David Fenn (Acid Nerve) im Interview

von | 29.10.2021 | #Todesstadt, Im Interview, Specials, Spielstraße, Stadtgespräch

„Wir denken, es ist einfacher für Spieler, in so eine Welt einzutauchen, wenn sie etwas Freude und Humor bereithält – aber die dunkleren Themen machen sie interessanter.“

David Fenn

Eine Krähe, der Tod und eine Welt voller Humor: David Fenn vom Entwicklerduo Acid Nerve verrät Zeichensetzerin Alexa im Gespräch mehr über die Hintergründe des neuen Indie-Spiels „Death’s Door“.

BK: Im Laufe des Spiels werden immer wieder philosophische Gedanken geäußert. Es geht beispielsweise darum, was nach dem Tod geschieht. Dadurch erhält die Geschichte viel Tiefgang. Wie war es für euch, an diesem Thema zu arbeiten?

DF: Viele dieser philosophischen Fragen über das Leben und das Sterben entstanden ganz natürlich, als wir anfingen, das Spiel zu entwickeln und die Charaktere konkreter zu gestalten. Wir wollten keine tiefgreifende Aussage machen, sondern nur unseren Spaß mit diesen interessanten Ideen haben. Ich denke, das trägt dazu bei, dass das fertige Spiel zum Nachdenken anregt, ohne belehrend zu sein.

BK: Eine Frage ist mir besonders im Gedächtnis geblieben – und die möchte ich an dich zurückgeben: Wie würde wohl dein Leben verlaufen, wenn du von Anfang an genau wüsstest, wann du stirbst?

DF: Ich hoffe, dass ich in der Lage wäre, damit besser umzugehen als unser Antagonist, der Lord der Türen! Wir alle wollen unser Leben so weit wie möglich verlängern, wir haben einen Überlebensinstinkt. Und doch können wir nichts dagegen tun, dass wir eines Tages sterben. Ich frage mich, ob nicht ein gewisser Trost in der Ungewissheit des genauen Todeszeitpunktes liegt. Der Lord der Türen hatte eine gewisse Macht über dieses Schicksal. Deshalb hat sich sein Fokus darauf verschoben, dem Tod zu entgehen, anstatt das Leben zu leben.

BK: Für mich ist das Besondere an Death’s Door die ästhetische Umsetzung: die Farben, die vielfältige Darstellung der Gebiete und der Soundtrack – ich liebe diese Mischung aus düster-melancholisch und fröhlich-witzig. Wie seid ihr bei der Gestaltung vorgegangen und was war euch besonders wichtig?

DF: Dieser Kontrast unterschiedlicher Stimmung war für uns im Schaffensprozess enorm wichtig. Auch wenn die Situation düster ist, bedeutet das nicht, dass alles nur noch elend sein muss. In „Death’s Door“ bleiben viele der Charaktere positiv, sie verhalten sich lustig und versuchen, sich irgendwie zurechtzufinden. Wir denken, es ist einfacher für Spieler, in so eine Welt einzutauchen, wenn sie etwas Freude und Humor bereithält – aber die dunkleren Themen machen sie interessanter.

BK: „Death’s Door“ wird in der Presse mit Spielen wie Zelda, Dark Souls und „Hollow Knight verglichen. Waren sie eine Inspirationsquelle für euch?

DF: Ich denke, „Zelda“ ist die bewussteste Inspiration für unser Team gewesen. Auch „Dark Souls“ war wichtig, obwohl wir definitiv nicht darauf abzielten, ein „souls-like“ zu schaffen. Aber wir haben uns eigentlich von allem inspirieren lassen, was wir in unserem Leben geliebt haben.

BK: Ich muss gestehen, dass ich in keinem anderen Spiel so oft gestorben bin wie in diesem. Das war stellenweise schon eine sehr große Herausforderung für mich. Habt ihr darüber nachgedacht, wählbare Schwierigkeitsgrade umzusetzen?

DF: Wir wollten keine wählbaren Schwierigkeitsgrade, aber wir wollten auch kein übermäßig bestrafendes Spiel. Du hast als Spieler immer die Möglichkeit, deinen Charakter zu verbessern und nach weiteren Geheimnissen und Upgrades zu suchen, wenn du bei einem Boss nicht weiterkommst. Und wenn du dir einen schwierigeren Modus wünschst, kannst du einen Herausforderungslauf absolvieren, indem du zum Beispiel nur den Regenschirm als Hauptwaffe verwendest.

BK: Apropos Herausforderungen: Eine Spieleentwicklung verläuft nicht immer reibungslos. Vor welchen Herausforderungen habt ihr gestanden?

DF: Es war unser erstes großes Abenteuerspiel in 3D – wir mussten viel lernen. Doch der Entwicklungsprozess verlief tatsächlich relativ reibungslos. Die größte Herausforderung bestand in der Anfangsphase. Wir mussten unseren Workflow finden und lernen, alles richtig zu planen. Aber nachdem wir das ins Rollen gebracht hatten, hatten wir tatsächlich ein gutes Tempo. Es hat geholfen, dass wir viel Leidenschaft für das Projekt hatten.

BK: Nach Titan Souls“ in 2D-Pixel-Art nun ein 3D-Spiel – was wäre der nächste Schritt?

DF: Wir haben noch keine Ahnung! Ich glaube, wir brauchen erst einmal Urlaub und dann etwas Zeit zum Nachdenken.

BK: Eine größere und offenere Welt im Stil von Death’s Door könnte ich mir jedenfalls sehr gut vorstellen.

DF: Ja, unsere früheren Spiele waren viel kleiner und minimalistischer, während „Death’s Door“ unser erstes Spiel ist, das auf mehr Abwechslung und Größe setzt. Letzteres hat uns auf jeden Fall gefallen, also können wir den Reiz verstehen.

BK: Nach nur einer Woche hat Death’s Door über 100.000 Spielerinnen und Spieler erreicht. Die Krähe erfreut sich großer Beliebtheit auf verschiedensten Plattformen. Wird es bei diesem Erfolg Erweiterungen geben?

DF: Es war unglaublich zu sehen, dass das Spiel bei so vielen Leuten Anklang findet, und es war wirklich ein großer Erfolg für unser Team! Was die DLCs angeht: Wir haben viel Arbeit hineingesteckt, um sicherzustellen, dass „Death’s Door“ ein Komplettpaket ist – von der Hauptgeschichte bis hin zu allen Geheimnissen. Wir sind jedoch offen für Feedback von Spielern und erfahren gerne, was sie als nächstes von uns sehen möchten!

Foto: David Fenn, privat

Alexa Sprawe

Alexa Sprawe

Alexa ist als Chefredakteurin an den verschiedensten Orten der Bücherstadt anzutreffen, vor allem dort, wo die Redaktionsmitglieder an neuen Ideen tüfteln, ein kritischer Blick auf Texte gefragt ist oder es um Gestaltungsfragen geht. Sie hat Germanistik und Kunst-Medien-Ästhetische Bildung an der Uni Bremen studiert und den Bücherstadt e.V. mitgegründet. Heute lebt sie mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und zwei Katzen in Halle an der Saale, studiert Angewandte Medien- und Kulturwissenschaft, schreibt für diverse Magazine und gestaltet Websites.

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