Der Wahnsinn des Genies

von | 15.11.2019 | Digitale Spiele, Spielstraße

Das 2016 erschienene Horror-Spiel „Layers of Fear“ vom polnischen Entwicklerstudio Bloober Team lässt euch in die Haut eines Künstlers schlüpfen, der ein Bild fertigstellen will. Geschichtenerzähler Adrian und Geschichtenzeichnerin Celina stellen jedoch fest, dass das gar nicht so einfach ist.

Eigentlich will unser gefeierter Protagonist und Maler nur ein Bild malen. Allerdings fehlen ihm dafür die nötigen Utensilien, welche überall im Haus verteilt sind. Hört sich erstmal gar nicht so spektakulär an. Na gut, das Haus ist recht groß und dunkel, da muss man schon ein paar Minuten suchen. Tja, falsch gedacht, denn das Haus entpuppt sich als noch größer als erwartet. Endlose Flure, zig Räume und natürlich ein dunkler Keller. Irgendwie scheint uns das Haus nicht wohlgesonnen, denn die Zahl der Türen und die Größe der Gänge und Zimmer sind nicht fix. Warum will das Haus nicht, dass wir das Bild fertigmalen?

Mit der Zeit finden wir als Spielende heraus, dass es weniger das Haus ist, sondern eher die Psyche unseres Protagonisten. Dieser hat nämlich eine Vergangenheit voller Verluste, Tragödien und anderer traumatischer Schicksale hinter sich. Zu viel Alkohol und die Einsamkeit haben ihn Stück für Stück an den Rand des Wahnsinns getrieben. Doch er muss noch dieses Bild vollenden! Und dann wäre da noch dieses verdammte Ungeziefer in den Wänden.

Erzählkunst

„Layers of Fear“ ist ein klassischer Walking-Simulator. Man läuft durch die Gänge des Hauses, öffnet Türen oder Schränke und löst auch mal ein paar Rätsel. Zu Kämpfen kommt es gar nicht und es ist auch keine Möglichkeit gegeben, zu sterben.

Die Geschichte wird über Monologe des Künstlers und über Manuskriptseiten, welche man überall im Haus finden kann, erzählt, sowie über Sammelgegenstände, die beim Künstler Erinnerungen auslösen. Zudem tragen die Bildsprache des Hauses und die unheimlichen Erscheinungen zur Geschichte bei. Zur Interaktion mit anderen Charakteren kommt es jedoch nicht, was gut damit erklärt ist, dass der Protagonist sehr zurückgezogen lebt.

Ein stimmungsvolles Erlebnis

Das komplette Erlebnis spielt sich im Haus des Protagonisten ab. Somit liegt auch der Fokus komplett auf der Licht- und Geräuschkulisse innerhalb des von Mondlicht und Gaslampen beleuchteten Anwesens. Durch das dunkle Holz der Wandverkleidung in Kombination mit der schummrigen Lichtstimmung wird eine wunderbar düstere Gruselatmosphäre erzeugt.

Die Musik ist mehrheitlich im Ambiente-Stil gehalten, mit zurückhaltenden Holzblasinstrumenten sowie Klangspielen und Synth-Sounds, die beispielsweise heulenden Wind imitieren. Gelegentlich kommt es zu einem Aufbegehren der Streicher sowie melancholischen Klavierklängen und dem Heulen oder ätherischen Gesang einer Frau. Gepaart mit dem Knarren des Holzes und dem Quietschen einer Tür, sorgt die Soundkulisse für ein sehr bedrückendes und unangenehmes Gefühl beim Spielen.

Zwischen Atmosphäre und Geisterbahn

Ein Walking-Simulator im Horror-Genre sorgt beim Spielen immer für ein Gefühl, als befände man sich in einer Geisterbahn. Wie auf Schienen gelangt man von Abschnitt zu Abschnitt und wartet nur auf den sich anbahnenden Jump-Scare.

Ebenso kommt dieses Gefühl bei „Layers of Fear“ auf, jedoch wissen die Entwickler Bloober Team gut damit umzugehen. Auch hier gibt es Jump-Scares, beispielsweise durch ein plötzlich herunterfallendes Bild oder eine zuschlagende Tür, doch das Spiel besticht mehr durch seine Atmosphäre.

Mehrheitlich wird auf langsamen, schleichenden Horror gesetzt. Beispielsweise beginnen im Raum plötzlich die Gemälde an der Wand zu schmelzen oder sie verzerren sich. Es springt einem nichts ins Gesicht, man hat sogar die Chance wegzuschauen, doch man will sich diesem Horror aussetzen.

Teilweise spielt „Layers of Fear“ sogar mit Horror-Klischees. Etwa steht mitten im Gang ein Rollstuhl und die Erfahrung sagt einem, dass nun etwas damit geschehen wird. Jedoch bewegt er sich nicht, quietscht nicht oder tut sonst irgendwas Seltsames. Er ist einfach nur ein Rollstuhl.

In der Kürze liegt hier die Würze

Wenn es darum geht, eine gute Horroratmosphäre aufzubauen und nebenbei eine fesselnde und konsistente Geschichte zu erzählen, macht „Layers of Fear“ vieles richtig. Zwar ist der Horror nach zirka drei Stunden wieder vorbei – die ebenso empfehlenswerte Erweiterung umfasst dann noch etwa eine weitere Stunde – doch ein unnötiges in-die-Länge-Ziehen hätte viel von der Atmosphäre weggenommen.

Mittlerweile bieten viele Plattformen das Spiel – in Sales – für weit unter 10 Euro an und für einen Abend allein oder zu mehreren in einem dunklen Raum lohnt es sich allemal.

2019 erschien mit „Layers of Fear 2“ ein indirekter Nachfolger.

Layers of Fear. Entwickler: Bloober Team. Publisher: Aspyr Media. 2016. Plattformen: Linux, OS X, Playstation 4, Windows, Xbox One. (Gespielt auf der Playstation 4 und PC.) Genre: Adventure/Horror. Spieler: 1. Altersempfehlung: ab 16 Jahren.

Bilder: Aspyr Media

 

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