Deine Zeit läuft!

von | 08.05.2018 | Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher

Eine Welt in der Zukunft, die von Zeit regiert wird – möchte man so wirklich leben? In „Ocean City – Jede Sekunde zählt“ vom Autorenduo R. T. Acron geht es äußerst spannend zu. Worteweberin Annika hat den fesselnden Roman gelesen, der mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet wurde.

Kurz vor der Schule werden Jackson und sein Freund Crockie kontrolliert, eigentlich reine Routine. Aber irgendetwas stimmt da nicht. Plötzlich fällt ein Schuss und Crockie treibt leblos im Fluss. Von nun an gerät alles aus den Fugen. Jackson wird beobachtet und verhört, seltsame Leute tauchen in seiner Nähe auf und es gibt Verhaftungen. Und alles nur wegen des kleinen Geräts, das Jackson und seine Freunde gebastelt haben, um Crockies Eltern etwas Zeit auf ihr Konto schaffen zu können. Doch in Ocean City, der schwimmenden Stadt, in der Jackson aufgewachsen ist, ist Zeit Geld. Dass nun Schuljungen einfach Zeit aus dem Nichts herbeizaubern, wird natürlich gar nicht gern gesehen! Dieser Fall ruft nicht nur den moppeligen Polizisten di Gallo auf den Plan, sondern auch die rabiaten Agenten der Abteilung Z. Für Jackson wird es brenzlig.

Zeit ist Geld?

Eine Gesellschaft, in der Geld durch Zeit ersetzt und auf Konten gelagert wird, kennt man zum Beispiel aus dem Spielfilm „In Time“ mit Justin Timberlake und Amanda Seyfried (2011). Ähnlich funktioniert das System auch in Ocean City, jedoch sind hier die Lebenszeit und die Zeit-Währung nicht unmittelbar miteinander gekoppelt. Es ist also auch möglich, ins Minus zu rutschen – was nicht zum Tod führt, sondern nur dazu, dass man praktisch keine Freizeit mehr haben kann. Die fehlt den Bewohnern der schwimmenden Stadt allerdings ohnehin schon: Ein Arbeitstag dauert meistens um die zwölf Stunden und statt eines Wochenendes gibt es gut drei freie Tage im Monat. Was bleibt da noch?

Eine Frage, die sich auch beim Lesen stellt und dazu anregt, über Zeit, Wirtschaft und das wirklich Wichtige im Leben zu philosophieren. Aus diesem Grund eignet sich „Ocean City“ sogar auch für den Schulunterricht, auf jeden Fall aber als unterhaltsame und gleichzeitig tiefgründige Freizeitlektüre – was die Auszeichnung mit dem Leipziger Lesekompass ja bereits nahelegt. Weitere spannende Themen in „Ocean City“ sind Recycling und Umweltbewusstsein: In der schwimmenden Riesenstadt muss alles wiederverwertet werden, da die künstliche Insel keine Rohstoffe hat. Nahrung kommt aus dem Meer und so gibt es Käseersatz und Kekse aus Algen und Plankton. Auch hier lohnt es sich, nachzudenken. Wie können wir ressourcenschonender leben? Und: Wie wäre es wohl, in einer schwimmenden Stadt zu wohnen?

Spannung und Action

Natürlich ist „Ocean City“ aber nicht einfach ein langweiliges Buch zum Nachdenken, denn es bleibt immer spannend für Jackson und die LeserInnen. Auf der Flucht kommt Jackson zum Beispiel in Kontakt mit dem Kommando Matt Fuller, einer Rebellengruppe, die im Untergrund das System von Ocean City untergraben möchte. Kann es Jackson mit ihrer Hilfe gelingen, Ordnung in das Chaos zu bringen? Sollte er sich ihnen anschließen? Cool dürften viele junge LeserInnen sicherlich auch den Umgang mit neuer Technik und den „veralteten“ Spielkonsolen und Handys unserer Zeit finden.

Der Protagonist Jackson zeichnet sich einerseits durch einen enormen Einfallsreichtum aus: Auch in vermeintlich ausweglosen Situationen findet er eine Lösung, selbst wenn sie auf den ersten Blick unmöglich und abstrus erscheint. Er behält meistens die Nerven und manövriert sich und seine Freunde souverän durch die schwimmende Stadt. Aber Jackson hat neben dieser abgeklärten auch eine weichere Seite, die er zum Beispiel im liebevollen Umgang mit seiner kleinen Schwester Celine zeigt. Auch wegen dieser Vielschichtigkeit des Protagonisten eignet sich „Ocean City“ für Mädchen genauso wie für Jungen. Und mit der neuen Mitschülerin Lou wird noch dazu auch eine weibliche Identifikationsfigur angeboten, die schnell an Bedeutung gewinnt.

Es geht weiter!

Schon der Umschlag von „Ocean City“ fasst wunderbar zusammen, worum es in diesem Thriller für Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren geht: eine schwimmende Stadt, Zeit, Abenteuer und Action. Sowohl die Umschlaggestaltung als auch der türkise Farbschnitt des Buches wirken sehr ansprechend und machen direkt Lust zu lesen.

Und das Gute daran ist, dass es mit „Ocean City“ noch nicht vorbei ist, denn Jacksons Talent im Schmieden von Plänen bleibt nicht unbemerkt. Er steht unter der Beobachtung eines mysteriösen Mannes mit verschiedenfarbigen Augen, den man bei genauen Hinsehen auch auf dem Umschlagbild erkennen kann. Was es mit ihm auf sich hat, erfahren die LeserInnen erst ganz am Ende der 260 Seiten. Und das verspricht Spannung für den nächsten Band, denn „Jede Sekunde zählt“ ist nur der Auftakt zu einer Romanreihe. Weiter geht es im Juli mit „Im Versteck des Rebellen“, die Wartezeit auf den nächsten Teil ist also zum Glück kurz.

Hinter dem Autorennamen R. T. Acron verbergen sich übrigens die Kinder- und Jugendbuchautoren Christian Tielmann und Frank Maria Reifenberg, die beide schon viele Romane für unterschiedliche Altersgruppen veröffentlicht haben. Mit „Ocean City“, dem man übrigens nicht negativ anmerkt, dass es von zwei unterschiedlichen Autoren geschrieben wurde, beweisen sie ihr Talent. „Ocean City“ ist ein toller Actionroman mit viel Tiefgang!

Ocean City – Jede Sekunde zählt. R. T. Acron. dtv. 2018. Hier geht es zum Website-Special zu „Ocean City“.

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