Eine Demo, ein Schatz und ein Schneesturm

von | 11.03.2022 | Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher

Mit Sommerby hat Kinderbuchautorin Kirsten Boie eine moderne Astrid-Lindgren-Welt in Norddeutschland geschaffen. Der dritte Teil „Für immer Sommerby“ spielt im Winter – und es wird wieder spannend! – Von Worteweberin Annika

Es sind Weihnachtsferien, als Martha, Mikkel und Mats zum dritten Mal zu Oma Inge nach Sommerby fahren. Im Kofferraum haufenweise Geschenke, und dieses Mal bleibt Mama auch im kleinen Haus auf der Landzunge, Papa soll am Heiligabend dazu kommen. Trotzdem ist „Für immer Sommerby“ für mich mehr ein Winter- als ein Weihnachtsbuch. Denn: Es gibt Schnee, viel Schnee! Plötzlich fällt der Strom aus und Martha ist erstaunt, was nun alles nicht mehr funktioniert. Kein Licht, keine Heizung, kein Mobilfunknetz … Eine echte Notsituation! Insbesondere, als sich erst Mats und am nächsten Tag auch Mikkel hinaus in den Schneesturm begeben und in große Gefahr geraten.

Liebe und Widerstand

„Für immer Sommerby“ versammelt viele unterschiedliche Themen: Neben dem Schnee und Weihnachten geht es einerseits um eine neue Bedrohung für Sommerby. Die beschauliche Steuermannsinsel, auf der Enes Mutter ein Ausflugsrestaurant betreibt, soll verkauft und mit modernen Häusern bebaut werden. Aber nicht mit Enes und Martha! Enes organisiert eine Demo und weil Marthas Mutter eine gute Idee hat, wird die ein durchschlagender Erfolg.

Das bringt auch neuen Schwung in die Beziehung zwischen Martha und Enes, nachdem seit dem Herbst Funkstille geherrscht hatte. Inzwischen ist Martha zu Hause aus Versehen mit Albert zusammengekommen, obwohl sie gar nicht sicher ist, ob sie in den überhaupt verliebt ist. (Ob das wohl der gleiche Albert ist, den wir aus Boies Pappbilderbüchern „Albert spielt verstecken“ und „Albert ist eine Katze“ kennen?) Zum Glück hat nicht nur Krischan Boysen einen guten Rat für Martha, auch zwischen den Seiten findet die Zwölfjährige Überstützung: Sie lässt sich von Katniss aus „Die Tribute von Panem“ inspirieren. Mit ihren Geschwistern liest Martha außerdem „Jim Knopf“. Wie in den anderen beiden Bänden ist die Liebe zur Literatur hier wieder schön, aber unterschwellig präsent.

Perspektivwechsel

Wie in den anderen beiden Bänden ist Martha die hauptsächliche Erzählerin, doch auch aus den Perspektiven von Mikkel und Mats werden Kapitel erzählt, so dass wir ganz unterschiedliche Geschichten mitbekommen. Mats und Dilara, Enes jüngere Schwester, finden einen Ring am Ende des Regenbogens. Das Problem ist, dass sie nicht darüber sprechen dürfen, damit die Wünsche in Erfüllung gehen … Denn sonst würden die Erwachsenen vielleicht herausfinden, was es mit diesem Ring eigentlich auf sich hat. Und Mikkel ist wie immer besorgt um Oma Inges Tiere, denn ein Marder macht den Hühnerstall unsicher. Was tun?

Wie immer gelingt es Kirsten Boie, die Stimmen der Kinder authentisch einzufangen. Und auch im dritten Band ist die Sommerby-Stimmung wieder perfekt. Bei Kerzenschein, Keksen und Weihnachtsessen kommt Kuschelstimmung auf und doch wird die Idylle durch die spannenden Ereignisse nie überhöht. Besonders spannend gelungen finde ich es, dass Kirsten Boie die erwachsenen Figuren ambivalent darstellt. Martha liebt ihre Eltern, doch sie erkennt auch, dass deren Pläne für Oma Inges Häuschen falsch und egoistisch sind. Auch dass Mama Oma Inges alte Handtücher ersetzen möchte, um das Haus in ein beschauliches Landhaus zum Wohlfühlen zu verwandeln, kann sie nicht ganz verstehen und vermittelt zwischen den beiden Frauen. Doch im Haus in Sommerby zeigt Mama auch neue Seiten, die Martha an ihr vorher nicht kannte, und überzeugt sie durch praktisches Denken und Zupacken – irgendwie ist Mama halt doch die Tochter von Oma Inge.

Fans von Kirsten Boies Sommerbyromanen oder den Geschichten von Astrid Lindgren werden mit „Für immer Sommerby“ definitiv auf ihre Kosten kommen. Der Roman ist ein gelungenes Weihnachts- und Winterbuch, vor allem aber eine gelungene Fortsetzung der ersten beiden Teile.

Für immer Sommerby. Kirsten Boie. Illustration: Verena Körting. Oetinger. 2021.

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Annika Depping

Annika Depping

Als Chefredakteurin versucht Annika in der Bücherstadt den Überblick zu behalten, was mit der Nase zwischen zwei Buchdeckeln, zwei Kindern um die Füße und dem wuchernden Grün des Kleingartens im Nacken nicht immer einfach ist. Außerhalb der Bücherstadt ist Annika am Literaturhaus Bremen mit verschiedenen Projekten ebenfalls in der Welt der Geschichten unterwegs.

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