Der Tod läuft mit „Die Karte“

by Seitentänzerin Michelle-Denise

Mit Beginn der Corona-Pan­de­mie hat die Zahl der Jog­ge­rin­nen und Jog­ger beträcht­lich zuge­nom­men. Es ist ein regel­rech­ter Lauf­boom ent­stan­den. Bücher­tän­ze­rin Michelle-Denise weiß nach der Lek­türe von Andreas Win­kel­manns neuem Thril­ler „Die Karte“ jedoch, warum es bes­ser ist, zu Hause zu bleiben.

Obwohl es drau­ßen schon dun­kel wird, begibt sich Eva Probst auf ihre abend­li­che Jog­ging­runde. Aus­ge­stat­tet mit einem akti­vier­ten Fit­ness-Tra­cker auf ihrem Handy fühlt sie sich trotz der Däm­me­rung sicher. Kurze Zeit nach ihrem Auf­bruch erhält ihre Part­ne­rin Laura aller­dings eine beun­ru­hi­gende Nach­richt auf ihrem Handy: „Ihr läuft die Zeit davon.“ Gesen­det von Evas Handy. Sämt­li­che Ver­su­che dar­auf­hin, mit ihrer Freun­din in Kon­takt zu tre­ten, miss­lin­gen Laura und wenig spä­ter wird Evas Lei­che in Hafen­nähe gefunden.

Am glei­chen Tag wurde bereits ein Mann in der Nähe des Hau­ses des Paa­res nie­der­ge­sto­chen. Haupt­kom­mis­sar Jens Ker­ner und seine Kol­le­gin Rebecca Oswald ver­su­chen, eine Ver­bin­dung zwi­schen den bei­den Opfern her­zu­stel­len, aber auch ihnen läuft die Zeit davon, denn es dau­ert nicht lange, bis ein nächs­tes Opfer gemel­det wird …

Ker­ner & Oswald – Ein ein­zig­ar­ti­ges Ermittlerduo

In sei­nem Best­sel­ler „Die Karte“ arbei­tet Andreas Win­kel­manns sym­pa­thi­sches Ermitt­ler­duo Jens Ker­ner und Rebecca Oswald bereits zum vier­ten Mal an einer äußerst bru­ta­len Mord­se­rie. Wäh­rend Ker­ner ein erfah­re­ner Poli­zist mit Ecken und Kan­ten ist, der sich zu sei­nem Unmut nur allzu oft ein­ge­ste­hen muss, kör­per­lich nicht mehr der Fit­teste zu sein, steht ihm stets seine starke und taffe Kol­le­gin Oswald zur Seite. Obwohl Oswald im Roll­stuhl sitzt, hat man zu kei­nem Zeit­punkt das Gefühl, dass ihre Behin­de­rung sie ein­schränkt. Sie fährt selbst­stän­dig Auto und ergänzt Haupt­kom­mis­sar Ker­ner wun­der­bar in jeder Lebens­lage. Die bei­den bil­den ein sehr gutes und soli­des Team, wel­ches in ver­ein­zel­ten Sze­nen die­ses bru­tal-düs­te­ren Thril­lers durch­aus für einen klei­nen Hauch von Roman­tik sorgt.

Auch ohne die Lek­türe der bis­he­ri­gen Fälle ist es ein Leich­tes, in die Hand­lung ein­zu­stei­gen. Win­kel­mann bet­tet gekonnt die wich­tigs­ten Infor­ma­tio­nen der Buch­reihe durch Gedan­ken und Unter­hal­tun­gen der Prot­ago­nis­tin­nen und Prot­ago­nis­ten in die Geschichte ein. Schnell fügen sich so die bis­he­ri­gen Ent­wick­lun­gen und Bezie­hun­gen der Cha­rak­tere zu einem Bild zusam­men, das auch für neue Lese­rin­nen und Leser nach­voll­zieh­bar ist.

Hand­lungs­ort ist, wie auch bei den drei vor­he­ri­gen Bän­den, Ham­burg, was mir per­sön­lich sehr gut gefal­len hat, da ich die wich­tigs­ten Schau­plätze kenne und beim Lesen vor Augen hatte. Auch die etwas kühle Men­ta­li­tät der Nord­deut­schen hat der Autor wun­der­bar in aus­ge­wählte Figu­ren ein­flie­ßen lassen.

Sport ist Mord

Inner­halb der Geschichte liegt die Corona-Pan­de­mie bereits in der Ver­gan­gen­heit. Ver­ein­zelt wird der Virus aber noch the­ma­ti­siert. Etwa durch die FFP2-Mas­ken, die jedoch nicht mehr von der Bevöl­ke­rung getra­gen wer­den müs­sen, oder der Ent­wick­lung, dass mehr Men­schen seit den Wochen des ers­ten Lock­downs Sport in der Natur trei­ben. Aber auch ein wei­te­res aktu­el­les Thema ist in die Geschichte ein­ge­flos­sen: Social Media. Der Drang nach media­ler Auf­merk­sam­keit hat mitt­ler­weile auch die pri­va­ten Sport­ein­hei­ten erreicht und so nimmt die Zahl der Jog­ge­rin­nen und Jog­ger zu, die ihre Lauf­run­den mit Hilfe von Fit­ness-Tra­ckern bei Insta­gram pos­ten. Dass durch das Tei­len die­ser pri­va­ten Stre­cken in öffent­li­chen Jog­ging­grup­pen Gefah­ren aus­ge­hen, muss das erste Spor­top­fer Eva Probst in Win­kel­manns Thril­ler am eige­nen Leib erfahren.

Die Art und Weise, wie die Morde in der Geschichte geplant und durch­ge­führt wer­den, ließ mich erschau­dern. Zeit­weise fiel es mir nach der abend­li­chen Lek­türe tat­säch­lich sogar schwer, ein Auge zuzu­ma­chen und mir keine Sor­gen um meine Liebs­ten zu machen, die sich gerade in Hafen­nähe auf­hiel­ten – was aber ein­deu­tig für einen guten Thril­ler spre­chen sollte.

Der Auf­bau des Buches offen­bart eine beson­dere Liebe des Autors für Details, die mir teil­weise erst nach der Lek­türe auf­ge­fal­len ist. Auf­merk­sa­men Lese­rin­nen und Lesern emp­fehle ich bereits den Pro­log genauer zu lesen und nicht wie ich zu Beginn nur schnell zu über­flie­gen, weil ich neu­gie­rig auf das erste Kapi­tel war …

„Die Karte“ von Andreas Win­kel­mann ist fast durch­weg recht düs­ter und sehr grau­sam, jedoch hält der Thril­ler die Span­nung bis zur letz­ten Seite. Es wird ein sehr kom­ple­xer Fall behan­delt, der immer wie­der neue Wen­dun­gen nimmt. Mir fiel es schwer, das Buch bei­sei­te­zu­le­gen, da ich end­lich her­aus­fin­den wollte, wel­che Ver­bin­dun­gen zwi­schen den Mor­den bestehen. Bis zum Schluss war es mir nicht mög­lich zu erah­nen, wer ver­ant­wort­lich für die zahl­rei­chen bru­ta­len Morde ist und wel­ches Motiv dahin­ter­steckt. Ein wirk­lich gelun­ge­nes Buch. Ich hoffe auf wei­tere Fälle mit dem Ermitt­ler­duo Ker­ner und Oswald.

Die Karte. Andreas Win­kel­mann. Rowohlt Taschen­buch Ver­lag. 2021.

Hier könnt ihr mehr über den Win­kel­mann-Escape-Room lesen.

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