Ein Abend mit Johann Wolfgang von Goethe

von | 12.09.2014 | Buchpranger

Bremen – Am Donnerstagabend haben sich viele Menschen an der „Glocke“ in der Bremer Innenstadt versammelt, um im Rahmen des Musikfestes einer besonderen Art der Lesung teilzunehmen: „Ein Abend mit Johann Wolfgang von Goethe.“ Bücherstädter Alexa und Aaron waren vor Ort.

Im angenehm ausgeleuchteten Großen Saal herrscht eine ruhige Atmosphäre und das überwiegend ältere Publikum wartet gespannt auf den Beginn der Veranstaltung. Die meisten Gäste halten kleine Hefte in den Händen, aus denen sie schon einige Informationen vorweg gewinnen konnten: Über Goethe und seine Werke, die Komponisten, die seine Texte vertonten, darunter Franz Schubert, Ludwig van Beethoven, Edvard Grieg, Hugo Wolf und Franz Liszt.
Kurz nach 20 Uhr wird das Licht über den Rängen gedämmt und der „Abend mit Johann Wolfgang von Goethe“ beginnt. Drei Herren betreten von der Seite die Bühne und rezitierten wie im Gespräch miteinander. Gebannt verfolgt das Publikum wie die drei – der Feinsinnige, der Einnehmende und der Gewitzte – die Bühne einnehmen und Stellung beziehen: Michael Gees am Klavier, Christoph Prégardien (Tenor) davor und Udo Samel (Rezitation) an einem kleinen Tisch daneben. Noch kurz lassen anzügliche Verse aus der Walpurgisnachtszene aus Faust I die Ränge auflachen und schon erklingt Franz Schuberts musikalische Fassung von „Heidenröslein“. Der Tenor erweckt mit seiner melodiösen Stimme den Text zum Leben und gibt damit den Auftakt der Veranstaltung. Die minutiös passende Begleitung erweckt den Eindruck, Pianist und Sänger hätten diesen Auftritt sehr genau geübt. Als das Stück endet, setzt Udo Samel ein, der mit einer urigen Stimmlage aus „Dichtung und Wahrheit“ eine Passage über Goethes Kindheit vorliest.

So geht es weiter: im Wechsel wird gesungen und gelesen. Die Abwechslung hilft nicht nur den Zuhörern aufmerksam zu bleiben, sie repräsentiert auch den vielseitigen Goethe und die ausgewählten Texte, die zwischen romantisch und philosophisch changierten. Es fällt schnell auf, dass es etwas anderes ist als Worte zu lesen. Das Trio auf der Bühne lässt die Lyrik lebendig werden und bereichert sie durch seine Kunstfertigkeit im Lesen, Singen und Musizieren. Die wertvoll formulierten Gedanken werden ebenso gekonnt vorgetragen, doch in bestimmten Momenten wirkt es unpassend, Goethes jugendliche Worte im erwachsenen Ton zu hören. Die Zuhörer lauschen dennoch andächtig, was in dem prunkvollen Saal eine sakrale Stimmung erzeugt. Besonders fantastisch sind die zwei Vertonungen: Hugo Wolf – gefühlvoll gesungen und virtuos begleitet. Beethoven – kraftvoll, witzig, stark. Trotz der Leichtigkeit, mit der die Texte vermittelt werden, bleibt der teils ernste, teils nachdenkliche Charakter durch die Lesungen von Udo Samel erhalten.

Der Abschluss der Veranstaltung zögert sich etwas hinaus, da das laut applaudierende Publikum die drei Herren noch zweimal zurück auf die Bühne zu Zugaben bewegt. Diese Zugaben (bzw. Wiederholungen) lassen den Abend mit einem fantastischen Gefühl enden, welches sich in den dezent lächelnden Gesichtern der Gäste noch außerhalb des Saals widerspiegelt.

Foto © Bücherstadt Kurier

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1 Kommentar

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    Der ARtikel ist sehr gut geschrieben!

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