Der Tod läuft mit

von | 30.11.2021 | Belletristik, Buchpranger

Mit Beginn der Corona-Pandemie hat die Zahl der Joggerinnen und Jogger beträchtlich zugenommen. Es ist ein regelrechter Laufboom entstanden. Büchertänzerin Michelle-Denise weiß nach der Lektüre von Andreas Winkelmanns neuem Thriller „Die Karte“ jedoch, warum es besser ist, zu Hause zu bleiben.

Obwohl es draußen schon dunkel wird, begibt sich Eva Probst auf ihre abendliche Joggingrunde. Ausgestattet mit einem aktivierten Fitness-Tracker auf ihrem Handy fühlt sie sich trotz der Dämmerung sicher. Kurze Zeit nach ihrem Aufbruch erhält ihre Partnerin Laura allerdings eine beunruhigende Nachricht auf ihrem Handy: „Ihr läuft die Zeit davon.“ Gesendet von Evas Handy. Sämtliche Versuche daraufhin, mit ihrer Freundin in Kontakt zu treten, misslingen Laura und wenig später wird Evas Leiche in Hafennähe gefunden.

Am gleichen Tag wurde bereits ein Mann in der Nähe des Hauses des Paares niedergestochen. Hauptkommissar Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald versuchen, eine Verbindung zwischen den beiden Opfern herzustellen, aber auch ihnen läuft die Zeit davon, denn es dauert nicht lange, bis ein nächstes Opfer gemeldet wird …

Kerner & Oswald – Ein einzigartiges Ermittlerduo

In seinem Bestseller „Die Karte“ arbeitet Andreas Winkelmanns sympathisches Ermittlerduo Jens Kerner und Rebecca Oswald bereits zum vierten Mal an einer äußerst brutalen Mordserie. Während Kerner ein erfahrener Polizist mit Ecken und Kanten ist, der sich zu seinem Unmut nur allzu oft eingestehen muss, körperlich nicht mehr der Fitteste zu sein, steht ihm stets seine starke und taffe Kollegin Oswald zur Seite. Obwohl Oswald im Rollstuhl sitzt, hat man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass ihre Behinderung sie einschränkt. Sie fährt selbstständig Auto und ergänzt Hauptkommissar Kerner wunderbar in jeder Lebenslage. Die beiden bilden ein sehr gutes und solides Team, welches in vereinzelten Szenen dieses brutal-düsteren Thrillers durchaus für einen kleinen Hauch von Romantik sorgt.

Auch ohne die Lektüre der bisherigen Fälle ist es ein Leichtes, in die Handlung einzusteigen. Winkelmann bettet gekonnt die wichtigsten Informationen der Buchreihe durch Gedanken und Unterhaltungen der Protagonistinnen und Protagonisten in die Geschichte ein. Schnell fügen sich so die bisherigen Entwicklungen und Beziehungen der Charaktere zu einem Bild zusammen, das auch für neue Leserinnen und Leser nachvollziehbar ist.

Handlungsort ist, wie auch bei den drei vorherigen Bänden, Hamburg, was mir persönlich sehr gut gefallen hat, da ich die wichtigsten Schauplätze kenne und beim Lesen vor Augen hatte. Auch die etwas kühle Mentalität der Norddeutschen hat der Autor wunderbar in ausgewählte Figuren einfließen lassen.

Sport ist Mord

Innerhalb der Geschichte liegt die Corona-Pandemie bereits in der Vergangenheit. Vereinzelt wird der Virus aber noch thematisiert. Etwa durch die FFP2-Masken, die jedoch nicht mehr von der Bevölkerung getragen werden müssen, oder der Entwicklung, dass mehr Menschen seit den Wochen des ersten Lockdowns Sport in der Natur treiben. Aber auch ein weiteres aktuelles Thema ist in die Geschichte eingeflossen: Social Media. Der Drang nach medialer Aufmerksamkeit hat mittlerweile auch die privaten Sporteinheiten erreicht und so nimmt die Zahl der Joggerinnen und Jogger zu, die ihre Laufrunden mit Hilfe von Fitness-Trackern bei Instagram posten. Dass durch das Teilen dieser privaten Strecken in öffentlichen Jogginggruppen Gefahren ausgehen, muss das erste Sportopfer Eva Probst in Winkelmanns Thriller am eigenen Leib erfahren.

Die Art und Weise, wie die Morde in der Geschichte geplant und durchgeführt werden, ließ mich erschaudern. Zeitweise fiel es mir nach der abendlichen Lektüre tatsächlich sogar schwer, ein Auge zuzumachen und mir keine Sorgen um meine Liebsten zu machen, die sich gerade in Hafennähe aufhielten – was aber eindeutig für einen guten Thriller sprechen sollte.

Der Aufbau des Buches offenbart eine besondere Liebe des Autors für Details, die mir teilweise erst nach der Lektüre aufgefallen ist. Aufmerksamen Leserinnen und Lesern empfehle ich bereits den Prolog genauer zu lesen und nicht wie ich zu Beginn nur schnell zu überfliegen, weil ich neugierig auf das erste Kapitel war …

„Die Karte“ von Andreas Winkelmann ist fast durchweg recht düster und sehr grausam, jedoch hält der Thriller die Spannung bis zur letzten Seite. Es wird ein sehr komplexer Fall behandelt, der immer wieder neue Wendungen nimmt. Mir fiel es schwer, das Buch beiseitezulegen, da ich endlich herausfinden wollte, welche Verbindungen zwischen den Morden bestehen. Bis zum Schluss war es mir nicht möglich zu erahnen, wer verantwortlich für die zahlreichen brutalen Morde ist und welches Motiv dahintersteckt. Ein wirklich gelungenes Buch. Ich hoffe auf weitere Fälle mit dem Ermittlerduo Kerner und Oswald.

Die Karte. Andreas Winkelmann. Rowohlt Taschenbuch Verlag. 2021.

[tds_note]Hier könnt ihr mehr über den Winkelmann-Escape-Room lesen.[/tds_note]

Michelle-Denise Oerding

Michelle-Denise Oerding

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