eigenen Weg finden müssen.

Eine halbautobiografische Geschichte

Schon als Kind bin ich der Geschichte um Beth und ihren Schwestern erstmals begegnet. Damals lief im Fernsehen die Zeichentrickserie „Eine fröhliche Familie“ nahezu täglich und ich verfolgte die amüsanten, aber auch dramatischen, romantischen und traurigen Geschehnisse nur allzu gespannt. Doch erst mit dieser Neuauflage von Alcotts Roman „Little Women. Beth und ihre Schwestern“ beim Reclam Verlag erfuhr ich, dass die Zeichentrickserie aus Kindertagen auf einem Bestseller beruht.

„Little Women. Beth und ihre Schwestern“ vereint den 1868 erschienenen ersten Band „Little Women“ und den Folgeband „Good Wives“, welcher nur ein Jahr später veröffentlicht wurde, in einem Buch. Das Werk ist zwar der Kinder- und Jugendbuchliteratur zuzuordnen, jedoch hat die Geschichte eine besondere Tiefe durch autobiografische Züge aus Alcotts eigener Lebensgeschichte, die ich sehr interessant und spannend empfinde.

Durch die heterodiegetische Erzählweise werden die Leserinnen und Leser in ausgewählten Abschnitten persönlich angesprochen, um Charaktere oder moralische Hilfestellungen, die an die Schwestern gerichtet wurden, genauer zu erklären. Dieses Vorgehen erleichtert es den jüngeren Leserinnen und Lesern, komplexe Sachverhalte besser zu verstehen. Die Wortwahl ist dabei so geschickt gewählt, dass die Erklärungen sich gekonnt in den Textfluss einfügen, ohne störend zu wirken.

Prägende Charaktere

Mit Kinderaugen sieht man einzelne Passagen noch anders als im Erwachsenenalter. Ich habe mir mit der Lektüre dieses Buches bewusst viel Zeit genommen, um die einzelnen Kapitel auf mich wirken zu lassen. Sicherlich soll „Little Women. Beth und ihre Schwestern“ vordergründig die Geschichte der vier Schwestern und ihrer unterschiedlichen Lebenswege und Schicksalen erzählen, aber ich empfand auch die Rolle der Mutter als besonders essenziell. In der schweren Nachkriegszeit ohne Mann vier Töchter alleine zu erziehen, ihnen mit wenig Geld dennoch ein geborgenes Zuhause zu bieten und ihnen stets mit Rat, Tat und Liebe unterstützend beizustehen, ist keine leichte Aufgabe. Ihre „Marmee“, wie die Mädchen ihre Mutter liebevoll nennen, hat die Schwestern so manch falsche Handlung in Kindertagen überdenken lassen und zu starken und empathischen Frauen gemacht. Aber auch die Rolle des Nachbarn Mr Laurence und dessen Enkel sind prägende und wegweisende Figuren innerhalb des Romans, die man auf sich wirken lassen sollte.

Ansprechende Illustrationen, die zum Verweilen einladen

Nicht nur inhaltlich überzeugt diese Ausgabe von „Litte Women. Beth und ihre Schwestern“. Kera Till, die bereits für Marken wie Hermès und Chanel als Illustratorin tätig war, hat dieses Buch illustriert. Die sanft gezeichneten Bilder erstrecken sich durch das gesamte Werk und befinden sich meist dezent gehalten am Rand des Textes. Aber auch großzügig illustrierte Doppelseiten in warmen Farben befinden sich in dem Buch und stellen gekonnt Bezug zu den Handlungen her. Durch Tills Illustrationen haben die beschriebenen Protagonistinnen und Protagonisten ein Gesicht erhalten, das ich mir nicht viel anders hätte vorstellen können.

Ob als Geschenk oder zum Selberlesen, ich kann dieses inhaltlich sowie optisch schöne Buch nur empfehlen. Sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene.

Little Women. Beth und ihre Schwestern. Louisa May Alcott. Übersetzung: Monika Baark. Illustrationen: Kera Till. Reclam. 2021.

Michelle-Denise Oerding

Michelle-Denise Oerding

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