Der Preis der Freiheit

von | 04.09.2016 | Belletristik, Buchpranger

Geschichtenpflückerin RebeccaDer Automobilclub von Kairo empfiehlt: „Der Automobilclub von Kairo“ von Alaa al-Aswani. Über wachsende Konflikte, Aufstände, soziale Schichten und viel Liebe zum Detail.

Die Geschichte beginnt mit dem ägyptischen Schriftsteller Alaa al-Aswani, der auf dem Weg nach Kairo ist, um in seinem Ferienhaus seinen Roman zu Ende zu schreiben. Abends stehen plötzlich zwei altmodisch, im Stile der 40er Jahre gekleidete Ägypter aus seinem Roman „Der Automobilclub von Kairo“ vor ihm. Kamil und Saliha Hamam wollten Alaa noch einige Details zu ihrem Leben geben. Doch die zwei Besucher sind genauso schnell wieder verschwunden, wie sie erschienen sind. Jedoch nicht ohne dem Autor etwas zu hinterlassen: Dem Roman fehlten noch Emotionen und Gedanken, die der Schriftsteller unbedingt noch hinzufügen sollte.

Es folgt ein Blick in die Vergangenheit, in die Zeit eines Mannes namens Carls Benz und seiner Frau Bertha und die Geschichte um den ersten Wagen, der selbstständig fährt und das ohne Hilfe eines Pferdes. Carl Benz musste all die fiesen Beleidigungen und boshaften Fragen zu seinem Gefährt ertragen, nachdem es die erste Fahrt nicht überstanden hat. Seine Frau Bertha, immer an seiner Seite, fasste eines Tages einen Entschluss und fuhr mit ihren zwei Söhnen von Mannheim nach Pforzheim. Damit wurde sie zur ersten Autofahrerin und ebnete den Weg für den Benz Motorwagen.

Wachsende Konflikte und Aufstände

Es ist Ende der 1940er Jahre, der britischen Kolonialzeit und der Herrschaft König Faruks. Im elitären und extravaganten Automobilclub von Kairo gehen die Männer ein und aus. Zu den Stammgästen zählen Monarchen, Paschas, Diplomaten sowie der König selbst. Der ägyptische Monarch lässt sich erlesene Speisen und Getränke bringen, spielt immer bei den Pokerspielen mit und sucht sich die schönsten Frauen für die Nacht.
Den Reichen in diesem Club immer zu Diensten: ein Heer aus unterprivilegierten Bediensteten, zu denen Diener, Kellner und Köche gehören. Diese zahlreichen Angestellten werden schikaniert, gefoltert und gedemütigt. Zudem überleben sie nur durch Trinkgelder, die sie zum großen Teil an ihren Chef abgeben müssen. Aber im ganzen Land zeigen sich Unruhen und Proteste. Die Konflikte werden größer, immer mehr Aufstände beginnen und die Zerrissenheit eines ganzen Landes steht bevor.

Über soziale Schichten hinweg

Der Autor beschreibt in seinem Buch eine mehrschichtige Geschichte um den Automobilclub von Kairo Ende der 1940er Jahre. Ein Überlebenskampf der ärmeren Schichten und die sich langsam entwickelnde Emanzipation der Frauen spielen dabei ebenfalls eine Rolle. Drumherum und quer durch den Roman kreisen faszinierende Personen, jede davon vielschichtig und mit Liebe zum Detail beschrieben. Alaa al-Aswani schreibt berührend lebendig und über viele soziale Schichten hinweg. Den Frauen in seinem Roman schenkt er besondere Aufmerksamkeit. Er schafft es, sich in ihre Rolle hineinzuversetzen und aus ihrer Sicht zu schreiben sowie aufzuzeigen, wie viel sie bewirken können.

Faszinierende, literarische Umsetzung

Bei einer Lesung während der Messe „Buch Wien“ 2015 hatte ich das Glück, dieses Buch sowie den Autor und seinen Übersetzter kennenzulernen. Alaa Al-Aswani und Hartmut Fähndrich erzählten von ihrer Arbeit an dem Roman. Es faszinierte mich, mit welch einer Liebe und Zuneigung der Autor über sein Buch sowie über jede einzelne seiner Figuren sprach. Alaa al-Aswani erzählte zudem, dass er diesen Roman über einen Zeitraum von 6 Jahren schrieb, wie es ihm beim Schreiben erging und wie er oftmals selbst nicht wusste, was als nächstes passieren würde.

Dieses Buch kann ich jedem empfehlen, der gerne einmal in die 40er Jahre von Ägypten und somit auch in die Stimmung vor der Revolution Ägyptens eintauchen möchte.

Der Automobilclub von Kairo. Alaa al-Aswani. Übersetzer: Hartmut Fähndrich. Fischer. 2015.

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