Ein Hauch Romantik im blutigen Zeitalter

von | 01.02.2016 | Belletristik, Buchpranger

Der englische Hof zur Zeit Heinrich VIII.: Dieser ist einer der bekanntesten englischen Herrscher, der allerdings nicht durch sein politisches Geschick berühmt wurde, sondern dadurch, dass er fünf Frauen „verschliss“, ehe ihn die sechste überlebte. Hier beginnt der historische Roman „Die zwölfte Nacht“ von Charlotte Lyne und hier lässt man sich auch hineintreiben in den Zauber der zwölften Nacht, die in Englands Hof jedes Jahr groß gefeiert wird und in welcher es keine Regeln gibt. – Von Bücherbändigerin Elisabeth

Catherine Parr wuchs bei den Seymours im englischen Adel auf. Wie so viele andere ist auch sie begierig darauf, die Zauber und Reichtümer zu Hofe zu erfahren, sodass sie die zwölfte Nacht – um den Dreikönigstag – eines Tages am Hofe verbringen darf. In dieser Nacht ist alles anders. Es gibt keine Regeln, der Arme darf reich sein, der Reiche arm. Alles, was in der zwölften Nacht passiert, ist nie passiert. Noch ist sie unbedarft bezüglich der Verwirrungen zu Hofe. Die Scheidung von Katharina von Aragon, der ein Bruch mit dem Papst folgt, die Vermählung mit Anne Boleyn, Heinrich VIII. zeigt sich nicht so, wie das Volk es erwartet.
Während Catherine ihre Liebe für Tom Seymour entdeckt, mit welchem sie aufgewachsen ist, regt sich der Drang nach einer neuen Religion, die für alle zugänglich ist. Catherine hat den Wunsch, ein Buch über ihre Frömmigkeit zu schreiben und sie will die Bibel lesen können, aber Latein beherrscht sie nicht. Die Lehren Luthers kamen ihr gelegen, doch dies alles sind verbotene Schriften, die in England mit dem Tode bestraft werden.
Tom Seymour und sein Bruder Edward sind Verfechter des neuen Glaubens, des Protestantismus. Catherine entdeckt ihre Liebe für Tom, doch sie wird zugunsten der Familie und des Standes willen mit einem anderen Adligen vermählt. Als sie zum zweiten Mal aus einer unliebsamen Ehe heraus verwitwet, glaubt sie ihren Weg zu Tom Seymour gefunden zu haben. Doch die Verfechter des neuen Glaubens sind durch die scharfen Verfolgungen durch den König in größter Gefahr. Und dann steht auch noch Heinrich VIII. mit einer verheerenden Bitte vor ihr.

Charlotte Lynes „Die zwölfte Nacht“ ist ein gelungenes Werk, das sich zwischen geschichtlichen Fakten und kleinen, wertvollen Romanzen und Details bewegt. Ihre Sprache wirkt ein wenig wie aus einer vergangenen Zeit, aber keineswegs kompliziert oder schwer zu lesen. Sie arbeitet mit schönen Bildern, treffenden Worten und einem flüssigen Schreibstil, sodass die Spannung nicht verloren geht. Die Sehnsucht und Liebe zu Tom, die innige Beziehung zu seinem Bruder Edward und zu den protestantischen Lehrern, die sie hatte, werden beschreibend in die geschichtlichen Hintergründe und Fakten eingewoben, die stimmig beschrieben und angeordnet sind.
Dabei verzichtet Charlotte Lyne keineswegs auf genaue und exakte Recherche, bleibt nahe an den historischen Fakten. Dass sie sich kleine Freiheiten nimmt, der Einfachheit halber einen unwichtigen Namen verändert oder ein Ereignis ein wenig anders anordnet, ohne dabei den eigentlichen Verlauf zu stören, tut der tragisch-schönen Geschichte keinen Abbruch.

Charlotte Lyne hat mich das ganze Buch hindurch gefesselt durch einen schönen Schreibstil, eine spannende und emotionale Schreibweise und der ständigen Hoffnung, den beiden Protagonisten ein gutes Ende zu wünschen. Wenn Bücher Geschichte verändern könnten, hätte dieses es wahrscheinlich geschafft.

Die zwölfte Nacht. Charlotte Lyne. Blanvalet. 2015.

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