Ein Roman mit Empfehlungsschreiben

von | 19.04.2016 | Belletristik, Buchpranger

Wer sagt, dass es ewig dauern muss, einen Roman zu schreiben? 30 Tage können durchaus genügen. Das wissen nicht nur die Teilnehmer des National Novel Writing Month. Auch die zwölfeinhalbjährige Aristoteles Thibodeau schreibt einen Monat lang. Zeilenschwimmerin Ronja hat mitgelesen.

Eine Therapie für AristotelesExposition

Rezensionsexemplare haben, bevor sie zu solchen werden, auf irgendeine Art und Weise die Aufmerksamkeit der Redaktion oder Person erregt, die es rezensieren wird. Deshalb war ich verständlicher Weise überrascht, in meinem Exemplar von „Eine Therapie für Aristoteles“, das ich ja ohnehin lesen wollte (und auch musste), ein Empfehlungsschreiben für ebendieses Buch vorzufinden. Ist das nicht überflüssiger Aufwand?

Steigende Handlung

Besagtes Buch wird erzählt von Aristoteles, genannt Aris. Sie lebt mit ihrer Mutter Diane und ihrem jüngeren Bruder Max in Kanuga, USA. Aris, die ihrer Mutter hilft, wo sie nur kann, beschließt, dass es so chaotisch wie momentan nicht weitergehen kann. Der Plan: In 30 Tagen ein Buch schreiben, das zum einen als Therapie für sie selbst dienen und gleichzeitig ein Bestseller werden soll, um der Familie die Geldsorgen zu nehmen. Nebenbei will Aris auch endlich den richtigen Freund für ihre Mutter finden. Sie hat da auch schon jemanden ins Auge gefasst: Penn, handwerklich begabter Familienfreund und „PMB“ (Positive männliche Bezugsperson) für Aris und Max. Zu dumm, dass Penn von langfristigen Beziehungen und Berührungen anderer Menschen nicht sonderlich viel hält.

Höhepunkt

Auch wenn es erst so klingen mag, „Eine Therapie für Aristoteles“ ist nicht die schon oft beschriebene und verfilmte Geschichte eines Kindes, das seinem alleinerziehenden Elternteil einen Partner sucht. Der Roman ist gefühlvoll, aber nicht kitschig. Komisch, aber keine Komödie. Nachdenklich und teilweise traurig, aber keine Tragödie. Er ist angenehm unvorhersehbar.
Es ist beeindruckend, wie Melanie Sumner es schafft, bei all den ernsten und auch witzigen Geschehnissen die Sprache ihres Romans so wirken zu lassen, als erzähle tatsächlich ein Mädchen und keine Erwachsene, ohne dass es zu einfach oder platt wird.

Fallende Handlung

Alle, die sich noch an die Deutschstunde erinnern können, in der der typische Aufbau eines Romans durchgenommen wurde, werden zusätzlichen Spaß haben. Statt Kapiteln oder Teilen, gibt es Exposition, steigende Handlung, Höhepunkt etc. (Ich war so frei, diese Idee hier ebenfalls anzuwenden.) Aristoteles bemüht sich, alles auf ihrem Weg zum Bestseller richtig zu machen und gibt einige Tipps zum Schreiben eines Romans aus ihrem Ratgeber „Romane schreiben in 30 Tagen“ an ihre LeserInnen weiter.

Dénouement

Was soll ich noch groß sagen? Aristoteles und auch Melanie Sumner haben alles richtig gemacht. Entstanden ist ein herzerwärmender Roman, der jedes eigentlich überflüssige Empfehlungsschreiben rechtfertigt.

Eine Therapie für Aristoteles. Melanie Sumner. Übersetzung: Eva Kemper. DuMont Buchverlag. 2016.

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