In der Graphic Novel „Wenn Sterne verstreut sind“ erzählen Victoria Jamieson und Omar Mohamed eine (fiktive) Geschichte, die der von Omar nachempfunden ist: Als vierjähriger Junge musste Omar mit seinem kleinen Bruder fliehen, als der Bürgerkrieg in Somalia ausbrach. Er sah seinen Vater sterben, verlor seine Mutter im Durcheinander und kam für viele Jahre nach Kenia in das Flüchtlingslager Dadaab – eine Zeit des Wartens, des Hungers und der Hoffnungslosigkeit.  – Von Satzhüterin Pia

Manche Geschichten brauchen keine Unmengen an Worten. Eine solche Geschichte ist „Wenn Sterne verstreut sind“. Wie das Leben in einem Flüchtlingslager aussehen kann und wie es für Omar und seinen Bruder war, in Dadaab, Kenia, aufzuwachsen, wird in Comicform eindrucksvoll vermittelt. Es gibt nie genug zu essen, es ist unendlich langweilig, schmutzig und unbequem, und nicht zuletzt unzureichend medizinisch versorgt. Omars kleiner Bruder Hassan hat eine Behinderung, spricht nur ein Wort und hat unregelmäßig auftretende Anfälle.

Hoffnung(slosigkeit)

Omar ist ein kluger Junge und unverhofft erhält er die Chance, die Grundschule im Lager zu besuchen. Er bekommt die Möglichkeit, sein Leben in die Hand zu nehmen und seine Zukunft aktiv zu beeinflussen. Gleichzeitig muss er sich doch eigentlich um seinen behinderten Bruder kümmern – das einzige Familienmitglied, das ihm geblieben ist – und dann ist da noch diese Ungewissheit, ob er wohl überhaupt noch einmal woanders leben wird als in diesem Lager.

Mit den Jahren wird zudem die Hoffnung Stück für Stück kleiner, dass Omar und Hassan ihre Mutter jemals wiederfinden. Es ist erschütternd, wie dieser kleine Junge in all dem Elend zum jungen Mann heranreift und dabei trotz allem so ein starker und gutherziger Charakter wird. Mit all der Wut und Frustration, die zu so einem Prozess dazugehören …

Inspirierend und lehrreich

Von der ersten Seite an fesselt die Geschichte Omars. Die Einblicke in das Leben im Lager, die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit sind spürbar, die zarten Glücksmomente und die Dankbarkeit für kleine Dinge sind inspirierend, und der leise Humor, der hier und dort durchblitzt, zaubern uns Leser:innen ein Lächeln ins Gesicht. Generell ist diese Geschichte unendlich gefühlvoll: Man leidet so sehr mit und gewinnt einen Zugang zu dieser (für mich) so fernen Welt, der sonst nur schwer möglich ist.

Die Graphic Novel „Wenn Sterne verstreut sind“ schafft Empathie und Verständnis, ist berührend und unvergesslich, mitreißend und intim – und sehr empfehlenswert, nicht nur für die anberaumte Zielgruppe von Kindern von etwa 12 Jahren.

Wenn Sterne verstreut sind. Victoria Jamieson und Omar Mohamed. Übersetzung: Julia Augustin. Adrian & Wimmelbuchverlag. 2022.

Pia Zarsteck

Pia Zarsteck

Pias Liebe zur Literatur hat sie vor Jahren an die Uni Bremen geführt, wo sie bis zum Masterabschluss Germanistik studierte. Heute ist sie Vorsitzende im Bücherstadt e.V., Mama einer Vierjährigen und beruflich ganz woanders unterwegs - aber immer noch vernarrt in Bücher und Spiele. Ein Leben ohne die Bücherstadt kann sie sich nicht vorstellen.

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