Die Seele des Punk

von | 05.02.2015 | Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga

Mit PIL eröffnet die japanische Zeichnerin Mari Yamazaki einen eher unbekannten Blick auf die Punk-Bewegung der Achtziger. Eine Coming-of-Age-Geschichte zwischen Japan und England…

1983: Der Punk erobert England und die ganze Welt. Harte, ehrliche Musik aus der Arbeiterklasse begeistert die jungen Wilden. Nanami ist eine von ihnen. Die japanische Oberschülerin träumt davon, in London zu leben und zu arbeiten. Doch wie es bei Träumen oft so ist, macht ihnen der Alltag einen Strich durch die Rechnung – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Nanami lebt mit ihrem Großvater zusammen und das Geld wird knapp, weil er es für unnütze Dinge verprasst. Nanami muss deshalb mehr Verantwortung übernehmen als die meisten Mädchen in ihrem Alter. Um den Problemen des Alltags zu entfliehen, beschallt sie sich mit Songs ihrer Lieblingsbands – allen voran Public Image Ltd. – und sucht Zuflucht in Punk-Kneipen. Zur großen Sorge ihres Großvaters: Ein Generationskonflikt bahnt sich an, der zwischen Streit und beidseitiger Besorgnis pendelt.

Yamazakis Graphic Novel – übrigens „normal“ von links nach rechts zu lesen – schafft es, Gegensätze miteinander zu versöhnen. Ost und West, Jung und Alt, Tradition und Moderne: Grenzen erweisen sich plötzlich als weniger stark ausgeprägt, als man glaubt. Insgesamt ist es ein kurzweiliger, greifbarer Blick in die Zeit und die Musik-Szene, der beweist, dass Punk mehr ist als ein aggressives Lebensgefühl. Es ist auch ein Gefühl, das Menschen verbindet.
Es ist fast schade, dass die Lektüre so kurz ist. Manche Fragen bleiben offen, manche Antworten werden nur angedeutet. Doch die Figuren zeichnen sich durch Tiefe und Originalität aus, leichte Überzeichnungen sorgen für humoristische Effekte. Optisch sticht die Graphic Novel aus den japanischen Manga kaum heraus, was jedoch nicht negativ gemeint ist. Reduzierte Zeichnungen mit einem Auge für Mimik und Gestik lassen in die Story eintauchen und Sympathie für Nanami und ihren Großvater empfinden.

Alles in allem bietet PIL einen spannenden Blickwinkel, der Lust auf mehr macht. Sehr authentisch, von einer Autorin, die selbst eine Grenzgängerin zwischen Ost und West ist.

Maike

PIL, Mari Yamazaki, John Schmitt-Weigand (Übersetzer), Carlsen, 2014,
Altersempfehlung: ab 14 Jahren

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