Deutscher Jugendliteraturpreis 2022: Drei nominierte Sachbücher

by Bücherstadt Kurier

Jugendliteraturpreis 2022Bevor am 21. Okto­ber auf der Frank­fur­ter Buch­messe die Sie­ger­ti­tel des Deut­schen Jugend­li­te­ra­tur­prei­ses bekannt gege­ben wer­den, neh­men Satz­hü­te­rin Pia, Worte­we­be­rin Annika und Zei­chen­set­ze­rin Alexa die nomi­nier­ten Titel aus der Kate­go­rie „Sach­buch“ unter die Lupe. Drei davon stel­len sie hier vor.

„Damals der Dodo“

So wun­der­lich wie der seit Jahr­hun­der­ten aus­ge­stor­bene urige Vogel Dodo mutet auch die­ses Buch auf den ers­ten Blick an. Isa­bel Pin erzählt anhand des Dodos „vom Aus­ster­ben und Über­le­ben der Arten“ und geht damit einen span­nen­den Weg mit vie­len inter­es­san­ten Seitenstraßen.

Der Vogel, der Ende des 17. Jahr­hun­derts aus­starb und auf den Mas­ka­re­nen, genauer der Insel Mau­ri­tius, lebte, sei nicht nur ein Vogel. Er sei „ein Aben­teuer, das Epos einer Tier­art, die in unse­rer Welt, neben uns Men­schen zu über­le­ben ver­suchte.“ Und somit könne anhand sei­nes Ver­schwin­dens eine Geschichte der Welt, der Natur und der Men­schen erzählt werden.

Ins­ge­samt gibt es 45 kurze Kapi­tel rund um den Dodo, sei­nen Lebens­raum, sein Aus­se­hen, seine unfrei­wil­li­gen Rei­sen und vie­les mehr. Im wei­te­ren Ver­lauf schlägt Pin den Bogen vom Dodo und wie Tier­ar­ten aus­ster­ben kön­nen, zu vie­len wei­te­ren aus­ge­stor­be­nen Tie­ren. Leser:innen ler­nen unter ande­rem auch die Rie­sen­see­kuh, Ele­fan­ten­vö­gel oder den Beu­tel­wolf ken­nen. Immer wie­der kommt die Autorin auf Men­schen und Berufe zu spre­chen, die mit dem Schick­sal des Dodos ver­bun­den sind. In kur­zen, span­nen­den Bio­gra­fien erfah­ren Leser:innen etwas über die Ent­de­cke­rin und Bota­ni­ke­rin Jeanne Baret oder die Natur­for­sche­rin Maria Sibylla Merian sowie viele wei­tere Persönlichkeiten.

Schlichte Skiz­zen und bunte, aber unauf­dring­li­che Zeich­nun­gen sowie klei­nere Käst­chen mit Infor­ma­tio­nen zu Begrif­fen, die im Text vor­kom­men (zum Bei­spiel Epos, Glo­ba­li­sie­rung oder auch Kli­ma­wan­del), run­den das Buch sehr gelun­gen ab. Kleine und auch grö­ßere Leser:innen wer­den hier selbst zu Entdecker:innen und kön­nen spie­le­risch unglaub­lich viel ler­nen. (sp)

Damals der Dodo. Vom Aus­ster­ben und Über­le­ben der Arten. Isa­bel Pin (Text und Illus­tra­tio­nen). Aus dem Fran­zö­si­schen von Mar­tin Zwil­ling. Karl Rauch Ver­lag. 2021.

„Von Moskau nach Wladiwostok“

Gerade ist nicht wirk­lich der rich­tige Zeit­punkt, um mit der fas­zi­nie­ren­den Trans­si­bi­ri­schen Eisen­bahn durch Russ­land zu gon­deln. Zu groß ist die Distanz zu die­sem Land durch den Krieg in der Ukraine gewor­den. Aber warum sollte man dann trotz­dem dar­über lesen? In der Jury­be­grün­dung zum Deut­schen Jugend­li­te­ra­tur­preis wird „Von Mos­kau nach Wla­di­wos­tok“ als ein „Brü­cken­bauer im bes­ten Sinn des Wor­tes“ gelobt – und ist es nicht genau das, was wir in der aktu­el­len poli­ti­schen Situa­tion brauchen?

Das groß­for­ma­tige Sach­bil­der­buch von Alex­an­dra Lit­wina (Text) und Anna Des­nit­skaya (Illus­tra­tion) folgt der berühm­ten Bahn­stre­cke quer durch Russ­land. In jeder Stadt kom­men Men­schen, meis­tens Kin­der, zu Wort. Als „unser Mann“ oder „unsere Frau in ...“ berich­ten sie von ihren Lieb­lings­plät­zen, der Archi­tek­tur oder dem regio­na­len Essen. Sie geben dem Russ­land ent­lang der Tras­sib ein Gesicht. Auf den Sei­ten ver­sam­melt die Autorin zudem viele ver­schie­dene Fak­ten, Kurio­si­tä­ten und erklärt wich­tige Voka­beln, sodass ein infor­ma­ti­ves Bild der Orte ent­steht. Außer­dem erfah­ren Leser:innen mehr über das Rei­sen mit der Trans­si­bi­ri­schen Eisen­bahn: Was muss man ein­pa­cken? Wo kann man duschen und auf Toi­lette gehen? Wie schläft man?

Ergänzt wird alles durch die herr­li­chen Illus­tra­tio­nen von Anna Des­nit­skaya. Teils zeigt sie kleine Objekte und Details, teils fängt sie ganz- oder dop­pel­sei­tig die Stim­mun­gen der ver­schie­de­nen Land­schaf­ten ein. Und wenn man durch das Buch Lust auf Zug­rei­sen bekommt, gibt es ja gute Nach­rich­ten: Fern­stre­cken­züge gibt es auf der gan­zen Welt. Also alles ein­stei­gen, bitte! (wa)

Von Mos­kau nach Wla­di­wos­tok. Eine Reise mit der Trans­si­bi­ri­schen Eisen­bahn. Text: Alex­an­dra Lit­wina. Illus­tra­tion: Anna Des­nit­skaya. Aus dem Rus­si­schen von Tho­mas Wei­ler und Lorenz Hoff­mann. Gers­ten­berg. 2021. Ab 10 Jahren.

„Hunde im Futur“

Für Gram­ma­tik und Recht­schrei­bung konnte ich mich schon als Schü­le­rin begeis­tern. Alles folgt einem kla­ren Sys­tem, die Regeln sind – mei­ner Mei­nung nach – abso­lut logisch und es macht ein­fach Spaß, Spra­che zu ana­ly­sie­ren. Kein Wun­der also, dass mich Bücher wie „Hunde im Futur“ direkt ansprechen.

Das im Susanna Rie­der Ver­lag erschie­nene Sach­buch wurde für den dies­jäh­ri­gen Deut­schen Jugend­li­te­ra­tur­preis nomi­niert, mit der Begrün­dung, es sei „in höchs­tem Maß ideen­reich“. Was die Leser:innen hier erwar­tet, ist kein Buch, das einem lang­wei­li­gen Schul­buch gleicht, son­dern eine krea­tive Ein­füh­rung in die wun­der­volle Welt der deut­schen Gram­ma­tik: Wort­ar­ten, Satz­glie­der und ‑arten, Fälle und Zei­ten wer­den anhand simp­ler Bei­spiele und kur­zer Text­chen vor­ge­stellt und mit­hilfe von gra­fi­schen und farb­li­chen Her­vor­he­bun­gen ver­deut­licht. Sehr ange­nehm ist auch die luf­tige Gestal­tung des Buches. Man­che Sei­ten beinhal­ten nur ein­zelne Wör­ter oder prä­sen­tie­ren zwei Bei­spiel­sätze, sodass nur das Wich­tigste in Kürze ver­mit­telt wird.

Bei so viel Klar­heit im Text bil­den die mit Bunt­stif­ten gezeich­ne­ten Illus­tra­tio­nen einen Kon­trast dazu. Auf der ande­ren Seite ver­an­schau­licht genau diese Art von bun­ter Gestal­tung und ver­spiel­ter Typo­gra­fie, dass Spra­che auf vie­len Ebe­nen leben­dig ist. „Hunde im Futur“ lädt Kin­der ab 8 Jah­ren und Erwach­sene dazu ein, For­men und Funk­tio­nen von Spra­che ken­nen­zu­ler­nen, wie­der­zu­ent­de­cken und lie­ben zu ler­nen. (za)

Hunde im Futur. Text: Johan­nes Rie­der, Susanna Rie­der. Illus­tra­tion: Arinda Crăciun. Gestal­tung: Cars­ten Aer­mes. Susanna Rie­der Ver­lag. 2022. Ab 8 Jahren.

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