„Die Hölle ist finster.“

von | 07.05.2018 | Filme, Filmtheater

 

Shakespeares „Macbeth“ wurde bereits mehrfach verfilmt. 2015 erschien die letzte Filmadaption, unter der Regie von Justin Kurzel und mit Michael Fassbender und Marion Cotillard in den Hauptrollen. Eine bild- und sprachgewaltige Umsetzung, findet Zeichensetzerin Alexa.

Der Tod ist allgegenwärtig und in der Tragödie „Macbeth“ verfolgt er die Protagonisten vom Anfang bis zum Ende. Gleich das erste Bild, das sich den Zuschauenden bietet, zeigt ein totes Kind: Es liegt auf einem Altar von Pflanzen, Ästen und Zweigen, eingehüllt in helle Stoffe, auf der Brust berühren sich die kleinen Hände und friedlich erscheint der Gesichtsausdruck – als würde es nur schlafen und jeden Augenblick erwachen. Leise nehmen die Eltern Abschied, der Schmerz über den Verlust ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Dass das Leid damit noch kein Ende hat, werden sie erst noch im Laufe der Zeit erfahren müssen.

Die Schreckensherrschaft

Angetrieben von einer Prophezeiung, welche Macbeth (Michael Fassbender) von den drei Hexen überbracht wird, und seiner Frau Lady Macbeth (Marion Cotillard) tötet er den König. Nicht als Mörder entlarvt, wird Macbeth zum König ernannt, worauf seine Schreckensherrschaft beginnt. Aus Angst und Verfolgungswahn lässt er seinen besten Freund Banquo töten. Es folgen weitere Morde und Schreckenstaten und je mehr er diesen verfällt, desto öfter suchen ihn die Dämonen heim. Sein psychischer Zustand verschlechtert sich schließlich derart, dass Lady Macbeths Verzweiflung überhandnimmt und sie keinen Ausweg mehr sieht als den Tod. „Dein Aufwand verdirbt alles“, sagt sie immer wieder. Und: „Die Hölle ist finster.“ In einer verlassenen Kirche begegnet sie ihrem toten Kind und folgt anschließend den drei Hexen. Wiederholend sagt sie: „Zu Bett.“

Macbeth findet seine Frau tot im Bett vor, er hebt sie heraus und erinnert sich an vergangene Zeiten. Dies ist der Schlüsselpunkt: Als er begreift, dass seine Frau tot ist, wird er sich all seiner Handlungen bewusst. Doch ein Zurück gibt es nicht.

Filmtheater im Shakespeare-Stil

Die 2015 erschienene Filmadaption unter der Regie von Justin Kurzel vereint anspruchsvolle Film-Ästhetik und Sprechtext im Shakespeare-Stil. Das Drama erhält auf diese Weise auf sprachlicher Ebene einen Authentizitätscharakter, der die Verbindung zur literarischen Vorlage unterstreicht und mit den filmischen Mitteln harmoniert.

So finden sich Szenen, in denen das Theatralische besonders zur Geltung kommt: Nahaufnahmen der Protagonisten, wie sie einen längeren Monolog halten oder einen ausschweifenden Dialog führen. Ein solcher Monolog tritt beispielsweise in Erscheinung, als Lady Macbeth in der verlassenen Kirche vor ihrem Kind sitzt. Dass da jemand vor ihr ist, ist lange nicht ersichtlich, da die Kamera auf ihr Gesicht fokussiert ist. Lady Macbeth spricht zu jemandem. Erst wirkt es, als würden die Worte ihrem Mann gelten, dann jedoch werden sie immer verworrener und wiederholen sich. Hier wird der Ursprung des Dramas in Verbindung mit der Theateraufführung deutlich. Die Schauspielerin spricht in ihrer Rolle zu einem Publikum hin und betont ihre Worte gewählt und in gespielt übertriebener Weise.

Ästhetisch anspruchsvolle Umsetzung

Eine weitere Besonderheit dieses Films ist die Ästhetik: Die Farben Blau, Orange und Rot nehmen eine dominierende Rolle im Szenenbild ein. Szenen, die sich draußen abspielen, werden oftmals bläulich und neblig dargestellt, sodass eine kalte und düstere Atmosphäre entsteht. Innerhalb von Räumen und Zelten kommen die orangen Töne durch beispielsweise Kerzenschein ins Bild – hier fällt das Spiel von Licht und Schatten besonders auf: Denn auch wenn sich die Protagonisten hinter verschlossenen Türen befinden, so scheinen sie nie ganz sicher zu sein. Dunkle Gedanken und Schatten der Vergangenheit sind stets präsent und durch diese filmische Darstellung vor allem innerhalb der Räume spürbar.

Die Farbe Rot fungiert als Signalfarbe. Sie taucht am Ende verstärkt auf, als es zum Kampf zwischen Macbeth und Malcolm, dem Sohn des Königs, kommt.

„Macbeth“ ist in vielerlei Hinsicht sehenswert: Es wird nicht nur der Anspruch verfolgt, einen Klassiker in ähnlich anspruchsvoller Weise zu adaptieren, sondern auch die Mittel des Mediums Film sinnvoll einzusetzen. Den Zuschauenden werden stimmungsvolle, bildgewaltige Szenen geboten, die ihre Wirkung durch Farben, Kameraperspektiven und Bewegungsabläufe in Zeitlupe entfalten – all dies begleitet von dramatischem Text im Stile Shakespeares.

Macbeth. Regie: Justin Kurzel. Drehbuch: Jacob Koskoff, Michael Lesslie, Todd Louiso. Buchvorlage: Macbeth (William Shakespeare). Darsteller: Michael Fassbender, Marion Cotillard, Jack Reynor u.a. GB. 2015. Weitere Informationen unter: www.studiocanal.de/dvd/macbeth / www.arthaus.de/macbeth

Screenshots: Zeichensetzerin Alexa

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